Debora Eller

Kommentar: Register Frau - Zugriff genehmigt

Wenn der Staat „Anerkennung“ sagt, meint er Arbeit – und zwar mehr davon, für Frauen, kommentiert Deborah Eller.

Um dem vielbeschworenen Fachkräftemangel zu begegnen, will die neue Bundesregierung laut Koalitionsvertrag „alle Register“ ziehen. Dazu zählen neben der sogenannten „qualifizierten Einwanderung“ vor allem Frauen. Deshalb sollen Frauen nun in ihrer doppelten Ausbeutung unterstützt werden: unbezahlte Pflege und Lohnarbeit sollen besser vereinbar sein. Dass Frauen als freibewegliche Masse wahlweise unter dem Banner der Fortschrittlichkeit in Arbeitsverhältnisse oder in die Pflegerolle gedrängt werden, ist nicht neu. Die Gesellschaft braucht die Frauen – auch wenn sie sie entwertet. Die Frage ist allerdings auch, was die Frau braucht: Soll sie arbeiten gehen, muss Erziehung und Haushalt von jemand anderem verrichtet werden.

Die unterbezahlten Jobs, euphemistisch „haushaltsnahe Dienstleistungen“ genannt, sollen nun attraktiver werden: „Zur Attraktivitätssteigerung der Berufsbilder in diesem Bereich wollen wir eine Anerkennungsoffensive starten und Quereinstiege ermöglichen.“ „Anerkennung“ ist hier doppeldeutig: Einerseits geht es um eine schnelle, unbürokratische Anerkennung ausländischer Abschlüsse, andererseits um die demonstrative Aufwertung jener Tätigkeiten, die gerade deshalb gering geschätzt werden, weil sie typischerweise von Frauen ausgeübt werden. Diese Tätigkeiten sollen künftig allerdings von ausländischen Frauen übernommen werden – Frauen, denen man offenbar weniger Gleichberechtigung zumutet als der „deutschen Frau“, deren „deutsche Arbeit“ nun nutzbar gemacht werden soll.

Wo Anerkennung so offensiv proklamiert wird, ist sie meist besonders fern. Man braucht kaum das performative Klatschen für Pflegekräfte während der Pandemie als Zeugen aufzurufen gegen das neueste Wortverbrechen der Bundesregierung, der die Sprache so egal ist, dass es kracht. Die Anerkennungsoffensive zeigt bereits vor ihrer Umsetzung Wirkung – allerdings nur gegen die Bedeutung des Wortes „Anerkennung“. Ob das feindliche Heer, die gegnerische Gurkentruppe oder wer auch immer das Ziel sein soll, überhaupt getroffen wird, bleibt offen.

Die Zieltruppe laut Koalitionsvertrag ist jedenfalls weit gefasst: Frauen, Soldaten, Ehrenamtliche, Landwirtinnen – oder einfach „Leistungsträger“. Gemeinsam ist ihnen, dass man ihnen etwas abringen will – in dem Wissen, dass sie dabei den Kürzeren ziehen.

Die Entscheidung der Frauen, bei diesem Zirkus mitzuspielen, ist eine existenzielle. Ihre Entdeckung als Lohnarbeitskraft bedeutet für die Lebensqualität der Frau leider eine Verbesserung bei gleichzeitiger Verschlechterung: Die Ausbeutung nimmt zu – ebenso wie die finanzielle Unabhängigkeit. „Frauen in die Erwerbstätigkeit“ ist seitens der Regierung keine feministische Kampagne. Auch innerhalb der Produktionsverhältnisse wird die Frau nicht auf dieselbe Stufe wie der Mann gestellt – ihre ausländischen Geschlechtsgenossinnen sind ja weiterhin auf Pflegeberufe gebucht. Diese Berufe werden nicht zufällig schlechter bezahlt – sie sind gerade deshalb entwertet, weil sie als „weibliche Arbeit“ gelten.


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