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Patrick Viol

Kommentar: Mut den Liberalen, Konsequenz den Grünen

Nach der Landtagswahl empfiehlt Patrick Viol der FDP mehr wirtschaftliche Vernunft und den Grünen feminisitische Konsequenz gegegenüber den iranischen Mulllahs.

Für Lindner ist Politik primär die staatliche Lubrikation des Wirtschaftsprozesses, in dem Menschen mit variablem Kapital die Arbeitskraft von Menschen ohne Kapital kaufen, damit sie ihrem konstanten Kapital Wert zusetzen.

Für Lindner ist Politik primär die staatliche Lubrikation des Wirtschaftsprozesses, in dem Menschen mit variablem Kapital die Arbeitskraft von Menschen ohne Kapital kaufen, damit sie ihrem konstanten Kapital Wert zusetzen.

Bild: Bild: Michael Philip

Die Landtagswahl in Niedersachsen ist gelaufen und ihr Ausgang lässt sich durchaus auch als ein Wählerurteil über die jeweilige Arbeit der Ampelparteien begreifen. Nicht aber in der Weise, wie Christian Lindner es tut. Dass die FDP nun zum dritten Mal seitdem sie an der Regierung beteiligt ist aus einem Länderparlament flog, spricht nicht, wie Lindner es auf einer Pressekonferenz mit aufgesetztem Lächeln und toten Augen behauptete, der Ampel insgesamt die Legitimation ab. Es stimmt zwar, dass die Gewinne der Grünen und die kleinen Einbrüche der SPD den katastrophalen Absturz der Liberalen nicht aufwiegen. Aber gegeneinander aufrechnen ließen sich die Ergebnisse nur, wenn die Parteien in der Ampel auch die gleiche Politik machten. Das ist aber mitnichten so. Dass Lindner das hingegen denkt bedeutet, dass ihm Politik eh einerlei ist. Als wertschöpfungsfanatischer Analcharakter ist Politik für ihn vor allem die Schaffung von „Möglichkeiten“, dass Menschen „ihren Einfallsreichtum und ihr Kapital mobilisieren“ können, wie er auf der angesprochenen Pressekonferenz auch sagte. Anders ausgedrückt: Für Lindner ist Politik primär die staatliche Lubrikation des Wirtschaftsprozesses, in dem Menschen mit variablem Kapital die Arbeitskraft von Menschen ohne Kapital kaufen, damit sie ihrem konstanten Kapital Wert zusetzen.

Und in dieser politischen Borniertheit liegt auch der Grund für die Abstrafung an der Wahlurne: Da die FDP nur deshalb gewählt wird, um Kapital mobilisierende „Möglichkeiten“ zu schaffen, die aber reibungslos anzubieten schwer wird, wenn das Kapital in die Krise geraten ist, erfahren die Liberalen in manifesten Krisenzeiten Wählerschellen. Die Niederlage liegt nicht darin begründet, dass die Menschen zu wenig die Leistungen der FDP sähen, wie Lindner glaubt. (Im Übrigen können jene Möglichkeiten nur die wenigsten wahrnehmen. Die FDP ist deshalb auch nur insofern die Partei der Mitte und einer Menge potenzieller Afd-Wähler:innen, als dass sie nicht mehr tut, als den alle betreffenden stummen Arbeitszwang der Verhältnisse politisch zu übersetzen.)

Kurzum: Die On-Off-Beziehung, die die Wähler:innen mit der FDP führen, ihr parlamentarisches Kommen und Gehen erklärt sich letztlich aus dem Umstand, das zum einen ein krisenfreies Kapitalverhältnis eine Illusion ist, der aufzusitzen aber zum anderen die conditio sine qua non der Existenz der FDP ist. Die Partei des Kapitals macht genau wie die kapitalistischen Verhältnisse zwar viele Glücksversprechen, die immer wieder langzeitgedächtnisgestörte Schuldenbremsenfetischisten anlocken. Sie ist aber ebenso wie die Verhältnisse selbst absolut unfähig, sie einzulösen.

2013 flog sie aus dem Bundestag wegen nicht erfolgter Steuergeschenke, jetzt wegen der Aufweichung der Schuldenbremse und weil sie sich nicht wie versprochen pragmatisch verhält: Sie blockiert die Inbetriebnahme von zwei AKW, weil sie drei will. Pragmatisch gesehen sind aber zwei AKW besser als keines. Vielleicht sollten die Liberalen nun die von ihnen viel beschworene wirtschaftliche Vernunft walten lassen und sich die mutige Frage stellen, ob sie ihr Produkt, das sie selbst ist und für das sie keine verlässliche Kundschaft findet, nicht vom Wählermarkt nehmen sollten.

Zu den Grünen, der Gewinnerin der Wahl, ist nur eines zu sagen: Ihr Pragmatismus und ihre Abkehr vom Pazifismus wurden belohnt. Deswegen sollten sie in der neuen Regierung konsequent und ohne kultursensible Relativierung ihren sogenannten außenpolitischen Feminismus walten lassen. Das heißt, dass sie sich als erstes dafür einsetzen, dass Niedersachsen endlich die Freundschaft mit den Mullahs in Iran abbricht und aufhört, die Fehler im Umgang mit Putin in Bezug auf das iranische Regime zu wiederholen; dass Niedersachsen nicht mehr mit jährlichen Milliardengeschäften den Krieg der islamische Diktatur gegen seine Bevölkerung und Israel unterstützt.


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