Eva Kairies

Genossenschaft als Lösung?

Zum Fachgespräch „Kommunale Wohnungswirtschaft – Strategien für bezahlbaren Wohnraum“ hatte der Kommunalverbund Niedersachsen/Bremen ins Hamme-Forum eingeladen.

Bernhard Faller vom Bonner vhw (Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung) hielt den Initialvortrag.

Bernhard Faller vom Bonner vhw (Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung) hielt den Initialvortrag.

Bild: Ek

Ritterhude. Wie könnten Kommunen den wachsenden Bedarf nach bezahlbarem Wohnraum bedienen? Wie könnten auch kleinere Städte und Gemeinden günstigere Wohnungen schaffen und sichern? Suse Laue, Vorsitzende des Kommunalverbunds und gleichzeitig Bürgermeisterin der Stadt Syke sprach vom Spagat zwischen Flächenzielen und Bau-Turbo: „Ob sich der Bau-Turbo zu einem wirksamen Instrument entwickelt für bezahlbaren Wohnraum oder doch für hochpreisige Mehr- oder Einfamilienhäuser, wird sich zeigen.“

 

Kleine Kommunen „strukturell benachteiligt“

Moderator und BPW-Stadtplaner Frank Schlegelmilch aus Bremen hatte während der Recherche ein nur überschaubares Angebot kommunaler Wohnungsunternehmen in der Region Bremen gefunden. „Müssten sie sich neu gründen? Vorhandene neu aktiviert werden? Sollten wir in andere Regionen schauen?“ Das war das Stichwort des Vortragenden Bernhard Faller vom Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e.V., einem gemeinnützigen Fortbildungswerk. Kleine Überschüsse aus deren Arbeit flössen unter anderem in die Forschung zu Stadtentwicklung und Wohnungsbau.

Faller berichtete von einem Gründungsvorhaben im Münsterland, wo sich letztlich sieben Kommunen zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen hätten, um so neue stadtentwicklungs- und wohnungspolitische Handlungsfähigkeit zu gewinnen. „Kleine Kommunen erfahren eine strukturelle Benachteiligung, da sie mit weniger Personal genauso große städtebauliche Aufgaben bewältigen müssten wie große, personell stärkere Kommunen.“ So fehlten häufig die Finanzen für Bauprojekte und der politische Rückhalt. On top würde beim Abwägen zu Maßnahmen im sehr komplexen Baurecht die Expertise fehlen.

 

Neues Modell im Münsterland

„Das Münsterland suchte vor diesem prägnanten Bild Antworten in Sachen kommunalem Wohnungsbau und gründet nun zum 1. Januar 2026 die Münsterland WohnWert e.G.“ Diese Genossenschaft wolle keine Konkurrenz zum privaten Wohnungsbau darstellen, sondern eine weitere Säule, wo es eine Säule allein nicht schaffe, den Bedarf zu decken. In der Genossenschaft blieben die Mitgliedergemeinden als kleine GmbH & Co. KGs ohne Personal selbstständig in ihren eigenen Entscheidungen, wo und wann gebaut oder veräußert werde. Insgesamt sollten es schon 500 Wohneinheiten sein, um wirtschaftlich arbeiten zu können.

So war eine Konstruktion gefragt, die auch später noch interessierte Kommunen unkompliziert aufnehmen könne. „Sie alle zusammen sind eine regionale Gesellschaft, die eigentlich nur eine Servicegesellschaft ist, die die Geschäftsbesorgungen macht für unsere lokalen GmbH und Co. KGs. Wir als Kommunen entscheiden, dieses oder jenes Grundstück soll bebaut werden, damit beauftragen wir unsere gemeinsam gegründete Dienstleistungsgesellschaft. Wir kaufen die operativen Aufgaben der Geschäftsführung, des Bauherrn und das anschließende Bewirtschaften ein.“

Diese genossenschaftliche Lösung sei deutschlandweit bisher einzigartig. „In der Stadt Münster hat die Idee gezündet.“ Der Vorteil der Genossenschaft sei neben dem gleichen Stimmrecht aller sieben beteiligten Kommunen, egal welcher Größe, auch der unkomplizierte, nach in der Satzung festgelegten Konditionen Ein- oder Ausstieg. „Ab 2026 ist die Genossenschaft gegründet, und wir wollen zügig die ersten Bauprojekte starten.“

 

Leerstand ist auch nicht besser

Diese Lösung sei nicht nur Thema für Wohnungsbau, sondern auch für andere komplizierte Fragen. Ostwestfalen-Lippe habe kein Problem mit bezahlbarem Wohnraum, sondern mit Leerständen, mit verwahrlosten Immobilien, untergenutzten Grundstücken, unbelebten Ortskernen. „Das ist ja mindestens so kompliziert wie Neubau.“ Diese Kommunen wollen ihre Ziele ebenfalls mit einer Genossenschaft angehen. „Eigentlich geht es ja darum, die personalwirtschaftlichen Restriktionen der stadtentwicklungspolitischen und wohnungspolitischen Handlungsfähigkeit zu überwinden.“

Der Vorstand der Eisenbahn Spar- und Bauverein Bremen eG, Ralf Lindemann, konnte in der anschließenden Podiumsdiskussion nur noch zustimmen: „Das Modell ist fein“, und ermunterte die hiesigen Kommunen, ihre Angst fahren zu lassen. 500 Wohneinheiten durch sieben Kommunen: „Verwaltet kriegen Sie das. Sie müssen das nur bauen.“ Und zwar in schnickschnackfreier Standardbauweise, die aber noch einen Fahrstuhl vorhalten könne, denn „alle Kosten werden Miete“. Wohnen für 6,40 Euro pro Quadratmeter sei möglich in seiner Genossenschaft, und Moderator Schlegelmilch ergänzte, dass auch die Privaten günstig bauten, „doch die nehmen sich die Margen“ von durchschnittlich rund 4,40 Euro pro Quadratmeter in Bremen.


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