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General Eberhard Zorn: „Da ist noch Luft im System“

Garlstedt (pvio). Der Generalinspekteur der Bundeswehr beantwortete an 31. März in der Logistikschule die Frage nach der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr mit einem entschiedenen Ja und Nein.
Mit 100 Milliarden Euro kann er was anfangen: Generalinspekteur Eberhard Zorn.

Mit 100 Milliarden Euro kann er was anfangen: Generalinspekteur Eberhard Zorn.

„Nicht viele Menschen bekommen, wie ich, 100 Milliarden auf den Tisch gelegt, um sie auszugeben“, so der Generalinspekteur der Bundeswehr Eberhard Zorn während seines Vortrages zur Landes- und Bündnisverteidigungsfähigkeit der Bundeswehr in der Logistikschule in Garlstedt.
Seine Gestaltungsmöglichkeiten, die Truppe auf Vordermann zu bringen hätten natürlich einen bitteren Grund. Aber nichtsdestotrotz seien sie notwendig. Entsprechend war die Summe von 100 Milliarden Euro auch keine Überraschung. Die hatte der Generalinspekteur selbst bereits im Oktober letzten Jahres als Bedarf ausgerechnet. Überraschend sei gewesen, dass er sie nun wirklich bekommt.
Nun könne man endlich „in die Gänge kommen“ und Rüstungsverträge in Schwung bringen“, und auch so, dass die „Truppe davon auch etwas mitbekommt“ und ihre Einsatz- und Führungsfähigkeit effektiv wird.
 
Überhaupt einsatzfähig?
 
Es hapere hinsichtlich der Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung nicht an der Motivation der Truppe, so Zorn. Schwierigkeiten und Lücken liegen bei Material, Ausstattung und Rahmenbedingungen. Die sorgten zwar nicht dafür, dass die Bundeswehr nicht einsatzfähig sei. Denn das sei sie, wie der Generalinspekteur versichert. „Aber eben nur im Bündnis.“ Nicht allein. Damit die Bundeswehr aber ihrerseits effektiv und „durchgängig stringent“ operieren kann, müsse „die Führungsbefähigung ihrer Elemente“ verbessert, Rahmenbedingungen neu strukturiert und moderndes Gerät gekauft werden.
Beim Einkauf gehe es im Übrigen nicht primär um Panzer, wie man es in der Zeitung lese, so Zorn. Bevor die gekauft werden, müssten zunächst einmal die von der NATO erforderten Munitionsbestände aufgefüllt werden. Allein dafür müssten bis 2032 20 Milliarden Euro ausgegeben werden.
Aber die Truppeneffizienz liege nicht allein in guten Waffen mit ausreichend Munition. Der Ukrainekrieg zeige ganz gut, wie wichtig ein funktionierendes Back-up sei, sprich die hintere Truppe, die Logistik und die sanitätsdienstliche Versorgung. Hier müsse ordentlich „nachjustiert“ werden. Die Logistikkräfte seien nicht ausreichend ausgeplant und Zorns Inspekteure haben ihm gemeldet, dass die Sanität zusätzliche 3.000 Dienstposten benötige. Wo er die hernehmen soll, wisse er nicht. Aber er sei dran. Stichwort Personalmangel: Mit einer Wehrpflicht sei der übrigens nicht zu beheben. Abgesehen davon, dass man dafür die ganze Infrastruktur abgeschafft habe, müsste der Wehrdienst, wenn er etwas taugen soll, drei Jahre dauern. Und dafür werde sich im Parlament keine Mehrheit finden.
 
Nicht modern aufgestellt
 
Das Material betreffend hält der General fest: „Manche Gerätschaften stammen aus der Zeit, als ich bei der Bundeswehr anfing. Und ich bin um die 60.“ Auch beim Funk sehe es alt aus. „Uns fehlt hier die grüne Idee“. Entsprechend müsse die Digitalisierung - „auf allen Ebenen“ - forciert werden. Auch die gehöre zur Verbesserung der Führungsfähigkeit - auch wenn der sogenannte Cyberkrieg jetzt gerade von Russland nicht geführt werde. Ebenso sei die persönliche Ausrüstung ein Disaster - weniger das Material als vielmehr deren Organisation. Für jeden Einsatz bekomme man eine andere. „Die Truppe organisiert sich zu Tode“, so der General. Hier soll eine „homogene Ausrüstung für alle Soldaten und Soldatinnen“ erfolgen, die dafür Sorge trägt, dass alle stets alles haben. Dabei sei wichtig, dass die Entscheidung pragmatisch und zügig ausfalle. „Man schaut auf dem Markt, was es gibt“ und erfinde keinen Rücksack neu. Auch das sei ein großes Problem der Bundeswehr: das „Mindset“. Auf der Ebene der Analyse und Planung ergehe man sich in unnötigen Diskussionen. Hier müsse mehr Effizienz einsetzen. Die verspricht sich der Generalinspekteur ebenso - und damit kommt er zu den Rahmenbedingungen - von einer Rückkehr zur „Auftragstaktik“, bei der Untergebenen mehr Freiheit bei der Ausführung von Aufträgen gegeben wird als bei der Befehlstaktik. Solche Freiheit setze natürlich eine gut organisierte und modern ausgerüstete Truppe voraus.
Dass die Bundeswehr mit ihren Geldmitteln und nach dem Ende der Coronahilfe und der wieder eintretenden Möglichkeit der Truppenausbildung, die während Corona aussetzen musste, eine solche Truppe werden wird - da sei Generalinspekteur Zorn zuversichtlich.


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