

Christian Meyer-Hammerström, Geschäftsführer der Osterholzer Stadtwerke und Vizepräsident des Bundesverbandes für Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), informierte am 10. Oktober im Hamme Forum über die internationalen Entwicklungen am Energiemarkt. Dabei betrachtet er die Versorgungssicherheit und die Bezahlbarkeit.
Sparen ist wichtiger denn je
Die Versorgungslage sei laut Meyer-Hammerström ernst. Aus Russland komme so gut wie kein Erdgas mehr und es sei davon auszugehen, dass auch absehbar keine Lieferungen mehr erfolgen werden. Die aktuell hohen Speicherstände ließen nur dann beruhigt auf den Winter blicken, wenn er mild verläuft, kein „Hilferuf“ aus den benachbarten Ländern erfolgt und jeder einzelne Energie spart. Die Einsparung unnötig verbrauchter Energie sei aktuell wichtiger denn je, denn jede nicht verbrauchte Kilowattstunde helfe, durch diesen und vor allem die nächsten beiden Winter zu kommen. „Mein Appell an die Haushalte: Nehmen Sie Kontakt zum Heizungsinstallateur auf und lassen Sie die Einstellungen der Heizung prüfen: Allein die Absenkung der Warmwassertemperatur hat einen großen Effekt auf den Verbrauch und damit letztendlich auch auf die Portemonnaies der Kundinnen und Kunden“, so Meyer-Hammerström. Er rate indes davon ab, anstelle der Gasheizung auf elektrisch betriebene Heizlüfter und -decken zu setzen: „Unser Stromnetz wurde im Rahmen eines Stresstests geprüft und würde dem standhalten. Die Nutzung von Radiatoren sollte dennoch nur im absoluten Notfall erfolgen. Das sind echte Kostenfallen, die am Tag schnell bis zu 10 Euro kosten.“ Aktuell halte der Stadtwerke-Chef es für eher unwahrscheinlich, dass es in diesem Winter zu einer Gasmangellage kommt. Für den Winter 2023/2024 sei aber entscheidend, mit welchen Speicherständen wir aus diesem Winter kommen und ob die derzeit errichteten LNG-Terminals einsatzfähig seien.
Dennoch seien die Osterholzer Stadtwerke für den Fall des Eintritts einer Gasmangellage vorbereitet und arbeiteten eng mit den Behörden zusammen. Im Fall der Fälle könnten auf Anweisung der Bundesnetzagentur große Verbraucher vom Netz genommen werden.
Verdopplung der Kosten
Die Botschaft hinsichtlich der Bezahlbarkeit sei ebenfalls ernst: eine Rückkehr zu Preisen von 2021 sei unwahrscheinlich. Eine Verdopplung der Preise ab 2023 im Vergleich zu den Preisen vor der Krise sei eher wahrscheinlich. So hätten sich bei kurzfristig notwendigen Einkäufen die Beschaffungspreise am Großhandel für Strom und Gas (ohne Transport, Umlagen und Steuern) verzehnfacht. Aufgrund der langfristig ausgerichteten Einkaufsstrategie des Versorgers bleiben die Stadtwerkekundinnen vor diesen Preisspitzen verschont. Jedoch müssten auch die Stadtwerke für die folgenden Jahre höhere Preise bezahlen als in der Vergangenheit.
Umso wichtiger sei es aus Sicht des Stadtwerke-Chefs, dass jetzt staatliche Maßnahmen ergriffen werden, um über diese Entwicklung hinwegzuhelfen. Aktuell herrsche laut Meyer-Hammerström eine große Dynamik und Unruhe am Markt. Die eingeführte und mittlerweile wieder gestrichene Gasbeschaffungsumlage, die Ankündigung der Mehrwertsteuersenkung, die EU-weite Diskussion eines Gaspreisdeckels im Großhandel und die Empfehlung einer nationalen Gas- und Wärmepreisbremse für Endkunden. Das alles werfe bei Kundinnen viele Fragen auf - so auch beim Energieversorger: „Wir warten, genau wie die Kundinnen und Kunden, stets auf Informationen, wie angekündigte Maßnahmen konkret umgesetzt werden. Selbstverständlich geben wir die Maßnahmen dann 1:1 gesetzeskonform weiter. Ich bin aber auch ganz ehrlich: Ich habe im Moment noch keine Ahnung, wie wir das z. B. in unseren IT-Systemen für die zig zehntausend Kunden umsetzen werden. Dass wir es richtig und rechtzeitig tun, steht außer Frage, aber für uns wird das sportlich.“
Die Vorschläge der Gas-Komminsion
Brandaktuell war der am Vormittag des 10. Oktobers veröffentlichte Zwischenbericht der Gas-Kommission, laut dem neben Vorschlägen für große Industriekunden für Privat- und Kleingewerbekundinnen eine Entlastung über zwei Stufen vorgeschlagen wird: Zunächst soll im Dezember der Monatsabschlag für Gas bzw. Wärme des Septembers vom Staat übernommen werden. Ab dem 1. März soll dann in der zweiten Stufe ein Preisdeckel für 80% des Verbrauches aus der letzten Abrechnungsperiode z. B. dem Vorjahr i.H.v. 12 Cent je Kilowattstunde festgelegt werden (bei Wärme i.H.v. 9,5 Cent je Kilowattstunde). Hierbei handelt es sich um Vorschläge mit noch offenen Fragen, die im Endbericht Ende Oktober beantwortet sein sollen und die von der Regierung beschlossen werden müssen. Danach erfolgen Gesetze und Verordnungen - dann könne der regionale Versorger alles für die Kundinnen umsetzen.
Situation ist nicht hoffnungslos
Der Stadtwerke-Geschäftsführer halte die Lage nicht für „Hoffnungslos“. Allerdings führe „kein Weg daran vorbei, dass der Energieverbrauch um 20% gesenkt werden muss.“ Außerdem sei es wichtig, dass Kundinnen, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten, rechtzeitig mit dem Versorger ins Gespräch gehen um gemeinsam eine Lösung zu finden. Für Fragen stehen die Osterholzer Stadtwerke selbstverständlich persönlich in einem der sieben Kundenzentren, telefonisch, per Mail oder WhatsApp zur Verfügung. Aktuell erreichen den Energieversorger sehr viele Anrufe aufgrund der angespannten Lage am Energiemarkt, weshalb es zu längeren Wartezeiten bei der telefonischen oder persönlichen Beratung kommen kann. Die Stadtwerke bitten um Verständnis und werden jedes Kundenanliegen schnellstmöglich bearbeiten.