Ute Mahler-Leddin

Vom Acker bis zum Gesetzbuch

Ihre preisgekrönte Dissertation verbindet juristische Präzision mit ländlicher Bodenhaftung: Laura Springer kämpft mit Paragrafen und Überzeugung für einen verantwortungsvolleren Umgang mit Lebensmitteln und erinnert daran, dass Veränderung nicht in Brüssel beginnt, sondern beim eigenen Einkaufskorb.
Stolz präsentiert Dr. Laura Springer ihre prämierte Dissertation „Lebensmittelumverteilung im Lichte des Europarechts“.

Stolz präsentiert Dr. Laura Springer ihre prämierte Dissertation „Lebensmittelumverteilung im Lichte des Europarechts“.

Bild: Uml

Hollnseth/Bayreuth. Sie hat geschafft, was nur wenige schaffen: Mit ihrer Dissertation über „Lebensmittelumverteilung im Lichte des Europarechts“ wurde Dr. Laura Springer im September in Goslar mit dem Promotionspreis der Deutschen Gesellschaft für Agrar- und Umweltrecht ausgezeichnet. Doch hinter der wissenschaftlichen Präzision steckt eine zutiefst persönliche Motivation. Aufgewachsen auf dem Land, weiß sie, dass jedes Lebensmittel eine Geschichte hat – und dass Wegwerfen nicht nur Ressourcen, sondern Werte kostet. Ihr Antrieb: Ein gerechterer Umgang mit dem, was auf unseren Tellern landet – auch mit Hilfe des Rechts.

 

Jeder kann etwas tun

„Lebensmittelverschwendung geht uns alle etwas an – und jeder kann etwas tun“, sagt die 28-jährige Juristin mit ruhiger Überzeugung. Der sympathischen Nachwuchswissenschaftlerin geht es dabei nicht um Schuldzuweisungen, sondern um Bewusstsein. „Zwar entsorgt der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) erhebliche Mengen, doch mehr als die Hälfte der weggeworfenen Lebensmittel stammen aus privaten Haushalten. Dies zeigten Auswertungen von entsorgten Verpackungen, die nicht geöffnet waren und einfach weggeworfen wurden“, erklärt sie. Jeder könne im Alltag einen Beitrag leisten – etwa, indem man das eigene Einkaufs- und Essverhalten hinterfragt, bewusster plant und frische Produkte in passenden Mengen kauft. „Wer zu viel eingekauft hat, sollte Reste nicht wegwerfen, sondern einfrieren und später verwenden“, rät Springer pragmatisch.

 

Springers Werdegang

Wie kommt eine junge Frau dazu, sich diesem Thema zu widmen? Nach dem Abitur auf dem Gymnasium Warstade war der künftige Werdegang noch unsicher – der Einstieg ins Jura-Studium in Bayreuth brachte aber die Wendung: Hier wurde das Schwerpunktthema Lebensmittelrecht angeboten, auf das Springer durch Zufall gestoßen ist und welches in ihr sofort eine große Leidenschaft ausgelöst hat. In der Fakultät der Uni Bayreuth in Kulmbach gibt es einen Lehrstuhl für „Lebensmittelrecht“ bei Professor Purnhagen, bei dem nicht nur Juristen, sondern auch Lebensmittelbiologen und Mitarbeiter anderer wissenschaftlicher Disziplinen beschäftigt sind. Besonders der Blick auf andere Länder und Kulturen und deren Umgang mit „Resten zum Mitnehmen in Restaurants“ öffnete ihr Herz für dieses Thema.

 

Umgang mit Lebensmitteln

Als „Mädchen vom Lande“ war der Hobby-Jägerin der respektvolle Umgang mit Lebensmitteln vertraut und erst der Blick in die Gesetzgebung zeigte die komplizierte Rechtslage im Bereich der Lebensmittelspenden und -weitergaben. Die Haftung des LEH´s ist sehr komplex. So spielt das Mindesthaltbarkeitsdatum eine große Rolle. Mit diesem Datum wird die Qualität zugesichert – aber auch danach sind viele Lebensmittel qualitativ und geschmacklich vollkommen in Ordnung, erklärt Springer. Es sei nur bei Produkten wichtig, die ein Verbrauchsdatum haben, auf dieses zu achten, wie zum Beispiel bei Fisch, Hackfleisch oder Eiern.

Auch das Aussehen von Obst und Gemüse ist ein wichtiges Kaufkriterium beim Verbraucher – so gibt es inzwischen seitens des LEH nur noch einheitlich aussehendes, makelloses und gleichgroßes Obst und Gemüse im Angebot – das was „aus der Norm fällt“, bleibt auf dem Feld.

Aufklärung wäre in diesen Bereichen sehr wichtig, wünscht sich die engagierte Juristin. „Wir sollten alle mehr Verantwortung übernehmen – warum müssen wir Erdbeeren im Winter kaufen, warum kaufen wir immer zu viel Obst und Gemüse und wie viel Biomüll werfe ich wirklich weg? Wie kann ich mein Einkaufsverhalten ändern?“ Diese Fragen sollte sich jede und jeder stellen, wünscht sich die Buchautorin. Weitere Gesetze wären unnötig – die Verbraucher sollten sensibilisiert werden.

Laura Springer steht kurz vor dem Zweiten Staatsexamen. Da das Erste Staatsexamen wie ein Master qualifiziert wird, konnte sie die Promotion schon vor dem Zweiten Staatsexamen beenden. Hier nutzte die zielstrebige Studentin die „C-Zeit“ für die Vorbereitung, Recherche und Ausarbeitung.

Am Ende zeigt Dr. Laura Springers Arbeit eindrucksvoll: Veränderung beginnt nicht in Brüssel oder Berlin, sondern auf unseren Tellern. Jeder von uns hat die Möglichkeit, Teil der Lösung zu sein – mit Achtsamkeit, Wertschätzung und dem Bewusstsein, dass jedes gerettete Lebensmittel zählt.


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