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Ralf G. Poppe

Visuelle Gedichte im Kunstraum

Bremervörde. Unter dem Titel „Rebellisches Grundrauschen“ können Besucher:innen noch bis zum 14. Januar die Werke, die unterschiedliche Materialien und Zeiten verbinden, im EIGENART kunstraum, Bremer Straße 11, bewundern.
Ehemann und Kurator Christoph Nagel mit Künstlerin Sabrina Adeline Nagel vor einem Bild, das nach Beendigung der Ausstellung im Büro des Bürgermeisters einen Platz finden könnte.

Ehemann und Kurator Christoph Nagel mit Künstlerin Sabrina Adeline Nagel vor einem Bild, das nach Beendigung der Ausstellung im Büro des Bürgermeisters einen Platz finden könnte.

Einleitende Gedanken zu den 31 ausgestellten Arbeiten bzw. Worte zur Vernissage brachte Christoph Nagel, Ehemann der Künstlerin, mit einer teilweise humorigen Ansprache ein. Denn, so Nagel, ein Anliegen der Ausstellung sei es auch, sich das Lachen nicht stehlen zu lassen.
Aus allen Bildern spreche ein rebellisches Grundrauschen, findet Christoph Nagel. Denn die Kunst von Sabrina Adeline sei politisch, und sie beweise Haltung im Großen wie im Kleinen – so hat nicht zufällig eines der kleinsten Motive der Ausstellung den Namen gegeben. Dennoch dürfe geschmunzelt und gelacht werden, obwohl - oder gerade, weil- sehr ernste Themen verarbeitet wurden.
„Wenn ich etwas zu sagen hätte, hätte ich einen Text geschrieben und kein Bild gemalt“, zitiert Kurator Christoph passenderweise gleich zu Beginn seiner Einführung den deutschen Maler, Bildhauer und Fotografen Gerhard Richter. Viele der Anwesenden würden Sabrina Adeline als Fotografin kennen - sie hat im Zusammenhang mit dem Tandem bereits diesbezüglich ausgestellt. „Mit Günter (Zint) haben wir einen weiteren Fotografen hier. Wir wissen ja, wie das mit der Fotografie ist – es geht um einen Moment, um einen Sekundenbruchteil, auch wenn zum Teil nachträglich noch ein bisschen optimiert wird“, erklärt der Redner. „Bei dem, was wir hier nun sehen, geht es jedoch um einen Prozess. Das ist ein deutlicher Unterschied.“
Die 31 Bilder der Ausstellung würden Zeitspannen abbilden, keine Augenblicke. Die ausgestellten Werke wären allmählich entstanden. Sie würden nicht nur unterschiedliche Materialien verbinden, sondern zudem unterschiedliche Zeiten. Manche der verarbeiteten Schlagzeilen und Ausschnitte tummelten sich manchmal jahrelang in der Mappe der Künstlerin, warteten dort auf den richtigen Moment, um ganz neu kombiniert zu werden. Das wäre im übertragenen Sinn wie ein neues Leben – die Schlagzeilen würden so vom Flüchtigen zum Dauernden werden. „Aus schlagenden Zeilen werden visuelle Gedichte“, so Nagel.
 
Keine „Mona Lisas“
 
Natürlich könne man die Bilder auch lesen, doch dann würde man eben kein Gesamtbild erhalten. Es sei überraschend, wie anders alte Schlagzeilen wirkten, wenn sie in Sabrinas Bildern auftauchten. Die Werke würden an die Art erinnern, wie wir erinnern. Daran, wie wir (Menschen) denken. Auch wenn es so sein sollte, letztendlich würde doch niemand ganz in der Gegenwart leben. Auch die Entstehung der Kunstwerke beinhalte bereits etwas „rebellisches“, so Nagel. Denn die Bilder könnten nicht durch braves Zeichnen entstehen. Es würde gemalt, geklebt, gesprüht und gekratzt. „Da wird durchaus auch beschädigt, da wird Folie, Papier und Pappe verarbeitet.“ Die Kombination von all dem - und das sei der wesentliche Unterschied insbesondere zur digitalen Fotografie - sei nicht reproduzierbar. Alle Bilder von Sabrina Adeline Nagel sind Einzelstücke im radikalen Sinn.
„Die Mona Lisa kann man vielleicht abmalen, diese Bilder nicht, denn sie enthalten Ausschnitte und Elemente aus verschiedenen Zeiten“, ist sich Christoph Nagel sicher. Bilderrätsel sind die visuellen Gedichte von Sabrina Adeline Nagel allerdings nicht, da es in ihnen keine eindeutige Lösung zu erkennen gibt. Der jeweils betrachtende Mensch würde individuell zum Sinn eines jeden Bildes beitragen. „So soll es in der Kunst ja auch sein“, freut sich der Kurator.
 
Eintritt kostenlos
 
Neben dem legendären u.a. „politischen“ Fotografen Günter Zint - durch den sich das Paar Nagel mehr oder weniger kennenlernte - war auch Bremervördes Bürgermeister Michael Hannebacher von den Werken begeistert. Er hatte sogleich auch ein Lieblingsmotiv entdeckt, dass er gern nach Ausstellungsende privat käuflich erwerben möchte, um es dann für seine Amtszeit in seinem Büro im Rathaus anzubringen.
Wer nun neugierig geworden ist, darf sich die Ausstellung unter Einhaltung der aktuellen 2G-Regeln noch bis zum 14. Januar 2022 im EIGENART kunstraum kostenlos ansehen. Eine Anmeldung unter der Telefonnummer 04761/72177 wird empfohlen.


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