Lena Stehr

Viele Kinder kriegen nicht, was ihnen zusteht

Weil offenbar viele Familien ihre Ansprüche auf finanzielle Zuschüsse nicht kennen, bleibt zulasten zahlreicher Kinder eine Menge Geld in den Fördertöpfen liege

Weil offenbar viele Familien ihre Ansprüche auf finanzielle Zuschüsse nicht kennen, bleibt zulasten zahlreicher Kinder eine Menge Geld in den Fördertöpfen liegen.

Weil offenbar viele Familien ihre Ansprüche auf finanzielle Zuschüsse nicht kennen, bleibt zulasten zahlreicher Kinder eine Menge Geld in den Fördertöpfen liegen.

Bild: Deposit

 

Mehr als jedes fünfte Kind und jede:r vierte junge Erwachsene gilt in Deutschland als armutsgefährdet und kann somit nicht im gleichen Maße an vielen Dingen teilhaben wie Gleichaltrige mit einem größeren finanziellen Spielraum. Alleinerziehende sowie Familien mit drei und mehr Kindern sind besonders betroffen.

 

Nur 35 Prozent der Berechtigten bekommen KiZ

 

Sowohl der Verband berufstätiger Mütter (VbM) als auch die Bertelsmann Stiftung plädieren in diesem Zusammenhang für die schnelle Einführung einer Kindergrundsicherung und weisen zudem darauf hin, dass viele Familien ihre Ansprüche offenbar gar nicht kennen. Das habe zur Folge, dass viele Mittel nicht abgerufen würden. Dabei hätten viel mehr Familien als gedacht Anspruch auf den sogenannten Kinderzuschlag (KiZ), der zusätzlich zum Kindergeld ausgezahlt werden kann. Im Dezember wurde dieser deutschlandweit an 800.000 Kinder ausgezahlt, was nach aktuellen Schätzungen des Bundesfamilienministeriums aber nur ca. 35 Prozent aller anspruchsberechtigten Kinder ausmache, heißt es vom VbN.

Die Bertelsmann Stiftung kritisiert, dass Eltern allerhand Anträge stellen müssen, um Zuschüsse für ihre Kinder zu bekommen. Und wer selbst schon mal einen Antrag gestellt hat, weiß, wie zeitaufwendig das sein kann - nicht zuletzt, weil meist diverse Nachweise mit eingereicht werden müssen und es häufig gar nicht so einfach ist, die zuständige Behörde ausfindig zu machen.

 

Für Familien mit kleinem und mittlerem Einkommen

 

Im Falle des Kinderzuschlags ist die Familienkasse zuständig. Holger Habenicht, Pressesprecher der Familienkasse Niedersachsen Bremen, betont, dass der KiZ Familien mit geringem und mittlerem Einkommen entlasten soll - insbesondere angesichts der aktuellen Situation rund um Energiekrise und steigende Kosten.

Der KiZ, der bis zu 250 Euro pro Kind betragen kann und abhängig vom Einkommen der Eltern ist, biete darüber hinaus weitere Vorteile. Sobald KiZ bezogen werde (auch wenn es nur 1 Euro ist), bestehe nämlich auch Zugang zu vielen weiteren Leistungen der Bildung und Teilhabe (BuT), wie z.B. Kostenerstattungen für mehrtägige Klassenfahrten, ein Zuschuss zum Schulmittagessen, zu Ausflügen von Kita oder Tagespflege oder 174 Euro pro Schuljahr für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf.

Über den „KiZ-Lotsen“ (ein Online-Tool zur schnellen individuellen Anspruchsprüfung) oder über eine direkt online buchbare Videoberatung können Eltern sich informieren, ob sie womöglich Anspruch auf den KiZ haben.

Damit Familien endlich aus der Bittstellerschaft herauskommen, sprechen sich u.a. auch Joachim Schuch vom SOS Kinderdorf Worpswede und Andreas von Glahn vom Verein „Tandem - soziale Teilhabe gestalten“ aus Bremervörde schon länger für die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung für 2025 vereinbarte Einführung einer Kindergrundsicherung aus.

 

Gebündelte Leistungen bei Kindergrundsicherung

 

Leistungen wie Kindergeld und Kinderfreibetrag, der Kinderzuschlag, Teile des sogenannten Bildungs- und Teilhabepakets sowie Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch würden dann in der Kindergrundsicherung gebündelt, die sich aus einem fixen Grundbetrag und einem flexiblen Zusatzbetrag zusammensetzt. Der Zusatzbetrag ist vom Einkommen der Eltern abhängig. Wer wenig hat, soll mehr bekommen. Der Grundbetrag der Kindergrundsicherung soll mindestens dem Kindergeld in seiner jetzigen Höhe entsprechen. Das sind aktuell 250 Euro pro Kind im Monat. Geplant ist, dass dieser Betrag künftig alle zwei Jahre angepasst wird.

Sabine Lübke, Sprecherin des Landkreises Osterholz geht allerdings davon aus, dass die geplante Kindergrundsicherung nichts Wesentliches an der Situation der Kinder ändern werde. Die Betroffenen würden nur nicht mehr in der SGB II Statistik auftauchen. „Es wäre zielführender, die soziale Infrastruktur (Betreuung, Mittagessen, Sport- und Musikangebote, …) für alle Kinder auszubauen und kostenfrei zugänglich zu machen, anstatt ein formales neues Leistungsrecht zu konstruieren“, so Lübke.

Zum Stichtag 31.12.2021 lebten im Landkreis Osterholz insgesamt 19.582 Kinder und Jugendliche (0 bis 18 Jahre). Von diesen erhalten rund 1.350 Kinder und Jugendliche SGB II Leistungen. Für rund 1.200 Kinder und Jugendliche wird ein Kinderzuschlag durch die Familienkasse gewährt. Im Landkreis Rotenburg leben knapp 28.000 Kinder und Jugendliche, von denen aktuell 2.481 im Leistungsbezug sind. 1.977 erhalten den Kinderzuschlag.

Zum Thema Kinderzuschlag gibt es eine Online-Zoom-Konferenz des VbM am Dienstag, 14. März, um 20 Uhr. Anmeldung unter vorstand@vbm-online.de.

www.familienkasse.de

www.kinderzuschlag.de

 


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