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Ute Mahler-Leddin

Neuer Job nach der Flucht

Hollnseth. Zum Team der „Lieblingsmilch Hollen GmbH" gehören inzwischen zehn Menschen aus der Ukraine, die teilweise eine traumatische Zeit hinter sich haben.
Gut 600 Milchkühe werden auf dem Hof in Hollen täglich dreimal gemolken. Die Lieblingsmilch Hollen GmbH kann sich dabei inzwischen auf 10 ukrainische Mitarbeiter:innen verlassen.

Gut 600 Milchkühe werden auf dem Hof in Hollen täglich dreimal gemolken. Die Lieblingsmilch Hollen GmbH kann sich dabei inzwischen auf 10 ukrainische Mitarbeiter:innen verlassen.

Vor etwas über einem Jahr haben die fünf Landwirte Jan Recker aus dem Ammerland, Herwart und Christian von der Decken, Carsten Elfers und Carl-Henning von Plate-Stralenheim aus Kehdingen den landwirtschaftlichen Betrieb Wilkens in Hollen übernommen und bewirtschaften unter dem Firmennamen „Lieblingsmilch Hollen GmbH“ zusammen über 600 Milchkühe und entsprechende Nachzucht. Betriebsleiterin Lena Etteldorf kümmert sich zudem um 20 Mitarbeiter:innen, darunter auch acht aus der Ukraine geflüchtete Helfer:innen.
 
Mitarbeitende bangten plötzlich um ihre Familien
 
Bereits seit Jahren sind immer wieder ukrainische Tierarzt-Studierende nach Hollen gekommen, um hier in einem dreimonatigen Praktikum in allen anfallenden Bereichen eines Milchviehbetriebes vor Ort zu lernen. Als der Krieg begann, bangten die auf dem Hof arbeitenden Menschen aus der Ukraine plötzlich um ihre Familien.
„Für mich war es eine emotional sehr aufwühlende Erfahrung, unsere gestandenen Männer und Arbeiter weinend an meinem Schreibtisch sitzen zu sehen, nicht wissend, was mit ihren Familien, Frauen und Kindern passiert“, sagt Lena Etteldorf immer noch sehr berührt. „Tagelang saßen die Ehefrau und das Baby von Vitali in der Ukraine im Bunker, bevor sie mit einem Zug Richtung polnische Grenze reisen konnten“, erinnert sich Etteldorf, die die Angst der Arbeiter um ihre Familienmitglieder täglich hautnah miterlebte. „Von dort wurden sie mit einem Fahrzeug von uns abgeholt – insgesamt 15 Menschen konnten wir hier in die Region holen und in Hollen und Kehdingen erstmal unterbringen.“
 
Geflüchtete willkommen geheißen
 
Diese Zeit sei für die Ukrainer:innen sehr traumatisch gewesen, und das ganze Team der Lieblingsmilch GmbH habe versucht, die Geflüchteten so gut es geht willkommen zu heißen, aufzunehmen und adäquat unterzubringen. Die differenzierte Berichterstattung in der Presse und die übermittelten Nachrichten von Familienangehörigen und Freunden, die noch in der Ukraine sind, sei für die Geflüchteten teilweise schwer auszuhalten. Bilder aus den Heimatstädten, die es teilweise nicht mehr so gibt, wie man sie verlassen hat, treffen täglich ein.
Die Lieblingsmilch GmbH in Hollen hat aktuell 10 ukrainische Mitarbeiter:innen, davon ein paar, die früher schon mal hier waren, aber auch einige, die durch den Krieg ihre Heimat und ihr komplettes Hab und Gut verloren haben. Auch Frauen und Kinder sind dabei. Zwei Kinder (8 und 13) gehen in Lamstedt in die Schule und wurden dort gut aufgenommen.
 
Sprachbarriere ist das geringste Problem
 
Die Sprachbarriere sei dank Reden mit Hand und Fuß und einem Übersetzungsprogramm auf dem Handy nur eins der kleineren Probleme, die Lena Etteldorf und ihre Kollegen zu meistern haben. Viel problematischer sei der lange administrative Verwaltungsaufwand auf Landesebene, der eine Planung für den Betrieb und für die Geflüchteten schwierig mache. Die Ukrainer/innen haben sich inzwischen immer besser in der Börde Lamstedt integriert, nehmen an dörflichen Veranstaltungen teil, haben Freundschaften in der Nachbarschaft geschlossen und bewohnen das ehemalige Haupthaus in einer großen WG. Das Zusammenleben klappe sehr gut. „Wir hoffen, dass unsere jetziges Team hier bleiben kann und wir die Arbeiter:innen langfristig übernehmen können“, sagt Lena Etteldorf.


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