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Ute Mahler-Leddin

„Lieber Arm ab, als arm dran“ - Kreislandfrauen entdecken das Positive in der Krise

Der Theologe Rainer Schmidt geht humorvoll mit seinem Handicap um und referierte zum Thema „Lieber Arm ab, als arm dran“.  Foto: uml

Der Theologe Rainer Schmidt geht humorvoll mit seinem Handicap um und referierte zum Thema „Lieber Arm ab, als arm dran“. Foto: uml

Basdahl (uml). Den Spruch „Lieber arm dran, als Arm ab“ kennt jeder und oft kommt er uns über die Lippen. Der Theologe Rainer Schmidt hingegen, hat den Spruch umgewandelt und behauptet in seinem humoristischen Vortrag vor 160 Bremervörder Kreislandfrauen „Lieber Arm ab, als arm dran“. Der 53-jährige wurde ohne Unterarme und mit einem verkürzten rechten Oberschenkel geboren. Trotz dieses Handicaps wuchs Schmidt wie andere Kinder im dörflichen Umfeld ganz normal auf und bemerkte erst bei seiner Einschulung in die „Sonderschule“, dass er ein besonderes Kind ist. In seinem Vortrag nahm der evangelische Pastor aus Engelskirchen sich und sein Leben auf die Schippe und nannte sich selbst einen Inklusionskabarettisten. Geschichten für Kopf, Herz und Hirn wollte er den Frauen mit auf den Weg geben, immer unter seinem Motto „Wenn du etwas willst, musst du die Dinge selbst in die Hand nehmen“. Da er selbige nicht hat, zeigte diese Äußerung schon, wie humorvoll Schmidt mit seinem Handicap umgeht. Mit einer besonders großen Portion Humor beschrieb er seine Geburt: „Es war eine unkomplizierte Geburt, denn als der Kopf raus war, flutschte der Körper wie der Korken einer Sektfalsche hinterher, ich hatte ja keine Arme mit denen ich mich festhalten konnte“. Schmidt zeigte trotz seiner lockeren Art auf, dass seine Familie nach seiner Geburt sehr geschockt war und nicht wusste, wie mit dieser Situation umzugehen ist. Lebenskrisen sucht man sich nicht aus und wichtig ist immer der offene Umgang mit einer Herausforderung. Reden und Aussprechen, das sieht der Pastor mit Weiterbildung zum Notfallseelsorger als wichtige Hilfe an, um nicht an einer Krise zu verzweifeln. Kinder sind ein Geschenk Gottes, so sah es auch Schmidts Mutter, auch wenn an diesem Geschenk etwas kaputt gegangen sei. Das Aufwachsen in einem kleinen Dorf im Bergischen Land war zudem ein Geschenk für das mittlere von drei Geschwistern. Er wuchs als ein Teil der Gemeinschaft auf, spielte mit allen Kindern und bemerkte sein Handicap bis zur Einschulung gar nicht. In der Schule lernte er vieles mit den ihn gegebenen Möglichkeiten zu erledigten und seine Füße und Zehen als Handersatz einzusetzen. Trotzdem habe er einen Grad der Behinderung von 100 und nennt sich schmunzelnd einen Totalschaden. Provokativ stellte Schmidt die Frage in den Raum „Was kann ich nicht, was sie können?“ Nachdem er eindrucksvoll bewiesen hatte, das er jemanden umarmen kann, Hemden knöpfen und Zähne putzen kann und sogar – wenn auch mit einem technischen Hilfsmittel – sich den Allerwertesten abwischen kann musste er bei der Frage ob er Klavier spielen könnte, doch passen. Die Gegenfrage, wie viele Landfrauen Klavierspielen können, zeigte auf, dass es wohl scheinbar auch 90 % aller Landfrauen eine Behinderung hätten. Genau damit brachte der Theologe es auf den Punkt: es geht nicht darum was man nicht kann, sondern was man kann. Das sei das Entscheidende im Leben. Eine Behinderung löst oft Verunsicherung aus, denn die meisten Menschen wissen nicht, wie sie mit einem Menschen, der ein Handicap oder eine schwerwiegende Erkrankung hat, umgehen sollen. Hier empfiehlt Schmidt „Am besten jeden gleich behandeln – respektvoll, offen und bei Bedarf Hilfe anbieten“! Begegnung auf Augenhöhe nennt er das. Für die Kreislandfrauen hat der Referent noch drei Strategien im Gepäck. „Kompensieren“ – so kann man viele Defizite gut ausgleichen, denn wer Blind ist, hat ein besseres Gehör oder wer im Rollstuhl sitz, hat mehr Kraft in den Armen. „Spaß haben und auch mal Angebote annehmen“ nennt er die Möglichkeit, nett gemeinte Hilfsangebote zum Beispiel beim Frühstück im Hotel anzunehmen und diese auf die humorvolle Art zu genießen und als dritte Strategie „Vergleich bringt Verlierer“. Warum kann der andere, bestimmte Dinge besser als ich? Hier empfiehlt Schmidt, die Perspektive zu wechseln und das Positive im Leben aufzuschreiben. Kreislandfrauenvorsitzende Marita Ropers bedankte sich bei dem Referenten für den offenen Einblick in ein bewegtes Leben mit einem kleinen kulinarischen Leckerbissen aus der Region. Als Fazit sagte der Theologe vor den begeisterten aber doch emotional bewegten Kreislandfrauen „Nicht jammern – dadurch ändert sich nichts“.


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