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Ute Mahler-Leddin

Lesung von Alexander Wendt - „Du Miststück - Meine Depression und ich“

Bremervörde. Die letzte Veranstaltung des Bündnisses gegen Depression war die Lesung mit dem Autor und Journalist Alexander Wendt in den Räumen des Möbelmarktes in Bremervörde. 2014 ließ sich der in München wohnende Wendt aus eigenen Wünschen wegen seiner Depression in die Psychiatrie einweisen. Wie es ihm damit erging, was er vorher und nachher erlebt hat, und welche Tipps er Betroffenen und Angehörigen geben kann, hat er in seinem Werk „Du Miststück - meine Depression und ich“ schonungslos offen niedergeschrieben.
Alexander Wendt berichtete offen über seine Erkrankung auf der Kulturbühne. Foto: uml

Alexander Wendt berichtete offen über seine Erkrankung auf der Kulturbühne. Foto: uml

Jeder hat seine eigene Vorstellung über eine „Klappsmühle“, sagt Wendt, „aber die reale Psychiatrie ist anders.“ In der Psychiatrie würde man zu nichts gezwungen werden, alles sei freiwillig. Es sei fast so wie in einer Reha-Einrichtung: Gespräche, Sport, kreative Angebote und das Erlernen von Strukturen.
Der Redakteur merkte 2014, dass er wieder in eine - inzwischen seine Vierte - depressive Episode rutschte, auf einer Skala von null bis zehn ordnete er sie auf schwankend drei bis vier ein. Dies war der Moment, wo er sich aktiv stationäre Hilfe suchte, zu der ihm sein Arzt bereits einige Male geraten hatte. Ein Anruf bei einer stationären Einrichtung in München sicherte eine schnelle und unbürokratische Aufnahme und Hilfe zu.
Wie es dem Autor bei seinem ersten Besuch in der Einrichtung erging, welche Gedanken und Empfindungen er durchlebte, schilderte er eindrucksvoll in seiner Lesung. Wendt bedient sich einer leicht ironischen Sprache, bevorzugt Fremdwörter und Fachausdrücke und baut sehr gerne eine große Prise schwarzen Humor mit ein. Das Buch ist eine Mischung aus Ratgeber, Sachbuch und Roman zeigt schonungslos offen, wie der Autor seine Depression - sein Miststück - in den Griff bekommt. Sein Tipp „Wenn man ganz unten ist, sollte man nicht zögern, Kontakt zu einer Klinik zu suchen.“
Angehörigen und Freunden von an Depression erkrankten Menschen gibt er den wohlgemeinten Hinweis, immer wieder zu signalisieren, dass man da sei, zuhören und helfen möchte, zeigen, dass man die „Notfalltaste“ sein kann. Zugleich müsse man aber auch akzeptieren, wenn der Kranke sich zurückziehe.
Medikamentöse Behandlung sei heute einfacher als noch vor einigen Jahren, auch die Nebenwirkungen - für den Autor „nur Gewichtszunahme“ - seien inzwischen geringer. Ob und wie man mit seiner eigenen Erkrankung umgehen sollte, sei nicht pauschal zu sagen. Die Empfehlung des Journalisten ist, sich auf jeden Fall seiner Familie und Angehörigen zu offenbaren, beim Vorgesetzten und Kollegen sollte man es von Fall zu Fall abhängig machen, denn der Konkurrenzdruck in einigen Betrieben könne auch zum „Killer“ werden.
Für Wendt war die viele Arbeit, tagsüber Redaktion, abends und nachts am Buch schreiben, häufig der Auslöser für depressive Episoden, die bei ihm wahrscheinlich schon mit Mitte 20 begannen.
Während ein Beinbruch sichtbar sei, sei es die Depression und der Blick in die Seele nicht, was es so schwierig mache, diese Erkrankung greifbar zu machen. Die Erkrankung ist nicht gänzlich heilbar, aber man könne lernen, damit umzugehen und sein „Miststück“ zu managen.
Die anschließende Fragestunde wurde schnell zu einer Diskussion unter Betroffenen, Angehörigen und Interessierten und gab weitere Einblicke in die Welt der Erkrankung „Depression“.


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