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Lena Stehr

Kriegen Landwirte jetz nasse Füße?

Angesichts der Moorschutzstrategie fürchtet die Niedersächsische CDU-Fraktion eine schleichende Entwertung landwirtschaftlich genutzter Flächen.

Im Tister Bauernmoor (Landkreis Rotenburg) lief 1999 die letzte industrielle Torfabbaugenehmigung aus. Heute ist das wiedervernässte Moor ein Naturschutzgebiet.

Im Tister Bauernmoor (Landkreis Rotenburg) lief 1999 die letzte industrielle Torfabbaugenehmigung aus. Heute ist das wiedervernässte Moor ein Naturschutzgebiet.

Bild: www.depositphotos.com / imagebrokermicrostock

Intakte Moore speichern mehr Kohlendioxid als jedes andere Ökosystem der Welt und sind Lebensraum für seltene Tiere- und Pflanzenarten. Doch nur noch zehn Prozent der deutschen Moore erfüllen diese Funktionen, heißt es auf der Homepage der Bundesregierung. Mit der Nationalen Moorschutzstrategie, die das Bundeskabinett jetzt beschlossen hat, sollen Moore geschützt und wiederhergestellt werden.

Insgesamt umfasst die Strategie zehn Handlungsfelder mit 49 Zielen und 117 Maßnahmen. Unter anderem sollen alle naturnahen Moore erhalten sowie land- und forstwirtschaftlich genutzte entwässerte Moorböden wiedervernässt werden. Zudem sollen angepasste Bewirtschaftungsformen für wiedervernässte Moorböden entwickelt werden. Eigentümer:innen sowie Bewirtschafter:innen sollen bei der Umstellung auf klimafreundliche, nachhaltige Bewirtschaftungsweisen unterstützt und Einkommenseinbußen ausgeglichen werden, heißt es weiter.

Neue Bewirtschaftungsformen auf wiedervernässten Moorböden würden derzeit durch eine verstärkte Förderung von Forschung und Entwicklung konsequent weiterentwickelt. Hierbei stünden nicht nur der Anbau moorverträglicher Kulturen oder extensive Viehhaltung im Mittelpunkt, sondern auch die Entwicklung ökologisch vorteilhafter Produkte und Dienstleistungen sowie die Schaffung von Vermarktungsketten. Dazu zähle auch eine nachhaltige naturverträgliche Energiegewinnung, wie Photovoltaik auf wiedervernässten, ehemals intensiv genutzten Moorböden.

 

Aufklärung und Freiwilligkeit

 

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft habe zur klimafreundlichen Bewirtschaftung von Moorstandorten Modell- und Demonstrationsvorhaben mit einem Umfang von mehr als 100 Millionen Euro bis 2032 auf den Weg gebracht und eine Torfminderungsstrategie vorgestellt, die vor allem auf Aufklärung und Freiwilligkeit setzt. Ziel sei, die Verwendung von Torf im Freizeitgartenbau bis 2026 vollständig und im Erwerbsgartenbau bis 2030 weitestgehend zu reduzieren.

Für Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte ist die Nationale Moorschutzstrategie ein gutes und wichtiges Signal aus Berlin. „Die Transformationen wollen wir gemeinsam gestalten – im Dialog mit Kommunen, Naturschutz, Wasserwirtschaft und den Landwirtinnen und Landwirten“, so Staudte. Niedersachsen sei aufgrund des hohen Moorflächenanteils auf eine deutliche finanzielle Unterstützung des Bundes angewiesen. Ziel sei es, dementsprechend Bundesfördermittel einzuwerben. „Nur wenn der Klimaschutz auf den Flächen für die Landwirtinnen und Landwirte wirtschaftlich attraktiv ist, werden wir die Treibhausgasemissionen gemeinsam deutlich senken“, so Staudte.

 

„Nicht ambitioniert genug“

 

Für Dr. Hans-Gerhard Kulp von der Biologischen Station Osterholz (BioS) ist die vorgesehene Reduktion der moorbürtigen Emissionen um fünf Millionen Tonnen CO2 bis 2030 nicht ambitioniert genug. Auch das Prinzip der Freiwilligkeit erscheine ihm nicht ausreichend, um wirklich in einer Generation zu einer Klimaneutralität der Moorregionen zu kommen. „Wir brauchen mindestens ein Vorkaufsrecht der öffentlichen Hand für Moorböden und gesamtgesellschaftliche Gebietskooperationen, um Vernässung von Moorböden und Änderungen in der Landnutzung zu organisieren“, so Kulp. Der Bund biete viel Geld für entsprechende Projekte an, aber vor Ort müsse die Bereitschaft der relevanten Akteure organisiert werden. Das sei jetzt die Aufgabe der Kommunalpolitik und der Landkreise.

Die Landkreise Cuxhaven, Osterholz, Rotenburg und Stade sind derweil bereits aktiv gewesen und werden als Moorregion Elbe-Weser vom Land mit EU-Fördermitteln aus dem Programm der sogenannten Zukunftsregionen bedacht - insgesamt sind sechs Millionen Euro bis 2028 für Projekte zum Thema extensive und klimagerechte Landwirtschaft sowie für den Ausbau des sanften Natur- und Aktivtourismus reserviert.

 

Existenzrecht von Milchviehbetrieben nicht infrage stellen

 

Besorge Stimmen angesichts der Moorschutzstrategie kommen aus der CDU-Landtagsfraktion. Die Umweltpolitische Sprecherin Laura Hopmann und der agrarpolitische Sprecher Dr. Marco Mohrmann weisen darauf hin, dass man gar nicht wisse, welche Böden in Niedersachsen welche Bedeutung für den Klimaschutz hätten und welche Maßnahmen dort umgesetzt werden könnten. Schnellstmöglich sollten deshalb die Ergebnisse der noch von Olaf Lies in Auftrag gegebenen Potenzialstudie zu Mooren in Niedersachsen vorgelegt werden.

Mohrmann betont, dass das Existenzrecht der vielen Milchviehbetriebe in der Region nicht infrage gestellt werden und es keinesfalls zur schleichenden Entwertung von Flächen kommen dürfe. Schnellstmöglich müssten neue Einkommensquellen, wie der Verkauf von Emissionsrechten, in Aussicht gestellt werden. Die Bringschuld bei der Einsparung von CO2 liegt für Mohrmann nicht bei der Landwirtschaft. Vielmehr müssten Treibhausgase unter anderem im Bereich Verkehr und Industrie eingespart werden.


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