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Mareike Kerouche

Kontroversen in der Ratssitzung - Dauerbrenner „Strabs“ erhitzt die Gemüter

Bürger zeigten ihre Meinung zur „Strabs“ und wurden für ihre Meinungskundgebung während der Ratssitzung vom Ratsvorsitzenden ermahnt.  Foto: ls

Bürger zeigten ihre Meinung zur „Strabs“ und wurden für ihre Meinungskundgebung während der Ratssitzung vom Ratsvorsitzenden ermahnt. Foto: ls

Bremervörde. Doppelhaushalt, Strabs und Klärschlammtrocknungsanlage waren die Hauptthemen der elfte Sitzung des Bremervörder Rates. Mehr als 70 Bürgerinnen und Bürger folgten geduldig der Versammlung.
Geduld war auch gefragt. Dauerte doch der öffentliche Teil der Sitzung gute zwei Stunden. Die Aufstellung eines Doppelhaushaltplanes für die Jahre 2020 und 2021 sahen die einen (CDU) positiv, die anderen nicht ganz so erfreulich (Grüne, FDP,WG Pro BRV)oder lehnten ihn sogar ab (SPD).
Dafür spräche, so Dirk-Frederik Stelling (CDU), dass die Erfahrung des letzten Doppelhaushaltes positiv seien. Für kleinere Positionen sei so kein „Haushaltsmarathon“ nötig, man sei durchweg handlungsfähig gewesen, da die großen Leitlinien ja festständen. Lars Lust (SPD) sah dies für seine Fraktion kritisch. Es sei ein Eingriff in die kontinuierliche Begleitung von Maßnahmen. Denn man musste sich trotzdem mit verschiedenen Themen extra auseinandersetzen, um dann Nachtragshaushalte zu beschließen. Thorsten Wruck (Pro BRV) sprach von einem vermutlich größeren Handlungsspielraum für die Verwaltung. Allerdings könne man bei jährlichen Haushaltsberatungen auf externe Einflüsse, zum Beispiel Preissteigerungen bei Baumaßnahmen, schneller reagieren und regulierend eingreifen. „Nachtragshaushalte sollten die Ausnahme seien.“ Mehrheitlich wurde aber für die Aufstellung eines Doppelhaushaltes gestimmt.
Diskussionen um Strabs
In der Diskussion um die Fragestellung der geplanten Bürgerbefragung zur Straßenausbausatzung (Strabs) wurden die bekannten Positionen wiederholt. Straßen seien Allgemeingut, erläuterte Rüdiger Holst (SPD) seine Position. Durch die Strabs würden sie ein zweites Mal finanziert werden. Auch sieht er die Gefahr, dass durch die Strabs der Zuzug in die Kommune gefährdet wäre. Daher forderte er gemeinsam mit der SPD-Fraktion die Abschaffung der Strabs und forderte die Verwaltung auf, bei der nächsten Sitzung mögliche Gegenfinanzierungsmodelle vorzustellen. Stefan Hoppe-Seyler (FDP) erinnerte dieser Antrag an das Brexit-Szenario. „Die SPD stellt nun zum dritten Mal einen geänderten Antrag.“ Dem konnte Dirk-Frederik Stelling (CDU) nur zustimmen. Er fragte die SPD-Fraktion, welche anderen adäquaten Finanzierungsmöglichkeiten diese denn für möglich hielten. Doris Brandt (SPD) lenkte den Blick in die Nachbargemeinde. In Selsingen habe man die Strabs abgeschafft. Hier würden die Mittel aus dem allgemeinen Haushalt bereitgestellt werden. Wo sie denn dann im Haushalt sparen wolle, fragte Marco Prietz (CDU) sie provakativ.
Thorsten Wruck (Pro BRV) vertrat die Ansicht, dass die Bürger getäuscht würden, wenn man ihnen suggeriere, dass es nur die Gegenfinanzierung durch die Grundsteuer gebe. Rolf Hüchting (Grüne) brachte die Gewerbesteuer ins Spiel. „Wir müssen das gründlicher diskutieren.“ Bürgermeister Detlev Fischer gab zu, dass man sich auf einen schwierigen Weg gemacht habe, diesen aber durchführen sollte. „Die Bürgerbefragung ist ja in Ordnung. Aber sie stellt nur ein Meinungsbild dar.“
Nicht nur dei Gemüter der Ratsmitglieder erhitzten sich in dieser Diskussion. Mitten in der Sitzung sprangen etliche Bürger auf und hielten die „Rote Karte für die Strabs“ in die Höhe. Der Ratsvorsitzende Peter Hoheisel untersagte diesen Protest und warnte bei weiteren Störungen der Sitzung, den Saal räumen zu lassen.
Die Anträge der SPD, Grüne, FDP, Linke, Pro BRV wurden mehrheitlich abgelehnt. Dem Antrag, die Fragestellung für die Bürgerbefragung beizubehalten wurde mehrheitlich zugestimmt. Bürgermeister Fischer wies darauf hin, dass zum Thema Strabs am 9. Mai um 19 Uhr im Ratssaal eine öffentliche Informationsveranstaltung stattfinden werde.
Auch das Thema Klärschlammtrocknungsanlage wurde intensiv diskutiert. So wurde von Thorsten Wruck (Pro BV) gefordert, dass die Entscheidung darüber vertagt werden solle, da man nicht alle Unterlagen vorlägen. Immerhin gehe es um eine Summe von rund 2,5 Millionen Euro. „Das wäre ein unkontrollierter Schnellschuss, jetzt zu entscheiden.“ Bürgermeister Fischer wies darauf hin, dass eine 42-seitige Studie vorläge. Fischer rechnete kurz vor, dass Bremervörde jährlich 1.200 Tonnen Klärschlamm zu entsorgen hätte. Durch eine Trocknung blieben 300 Tonnen übrig. Dies mache sich preislich bemerkbar bei Transportkosten von rund 200 Euro pro Tonne.
Wilhelm Gathmann von der Stadt Bremervörde ging detaillierter auf die Kosten ein, sprach die Phosphor-Rückgewinnung an und die Problematik der Entsorgung an sich. Generell habe man keine verbindlichen Angebote bekommen - nur Absichtserklärungen der Firma Hanse-Wasser. Deshalb plädierte er für den Bau einer Trocknungsanlage. „Damit verbauen wir uns für die Zukunft nichts.“
Er sprach damit die Möglichkeiten an, die sich ergeben können, wenn innerhalb der nächsten Jahre Verbrennungs- und Trennungsanlagen in Bremen und weiter in Norddeutschland gebaut werden. Zurzeit existiere nur eine in Hamburg und Berlin.
Der Antrag auf Verschiebung des Themas in den Juni wurde mehrheitlich abgelehnt. Dem Beschluss eine Klärschlammtrocknungsanlage zu bauen, dafür außerplanmäßigen Ausgabe im Haushaltsjahr 2019 in Höhe von 2,5 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen und die Verwaltung zu beauftragen, die benötigten finanziellen Mittel über einen wirtschaftlichen Investitionskredit mit einer Zinsbindungsfrist von 20 Jahren zu refinanzieren wurde mehrheitlich zugestimmt.


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