„Keine Zeit und keine Alternativen“ - Betriebsausschuss beriet über Klärschlammtrocknungsanlage
„Keine Zeit und keine Alternativen“
Betriebsausschuss beriet über Klärschlammtrocknungsanlage
von Ulrich Evers
Diplom-Ingenieur Rolf Prins, geschäftsführender Gesellschafter der ehp Umweltplanung GmbH (l.), hier zusammen mit Bauamtsleiter Wilhelm Gathmann), präsentierte die von seiner Firma erstellte Entwurfsbearbeitung zum Thema Klärschlammtrocknung in Bremervörde. Foto: ue
Bremervörde. Der Ostestadt läuft die Zeit davon. Zumindest wenn es um das Thema Klärschlammentsorgung geht. Darum hat sich der Betriebsausschuss der Stadt Bremervörde auf seiner aktuellen Sitzung mit dem Themenkomplex Klärschlammtrocknungsanlage auseinandergesetzt.
Zu Beginn der Sitzung machte Bauamtsleiter Wilhelm Gathmann deutlich, dass die seit Juni 2017 geltende neue Düngevorschrift der Regierung dazu geführt habe, dass Klärschlamm kaum mehr durch die Landwirtschaft entsorgt werden könne. Die Frage ist also: Wohin damit?
Momentan gebe es nur zwei Alternativen: Zum einen die Errichtung eines Zwischenlagers, das nach Aussagen Gathmanns für Bremervörde eine Investition von rund 1,1 Millionen Euro bedeuten würde. „Dazu kommen noch die Grundstücks- und Verfahrenkosten“, so Gathmann. Auch Betriebskosten und damit verknüpfte spätere Rückbauverpflichtungen sind darin noch nicht einkalkuliert.
Gelagert werden darf Klärschlamm für drei Jahre. Dieser Lösungsansatz verspricht also nur eine zeitliche Verlagerung des Problems.
Als zweite Alternative präsentierte Wilhelm Gathmann den Ausschussmitgliedern das Konzept einer Trocknungsanlage, die auf dem Gebiet der jetzigen Kläranlage errichtet werden kann.
Sie besteht aus einer Betonsohle und einem gewächshausartigen Überbau. Durch Sonneneinstrahlung und eine integrierte Bodenheizung wird dem Klärschlamm bis zu 90 Prozent Feuchtigkeit entzogen, sodass er als Brennstoff einen ähnlichen Heizwert wie mittlere Braunkohle erreicht oder aber auch in der Zementindustrie weiter verwertet werden kann.
„Bremervörde muss etwas tun, um nachhaltige Entsorgungssicherheit zu gewährleisten. Wir fahren wirtschaftlicher, wenn wir in Richtung Trocknung gehen“, sagte Gathmann.
Diplom-Ingenieur Rolf Prins, geschäftsführender Gesellschafter der ehp Umweltplanung GmbH, präsentierte im Anschluss die von seiner Firma erstellte Entwurfsbearbeitung.
Da für die geplante Anlage reine Solartrocknung nicht ausreiche, brauche man eine zusätzliche Fußbodenheizung, die man mit den anlageeigenen Blockheizkraftwerken betreiben könne. In der Anlage gebe es einen kontinuierlichen Ablauf von Beschickung und Entnahme. Im Laufe des Prozesses schrumpft der Klärschlamm auf ein Viertel seiner Masse und kann dann getrocknet in einen Silo gelagert und per Lkw abgefahren werden. Die geschätzten Investitionskosten lägen nach seinen Worten bei rund 2,2 Millionen Euro.
Allerdings: „Der Geruch könnte ein Problem werden“, räumte Prins ein. Dies ließe sich aber vermeiden, wenn man einen geschlossenen Belüftungskreislauf einplane, der an einen Biofilter gekoppelt ist. Dies bedeute weitere 200.000 Euro Kosten.
Wenn alle Planungen zügig vonstatten gingen und das Wetter mitspiele, könnte die Inbetriebnahme der Klärschlammtrocknungsanlage bereits im April 2020 erfolgen.
In der anschließenden Diskussion stellte Thorsten Wruck (WG PRO BRV) klar, dass er das berechnete Einsparpotenzial bezweifele. Er habe mit Betreibern einer ähnlichen Anlage gesprochen und befürchtet eine erhebliche Geruchsbelästigung für die Anwohner. Er stellte den Antrag, dass die Betriebsleitung weiterhin alternative Abnahmemöglichkeiten für den vorhandenen Klärschlamm suchen solle.
Besonders bei der CDU stieß dieser Antrag auf Unverständnis. Marco Prietz (CDU) bezeichnete die Alternative der Zwischenlagerung als „Verschiebung des Problems auf Zeit. Nichts zu tun ist keine Alternative.“ Wrucks Antrag führe nur zur Verzögerung und bringe der Stadt Bremervörde vor allem wirtschaftliche Nachteile. Seinen Worten nach sieht die CDU im Bau der Trocknungsanlage eine deutliche Verbesserung der Verkehrssituation. Er sprach sich jedoch für den Einbau einer Abluftreinigung ein, um die Geruchsbelästigung für alle Beteiligten auf ein Minimum zu reduzieren. Ins selbe Horn stieß auch Ausschussvorsitzender Stefan Imbusch: „Wir haben keine Zeit und keine Alternativen.“
In der abschließenden Abstimmung entschied sich der Ausschuss mit großer Mehrheit dafür, das Konzept der Klärschlammtrocknungsanlage den weiterführenden Gremien zu empfehlen. Ebenso empfiehlt der Ausschuss eine Haushaltsüberschreitung um 2,5 Millionen Euro für die Errichtung der Anlage samt Abluftreinigungseinrichtung.