Im Kampf gegen die Dunkelheit - Bündnis gegen Depression gab sensible Einblicke
Bremervörde. Rund acht Millionen Menschen leiden in Deutschland zurzeit an einer behandlungsbedürftigen depressiven Störung. Um den Betroffenen und ihren Angehörigen Wege aus dem Gefühlschaos aufzuzeigen, hatte das Bündnis für Depression im Landkreis Rotenburg zu einer besonderen Veranstaltung in die Kulturbühne im MöbelMarkt Bremervörde eingeladen.
„Der seelische Leidensdruck in unserer Gesellschaft wächst“, so die traurige Bilanz von Klaus Manal, Vorstandsmitglied im Bündnis gegen Depression im Landkreis Rotenburg und Moderator der Veranstaltung.
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Herbsttour 2019“ waren die Fotografin Nora Klein und Sabine Fröhlich zu Gast und zeigten auf, was es bedeutet, in so einer Situation zu stecken.
Die rund zweistündige Veranstaltung, die auf dem Bildband der Fotografin „Mal gut, mehr schlecht - sensible Einsichten in die Innenwelten der Depression“ aufbaute, zeigte die Gefühls- und Gedankenwelt von neun depressiven Menschen auf. Dafür stand die Fotografin über anderthalb Jahren hinweg im vertrauensvollen Austausch mit den Betroffenen, führte stundenlange Gespräche, hörte vor allen Dingen gut zu.
Aus ihren Interviews entstanden die Ideen für die Bilder, Fotografien, die Geschichten erzählen.
Zum Teil düstere Bilder, Tagebucheinträge, gequälte Gesichter, sie alle ließen erahnen, in welcher abgrundtiefen gequälten Gemütsverfassung sich die Betroffenen befinden. Ein Betroffener beschrieb seine Krankheit mit folgenden Worten. „Die Depression ist wie ein Winterschlaf, man sackt in ein finsteres Loch, steckt in seiner eigenen kleinen Folterkammer.“ Er kam sich wertlos vor, wollte sich abgrenzen von seiner Familie, die ihn während seiner Kindheit nur abgewertet hatte. Bereits im zarten Alter von elf Jahren kiffte er zum ersten Mal. Mit 15 stellten sich Halluzinationen ein. Er spielte exzessiv, zockte sich durchs Leben, erstarrte in seiner Gedankenwelt, fühlte sich einsam und von der Gesellschaft ausgeschlossen. Wut, Trauer, Versagen, Schuldgefühle, ein Schutthaufen, der immer größer wurde, bestimmte sein Leben.
Nach dem zutiefst beeindruckenden Bildervortrag folgte ein persönlicher Erlebnisbericht von Sabine Fröhlich. Ihre erste Erfahrung mit einer beginnenden Depression begann mit quälendem Herzrasen. Todesangst machte sich breit. Organisch war sie vollkommen gesund. Keiner konnte erkennen, was mit ihr los war. „Ich kam nicht mehr gegen die ganzen negativen Gedanken an, wusste nicht, was mit mir los war.“
Tiefe Verzweiflung und Todesgedanken bestimmten ihr Leben. Sie war ständig müde und schlapp, war nicht mehr in der Lage, auf die Bedürfnisse ihrer Familie einzugehen. Erst wegen akuter Suizidgefahr fand sie nach einem längeren stationären Aufenthalt in der Psychiatrie den Weg aus der Krankheit.
Mit Authentizität und Klarheit sprach sie über ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit der Depression und welche Veränderungen in ihrem Leben nötig waren, um ein Weiterleben nach der Erkrankung möglich werden zu lassen. Sabine Fröhlich ist inzwischen in ihrem Leben angekommen. Sie wohnt mit ihrer Familie auf dem Land und arbeitet als psychosoziale Beraterin.
Die anschließende Diskussion ermöglichte den Besuchern des Abends, mit den Referenten ins Gespräch zu kommen.