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Ralf G. Poppe

Die Katastrophenabwehr des Landkreises

Landkreis. Klimawandel, Pandemie und nicht zuletzt der Krieg in der Ukraine verleihen dem Katastrophenschutz neue Aufmerksamkeit. Was gewährleistet, dass er seine Aufgaben erfüllen kann, erläuterte Landrat Prietz beim Jahresessen der Gesellschaft für Sicherheitspolitik.

Beim Jahresessen der Sektion Elbe-Weser der Gesellschaft für Sicherheitspolitik e.V. (GSP) am Mittwoch im Bremervörder Oste-Hotel sprach zur Freude des Sektionsleiters Werner Hinrichs Landrat Marco über das Thema „Die Rolle des Landkreises im Katastrophenfall“. Denn bei aller durch die jüngsten Krisen verursachten Krisen ist eines auch ganz klar geworden: Die Sicherheit der Menschen hängt unmittelbar von einer auf alles vorbereiteten Behörde vor Ort ab. Dessen ist sich auch der junge, über einen Katastrophenfall entscheidende Landrat Marco Prietz bewusst. „Am gefährlichsten ist es, nichts zu tun und unvorbereitet in Szenarien zu gehen, von denen wir heute schon wissen, dass sie sich mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit realisieren könnten“, so der Landrat. Vor dem Hintergrund dieses Bewusstseins für die Wichtigkeit eines gut aufgestellten Katastrophenschutzes verwundert es auch wenig, dass Prietz auch das größte Hindernis kennt, das eine Behörde davon abhalten kann, im Katastrophenfall effizient zu handeln: „Die Erfüllung aller öffentlichen Aufgaben in Deutschland von A-Z wird durch Bürokratie ausgebremst. Ausnahmslos. Es ist eigentlich das größte Ärgernis, das mich von früh bis spät begleitet“, äußerte sich der oberste Beamte des Landkreises außergewöhnlich deutlich.
 
Verantwortung liegt vor Ort
 
Diese Stellungnahme erfolgte aber erst in der an Prietz‘ Vortrag anschließenden Fragerunde. Zuvor hatte der Christdemokrat zunächst Grundsätzliches zum Bevölkerungsschutz erläutert.
Hochwasser und Sturmfluten wären nicht überall zu befürchten - mögliche Szenarien im Landkreis Rotenburg dürften eher Unwetter- und Sturmlagen, Havarien von Gefahrguttransporten oder z. B. ein Zugunglück auf einer ICE-Strecke sein. Herausforderungen für die Verwaltung stellten auch Krisen dar, die keine klassischen Katastrophen abbilden würden - dazu gehörten große Flüchtlingsströme wie der von 2015 und der aktuelle durch den Krieg in der Ukraine verursachte, die Corona-Pandemie, aber auch Energie- und Umweltschutz-Themen.
Dabei sollte die Verantwortung zum Schutz der Bevölkerung nah bei den Betroffenen sein. Vor Ort könne man am besten beurteilen, welche Gefahren drohen bzw. welche Vorsorgemaßnahmen geeignet wären. Erst wenn die Lage vor Ort nicht mehr mit den eigenen Kräften (einschließlich nachbarschaftlicher Hilfe) der Kommunen bewältigt werden könne, würde die Schwelle zum Katastrophenschutz überschritten. Dann würde die Koordinierung durch eine höhere Ebene gesteuert werden. Was jedoch impliziert, dass die örtliche Ebene operativ eingebunden bleibt. Die administrative Steuerung des Einsatzes durch die untere Katastrophenschutzbehörde (Landkreise bzw. kreisfreie Städte, verantwortlich vertreten durch den Landrat) beinhalte die Bildung eines Katastrophenschutzstabes zur operativ-taktischen Steuerung, ausgelegt auf einen 3-Schicht-Betrieb im Landkreis Rotenburg mit einem Personalbedarf von bis zu 120 Personen.
Weiterhin sollten Polizei, Energieversorger und z. B. ein Kreisverbindungskommando der Bundeswehr hinzugezogen werden, plus einer technischen Einsatzleitung zur Führung aller eingesetzten operativen Kräfte.
Die Grundlage dafür bilden das Katastrophenschutzgesetz der Bundesländer und der Katastrophenschutzplan des Landkreises. Evakuierungen von Menschen (und Tieren), der Schutz kritischer Infrastrukturen und die Sicherstellung der Grundversorgung gehören hierbei zu den praktischen Aufgaben, wie auch die Planungen für Treibstoff- und Notstromversorgungen bei flächendeckenden, länger anhaltenden Stromausfällen. Dazu kommt gegebenenfalls der Strahlenschutz, Schutz von kritischen Infrastrukturen sowie die zivile Alarmplanung, z. B. durch Sirenen.
 
Die ehrenamtliche Basis
 Eine Schlüsselrolle beim Bevölkerungsschutz spielen ehrenamtliche Helfer:innen. Ehrenamtliche zeichneten sich durch ein hohes Maß an gesellschaftlichem Verantwortungsbewusstsein mit Verlässlichkeit aus und seien die Basis für einen erfolgreichen Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Eine Schätzung der Gesamtzahl der Ehrenamtlichen im Katastrophenschutz kommt auf circa 6700 Personen der Einsatzabteilung der Feuerwehren, sowie ungefähr 150 Einsatzkräfte im Katastrophenschutz-Stab. Dabei kommt dieser Personenkreis vorwiegend aus Ortsgruppen vom Deutschen Roten Kreuz, Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, Johanniter-Unfall-Hilfe, bzw. dem Technischen Hilfswerk als Zivilschutzeinrichtung des Bundes (die für Gefahrenabwehr im Zuge der Amtshilfe angefordert werden kann). Das Problem auf dieser Ebene: Der demografische Wandel, höhere berufliche Beanspruchung sowie ein umfassendes Freizeitangebot führten dazu, dass sich immer weniger Menschen engagierten. So komme der Politik auch die Aufgabe zu, Menschen zur Übernahme von Verantwortung für andere zu animieren.


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