Luisa Mersmann

Das Licht bleibt an

Ein Besuch Im Kino ist für viele Menschen ein besonderes Erlebnis. Kinobetreiber:innen in der Region kämpfen mit kreativen Ideen um ihr Publikum .

Bild: Adobe Stock

Große Leinwand, knisternde Spannung im abgedunkelten Saal und der Geruch von frischem Popcorn - das Kino galt lange als zentraler Ort für ein gemeinsames Filmerlebnis. In den vergangenen Jahren hat sich die Branche jedoch stark verändert. Streamingdienste wie Netflix, Disney+ oder Amazon Prime dominieren die Filmindustrie und bieten rund um die Uhr einen Zugang zu Filmen und Serien. Für viele ist ein entspannter Filmabend auf der Couch günstiger und bequemer, als das Haus zu verlassen und viel Geld für Eintritt und ein paar Snacks zu bezahlen. Denn die steigenden Betriebskosten spiegeln sich in den Preisen der Kinos wider. Vor allem kleinere und ländlichere Häuser geraten dadurch zunehmend unter Druck.

 

Kino trotz Couch

Der spontane Gang ins Kino wurde von vielen durch das Streamen ersetzt. Auch das Central Theater in Osterholz-Scharmbeck macht sich Gedanken über die Streamingdienste. „Klar, durch Streaming ist es immer leichter an neue Filme zu kommen. Vor allem, da Verleihe diese immer schneller auf den Markt geben. Aber es gibt auch Genießer, die ins Kino wollen“, sagt Geschäftsführerin Lana Holst. Dennoch spüre auch sie einen Rückgang der Kinobesucher. Aber noch könne sich das Kino gut über Wasser halten, doch das könne sich von Woche zu Woche ändern.

Hans Luettke vom ehrenamtlich betriebenen Vörder FilmTheater des Kultur- und Heimatkreises Bremervörde sieht das ähnlich: „Die jüngeren Leute sehen die neuesten Filme auf ihrem Handy und merken dabei leider nicht, dass diese Art des Filmeguckens meistens überhaupt keine Freude bringt.“ Die echten sozialen Kontakte seien aber wertvoll und würden zur Lebensfreude beitragen.

Holger Ewald, Inhaber der Ritterhuder Lichtspiele, und Anne Toben, 1. Vorsitzende des Cultimos in Kuhstedtermoor, sehen die Streamingdienste ebenfalls als Einflussfaktor, verweisen aber auf ihr spezielles Programm: kulturell anspruchsvolle Filme, welche aber eher ein älteres Publikum anziehen.

 

Kino muss bezahlbar bleiben

Besonders das Preisniveau ist ein heikles Thema. Betreiber müssen steigende Ausgaben für Energie, Personal und Lizenzrechte stemmen, was sich oft in den Eintrittspreisen niederschlägt. Ein durchschnittlicher Kinobesuch mit Getränken und Popcorn kostet heutzutage häufig über 15 Euro pro Person - für Familien ein echter Kostenfaktor. Ein monatlicher Kinoausflug ist so bei vielen nicht möglich.

Hinzu kommt: Menschen, die sich ohnehin schon Gedanken über steigende Lebenshaltungskosten machen, überlegen sich sicher zweimal, ob ein Kinoabend wirklich sein muss. Das Central Theater in Osterholz-Scharmbeck versucht dennoch, an alten Preisen festzuhalten. „Bis jetzt hat dieses Kino so viel erlebt und überlebt. Natürlich merkt man, dass der Euro nicht jedem einfach in der Tasche liegt. Wir versuchen deshalb weiterhin die Preise so zu lassen, wie vor Jahren“, erklärt Geschäftsführerin Holst.

 

Engagement hinter den Kulissen

Was bei einem Besuch eines Kinos oft vergessen wird: Hinter jedem Kino stehen Menschen, die mit großem Engagement dafür sorgen, dass der Betrieb überhaupt läuft. Ein Aspekt ist die Wahl der passenden Filme, um möglichst viele Zielgruppen anzusprechen. „Wir versuchen immer die aktuellsten Filme zu haben“, so Holst. Sie achtet auf ein vielfältiges Programm - von aktuellen Blockbustern über Previews bis zu Kinderformaten wie „Mein erster Kinobesuch“.

Bei der richtigen Filmauswahl halte Hans Luettke immer Augen und Ohren offen. Vorschläge kämen auch vom Mobilen Kino Niedersachsen, mit denen die Arbeitsgruppe von Anfang an zusammenarbeite. Manchmal geben auch Gäste Tipps für neue Filme.

Das Vörder FilmTheater zeigt seine Filme im Ludwig-Harms-Haus. Dort wird der Raum vor jeder Vorstellung komplett umgebaut. Stühle und Tische werden aufgebaut. „Damit genügen Beinfreiheit vorhanden ist, wird der Abstand jedes einzelnen Stuhls genauestens nach einem vorhandenen Plan vermessen“, erklärt Luettke. Reservierungen laufen über E-Mail, jede Antwort ist handgeschrieben. Über 20 Ehrenamtliche sorgen für den reibungslosen Ablauf.

Auch im Cultimo wird fleißig angepackt: Passend zum Film serviert die Küche ein thematisch abgestimmtes Gericht. Gegen 17 Uhr beginnen die Ehrenamtlichen dann mit ihren Vorbereitungen - sowohl die Küche als auch das Filmteam. Mit den Abwasch- und Aufräumarbeiten dauert ein solcher Kinoabend für die ehrenamtlich Tätigen gerne mal bis Mitternacht.

 

Motivation

Trotz aller Herausforderungen wissen die Betreiber:innen, warum sie Kino machen. „Wenn man nach einer Kindervorstellung in die Augen vieler kleiner Kinder sieht, die vor Freude glänzen, entschädigt uns das für sämtliche Anstrengungen, die wir vorher hatten“, sagt Luettke. Er hat die Arbeitsgruppe „Kino“ ins Leben gerufen und seit der ersten Vorführung im Januar 2023 waren alle Vorstellungen ausverkauft

Holst freue sich über Besucher:innen, die nach dem Programm fragen - das zeige, dass das Kino in Osterholz-Scharmbeck wahrgenommen und geschätzt werde. Sie weiß, wie schwierig die Zeiten im Kino manchmal sein können. Bereits seit fast 30 Jahren arbeitet sie im Central Theater. Zum 1. Januar dieses Jahres hat sie dann die Geschäftsführung übernommen.

Für Anne Toben ist klar, ländliche Kinos haben einen ganz anderen Stellenwert, als Kinos in Städten: „Die Treffpunkte dort sind bedeutend weniger anonym als in Großstädten und bieten eher ein Gemeinschaftserlebnis.“ Das Moorkino im Cultimo existiere seit über 20 Jahren und viele von den damaligen Gästen kommen auch heute noch zu den Vorstellungen. Das zeige, dass das Angebot gut angenommen werde und das wiederum sorgt für die Motivation, weiterzumachen. Auch die Küche werde regelmäßig gelobt.

 

Erweiterte Angebote

Trotz des positiven Inputs von Außen, ist den Betreibenden dennoch klar, dass sie ihr Kinoangebot immer wieder anpassen und erneuern müssen.

Hans Luettke und sein Team haben sich deshalb im Oktober 2024 dazu entschieden, an jedem Kinotag um 16 Uhr einen Kinderfilm zu zeigen. Für das Projekt arbeitet das Vörder FilmTheater eng mit dem Kinderschutzbund zusammen.

Im Central Theater können sich Interessierte beispielsweise einen Kinosaal mieten und Wii oder Playstation mit Freunden spielen. Zudem gebe es immer wieder Sondervorstellungen für Schulen, Verbände und Vereine sowie Sondervorstellungen mit Sektausschank, Frühvorstellungen mit Leckereien von Becker Behrens, Gewinnspiele mit und für Kaufhaus Fleischer und einen Kaffeeklatsch.

 

Besonderes Erlebnis

Die Kinos in unserer Region, egal ob ehrenamtlich geführt oder nicht, setzen sich mit viel Engagement dafür ein, den Bürgerinnen und Bürgern ein Kinoerlebnis vor Ort zu bieten. Familien kommen gern, aber auch alleinstehende Menschen finden dort Anschluss.

Für das kulturelle Leben in unserer Region sind die Kinos essenziell. Luettke wolle mit seinem engagierten Team Freude bereiten. „Die Menschen sollen sich bei uns treffen, sich wohlfühlen und vielleicht den Alltag für ein paar Stunden hinter sich lassen. Das Leben kann so schön sein - wir möchten zu einem kleinen Teil dazu beitragen“, so Luettke abschließend.

Lana Holst sieht Kino ebenfalls als einen Ort, der Leuten hilft, Problemen zu entfliehen. Aber es sei auch da, um aufzuklären, weshalb das Central Theater bald mit der Stolperstein-Initiative zusammenarbeiten wird.

Holger Ewald sieht die Ritterhuder Lichtspiele ebenfalls als große Instanz in der kulturellen Szene an. Das liege auch daran, dass er und sein Team immer wieder versuchten, mit ihren Filmen Bezug auf die Region zu nehmen. „So hatten wir in Bezug auf den Abriss der Schlossbrücke eine Freitagsfilmreihe, die wir ‚Brückenfilme‘ nannten“, erklärt er.

Damit Kinos auch in Zukunft weiterhin im ländlichen Raum bestehen können, sei die hiesige Werbung unerlässlich, erklärt Holst. Ewald sieht Änderungspotenzial hingegen bei den großen Filmverleihern, „die es einem kleinen Kino wie unseres erst gar nicht gestatten, ihre Filme zu spielen, oder aber horrende Gebühren nehmen.“

Für Luettke darf Kino nicht einfach „nur“ Kino sein: „Ein Lichtspielhaus wird zu einem Event mit besonderem Charakter. Es müssen immer wieder neue Ideen in den Betrieb einfließen.“ Laut ihm sei aktuell ein Kino auf dem ehemaligen Bachmanngelände an der Wesermünder Straße geplant. Dort sollen drei Säle entstehen. Falls der Ort aber einfach nur für Filme genutzt werden soll, halte Luettke das Vorhaben für schwer umsetzbar. Gute Ideen seien unabdingbar.

Es brauch also vor allem eines: Unterstützung - durch Gäste, Werbung vor Ort, faire Bedingungen von Filmverleihern. Denn Kino bleibt ein besonderes Erlebnis - wenn man es lässt.


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