

Garlstedt. In diesem Jahr führt die Logistikschule der Bundeswehr in Garlstedt erneut ihre fast schon traditionell zu nennende Wintervortragsreihe durch. Die Auftaktveranstaltung zum Themenkomplex „Die Bundeswehr in der Zeitenwende“ fand unlängst unter dem Titel „Operationsplan Deutschland“ im Henning-von-Tresckow-Saal der Lucius D. Clay-Kaserne statt. Der Kommandeur der Logistikschule Brigadegeneral Holger Draber freute sich zu Beginn seiner Ansprache über das große Interesse für diesen Vortrag: „Wir haben diesmal 400 Anmeldungen, das ist absolut rekordverdächtig“. Neben zahlreichen Ehrengästen grüßte er besonders einige Kameradinnen und Kameraden, die mit einem Flecktarnanzug gekleidet im Publikum saßen. Dabei handelte es sich um Teilnehmer einer sogenannten Informationsveranstaltung des Unterstützungsbereichs. Zivile Führungskräfte aus Politik, Wirtschaft und anderen Bereichen der Gesellschaft hatten ihr tägliches Businessoutfit gegen Bundeswehrkleidung getauscht und verbrachten eine Woche als Soldaten in der Kaserne, um mehr über das Soldatenleben zu erfahren.
Vortragender an diesem Abend war der Deputy Chief of Staff Support des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr, Brigadegeneral Matthias Jozwiak.
Der Operationsplan Deutschland
Matthias Jozwiak stellte gleich zu Beginn seiner Rede klar: „In die Tiefe des Operationsplans Deutschland, da sind 1.400 Seiten, werde ich sie nicht mitnehmen, der ist geheim eingestuft.“ Der Plan sei eine Reaktion auf die sich verschärfende sicherheitspolitische Lage in Europa und der Welt. In Deutschland würden wir zwar de facto im Frieden sein und es gebe aktuell hier keine bewaffneten Auseinandersetzungen, wir würden aber in einer Grauzone leben. Denn jeden Tag seien Sabotageakte, Spionagevorfälle und Cyberangriffe zu verzeichnen. Allein die Cyberattacken würde laut einer Veröffentlichung des Innenministeriums rund 200 Milliarden Euro pro Jahr an Schadenssumme verursachen. Viele dieser Ereignisse seien auf Russland zurückzuführen, das damit unsere Gesellschaft verunsichern und Unruhe schaffen wolle. Russland betreibe kontinuierlich den Aufbau ihrer Streitkräfte mit dem Ziel 1,5 Millionen Soldaten einsatzbereit zu haben. Es gäbe neue Rüstungsprojekte, das Land sei auf Kriegswirtschaft umgestellt worden und Vorräte würden angelegt. Deshalb ist der Brigadegeneral der Überzeugung: „Der Zusammenhalt der Allianz und glaubhafte militärische Abschreckung werden der Schlüssel zum Erfolg sein, dass niemand auf die Idee kommt, die Nato anzugreifen.“
Joswiak erklärte, es sei eine weise Entscheidung der Bundesregierung und des Verteidigungsministers Boris Pistorius gewesen, das operative Führungskommando der Bundeswehr (OpFüKdoBw) im April 2024 einzuführen. Das Kommando ist an zwei Standorten in der Nähe von Potsdam und in Berlin ansässig und soll in der Lage sein, zu jeder Zeit, rund um die Uhr, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr einsatzbereit zu sein. Das OpFüKdoBw arbeite kontinuierlich an dem Operationsplan Deutschland (OPLAN Deutschland): „Es ist ein Ausgangsplan, denn kein Plan wird Bestand haben, wenn es zum Ernstfall kommt.“ Die Bundeswehr selbst beschreibt den Inhalt so „Er führt die zentralen militärischen Anteile der Landes- und Bündnisverteidigung in Deutschland mit den dafür erforderlichen zivilen Unterstützungsleistungen in einem operativ ausführbaren Plan zusammen. Er trifft damit die planerische Vorsorge dafür, dass im Krisen- und Konfliktfall nach erfolgter politischer Entscheidung zielgerichtet und im verfassungsrechtlichen Rahmen gehandelt werden kann. In ihm werden Verfahren, Abläufe und Zuständigkeiten festgelegt, um gemeinsam mit anderen staatlichen und zivilen Akteuren Deutschland, dessen territoriale Integrität und seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen und zu verteidigen sowie den Aufmarsch der alliierten Streitkräfte über und durch Deutschland an die NATO-Ostflanke sicherzustellen. Das Ziel ist die schnelle Handlungsfähigkeit über alle Ressort- und Ländergrenzen hinweg.“
Zum Abschluss der Abendveranstaltung standen Holger Draber und Matthias Joswiak den Zuhörern noch für Fragen zur Verfügung. Ein Unteroffizier der Bundeswehr wollte zum Beispiel wissen, wie er mit seinen Untergebenen Vorgaben aus dem OPLAN üben solle, wenn er gar nicht wüsste, was drinsteht. Der Deputy Chief of Staff Support antwortete kurz und knapp, dass alle, die informiert sein müssten, auch informiert werden. Am Donnerstag, 27. November, findet der nächste Wintervortrag statt. Angekündigt ist dann Generalleutnant Wolfgang Wien, Deutscher Militärischer Vertreter im Militärausschuss der NATO und bei der Europäischen Union.