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Menschengemachte Belastungen bedrohen Schweinswale

Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) mahnt zum Innehalten zu starken Eingriffs in den Lebensraum Nordsee.

Bild: Adobestock

Cuxhaven. Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) mahnt am Beispiel der auch vor Cuxhaven lebenden Schweinswale zum selbstkritischen Innehalten des technischen Ausbau- und Nutzungswahns gegen den Lebensraum Nordsee.

 

Aus menschlicher Sicht sind Wale außerordentlich große Sympathieträger. Von daher wird ihre Vertreibung oder gar gezielte Tötung weltweit vielfältig abgelehnt. Auch in der Nordsee lebt eine Walart - die Schweinswale. Zwar nicht so groß und imposant wie Buckel- oder Pottwale, lösen sie doch immer wieder große Begeisterung bei vielen Menschen aus, wenn sie sich nahe der Küsten oder vom Schiff aus sehen lassen. Auch in der Nordsee vor Cuxhaven werden vermehrt Schweinswale, auch Kleine Tümmler genannt, gesichtet. Durch die Eingriffe in ihren Lebensraum, trifft man sie häufiger in hiesigen Gewässern. Doch entgegen aller Begeisterung bei einer Sichtung von Walen, „fördert der moderne Mensch in vollem Bewusstsein ihr allmähliches Aussterben in Nord- und Ostsee,“ sorgt sich SDN-Vorsitzender und Varels Bürgermeister Gerd-Christian Wagner. Aktuelle Schätzungen würden von einer Reduzierung der Population innerhalb der deutschen Nordsee von rund 1,8 Prozent pro Jahr ausgehen; im Walschutzgebiet vor Sylt sogar 3,8 Prozent. Seit der Jahrtausendwende steige die Anzahl an Todfunden - und das seit 2005 noch verstärkt.

Unter normalen Bedingungen können die Kleinwale über 20 Jahre alt werden. Allerdings würde aktuell ein Großteil von ihnen bereits im Alter von deutlich unter zehn Jahren sterben. „Schlicht ein unausgesprochenes Todesurteil für die Art. Zumal die Weibchen erst zwischen drei und fünf Lebensjahren geschlechtsreif sind und auch dann nur ein Kind pro Jahr gebären“, so Wagner. Ganz kritische Schätzungen gingen sogar davon aus, dass überhaupt nur noch jedes dritte Weibchen ihre Geschlechtsreife erreiche. „So kann sich ihre Population nicht erhalten. Sie sterben, durch menschlichen Einfluss und Ignoranz, in überschaubarer Zeit einfach weg“, kritisiert Wagner.

 

Bedrohungen

 

Dabei würden Schweinswale als ein Anzeiger für den Zustand des Meeres und seiner Ökosysteme gelten. „So könnte man fast froh darüber sein, dass hier auch tierische Sympathieträger betroffen sind,“ merkt Wagner kritisch an, „sie finden mit ihren künstlich erschwerten Lebensumständen zumindest immer wieder kurzzeitiges Medieninteresse.“ Was den Menschen bei den meisten anderen negativ betroffenen Arten, wie zum Beispiel Haie und Rochen, nicht einmal eine kurze Notiz wert wäre. Die Tiere der Nordsee seien ständig und wachsend komplexen und vielfältigen Belastungen ausgesetzt, die der Mensch voll zu verantworten habe. So drohe ihnen alltäglich eine Gemengelage an Gefahren und Störungen durch toxische Belastungen, steigendem Parasitenbefall insbesondere von Lunge und Ohren, Ressourcenkonkurrenz sowie Beifang durch die industrielle Sandaalfischerei, stetig weiter wachsende menschliche Nutzungsinteressen mit einhergehenden Lebens- wie Ruheraumverminderungen und ganz extrem Traumata durch Unterwasserlärm basierend auf Schiffsverkehr, Sprengungen sowie Bauarbeiten. „Schweinswale werden mit all dem zunehmend vertrieben oder sogar getötet,“ zeigt sich Wagner erschüttert. Besonders erschreckend fände er es zudem, dass sich in den Schweinswalen als Endglieder der Nahrungskette auch immer mehr Gifte ansammeln; besonders im Körperfett und in der Muttermilch.

 

Verantwortung

 

„Wir müssen dringend die Auswirkungen der Gesamtbelastung durch alle menschlichen Aktivitäten bei den Nordseebewohnern besser verstehen und deutlich reduzieren,“ fordert der SDN-Vorsitzende. Denn Schweinswale könnten aufgrund ihres hohen Energiebedarfs nur wenige Tage ohne Nahrung überleben. Somit seien sie fast ständig mit Nahrungsaufnahme befasst und eine Störung hieße Flucht und koste den Tieren viel Zeit und Energie. Um ihnen zum Schutz beispielsweise mehr Ruhe- und Rückzugsräume zu bieten, brauche es nur größere sowie störungsarme Schutzgebiete. Wenn dann noch relativ einfache Maßnahmen zur Reduzierung des Unterwasserlärms wie langsamer fahrende Schiffe und Schallschutz bei Bau- und Sprengmaßnahmen hinzu kämen, wäre schon einmal ein großer Schritt getan. „Viele Beispiele in der Welt zeigen immer wieder, dass es sich sowohl für Natur wie Fischerei schon in kurzer Zeit lohnt, Gebiete zu schonen,“ so Wagner.

 

Forderung

 

So fordere die Schutzgemeinschaft alle an den Störungen beteiligten auf, ihre Aktivitäten streng auf ihre wirkliche Notwendigkeit zu überprüfen und dabei vor allem das Lebensrecht der vielen Lebensformen in der Nordsee als Priorität mit zu bedenken. „Ich sehe hier ganz im Sinne des Bundesverfassungsgerichtes, eine Stärkung ökologischer Verantwortung und Nachhaltigkeit als unsere unbedingte Pflicht der Natur und besonders den folgenden Generationen gegenüber”, bestärkt der SDN-Vorsitzende Gerd-Christian Wagner seine Position. „Wir sind nun einmal nicht allein auf dieser Welt.“


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