Janine Girth

Ein Hallo in die Welt morsen - Amateurfunker luden zum Tag der offenen Tür ein

Osterholz-Scharmbeck (lse). Wer am Sonntag Fernweh verspürte, brauchte nur zum Gut Sandbeck zu kommen. Hier luden die Mitglieder des Amateurfunkklubs „Teufelsmoor“ aus Osterholz-Scharmbeck zum Tag der offenen Tür ein. Problemlos konnte dort jeder an den verschiedenen Funkstationen mit aller Herren Ländern in Kontakt treten.
An der Bastel- und Lötstation erfuhren die jüngeren Besucher, dass handwerkliches Geschick beim Funken vorteilhaft ist.  Foto: lse

An der Bastel- und Lötstation erfuhren die jüngeren Besucher, dass handwerkliches Geschick beim Funken vorteilhaft ist. Foto: lse

„Normalerweise treten wir Funkamateure in der Öffentlichkeit kaum in Erscheinung“, räumte Jens Sasse ein. Er ist 1. Vorsitzender des Ortsverbands „Teufelsmoor“ im Deutschen Amateur-Radio-Club. Anlässlich ihres 50-jährigen Bestehens hatten die Mitglieder des Ortsverbands aber Groß und Klein eingeladen, sich über das Thema Amateurfunk aus erster Hand zu informieren. Auf dem Gutsgelände wurde zu diesem Zweck viel Wissenswertes über Sprech- und Digitalfunk sowie Telegrafie geboten. Weil es neben Vorführungen auch Möglichkeiten zum Selbermachen gab, kamen sowohl Erwachsene als auch Kinder auf ihre Kosten.
 
Gut Sandbeck Ungewöhnlich militärisch
Erfahrene Funkamateure wissen, dass die Bundeswehr immer wieder veraltetes Funk-Equipment ausmustert. Die Geräte sind bei den Hobbyfunkern heiß begehrt. Dementsprechend mutete Gut Sandbeck am Sonntag auf den ersten Blick ungewöhnlich militärisch an. Sowohl ein olivgrüner Geländewagen und als auch ein Transporter samt Anhänger und hohem Funkmast waren dort zu sehen. Mittlerweile in privatem Besitz, strotzen sie im Inneren nur so vor Funktechnik.
Vor den Augen der staunenden Gäste nahm Jens Sasse denn auch problemlos mittels digitaler Telegrafie Kontakt zu einem Gleichgesinnten im rumänischen Targu auf. Doch statt einer lebhaften Unterhaltung tauschten die Funker nur ihre jeweiligen Rufzeichen und Koordinaten sowie ein paar Angaben zur Qualität der Verbindung aus. Dann ging die Suche nach einem neuen Kontakt irgendwo auf der Welt sofort weiter.
 
Exotische Kontakte sind begehrt
„Das Wichtigste sind für uns die sogenannten QSL-Karten“, erläuterte Sasse. „Sie werden anschließend ausgetauscht und bestätigen, dass der Funkkontakt tatsächlich stattgefunden hat.“ Als Vorsitzender der hiesigen Funkamateure hat er seit 1994 schon fast 3.000 QSL-Karten gesammelt, darunter auch sehr seltene Exemplare, zum Beispiel von der Raumstation ISS oder der Neumayer-Forschungsstation in der Antarktis.
„Man trifft über Funk aber auch Leute, zu denen sich ein fast freundschaftlicher Kontakt entwickelt“, erzählte der Vorsitzende. Er selbst unterhalte sich seit einiger Zeit immer wieder mit einem Funker im südafrikanischen Windhoek.
Wie wenig an technischer Ausrüstung erforderlich ist, um dem Hobby nachgehen zu können, demonstrierten Bodo und Sabine Schilling an ihrer Station. Sie hatten ein Laptop aufgestellt, an dem ein kleines Funkgerät – kaum größer als eine externe Festplatte – angeschlossen wird. Mit dem entsprechenden Computerprogramm sei sehr viel mehr nicht erforderlich, um auf Wellenjagd zu gehen, erklärten sie. „Unser weitester Kontakt ging über 16.000 Kilometer zu einem Funker nach Tasmanien in Australien“, erzählte Bodo Schilling stolz.
Noch minimalistischer ist Holger Gehrken unterwegs. Er war mit seinem Motorrad angereist. Alles, was er zum Funken braucht, hatte der passionierte Angler dabei: Sonnenkollektoren für Solarenergie, ein kleines Funkgerät und eine Teleskopantenne, die an seinem Motorrad klemmte. „Die Ausrüstung nehme ich auch mit, wenn ich mit dem Kanu zum Angeln unterwegs bin“, verriet Gehrken.
Auch für Kinder und Jugendliche hatten sich die Funkamateure an diesem Tag einiges einfallen lassen. An einer Bastelstation zum Beispiel konnten die Jungen und Mädchen unter Anleitung einen Schubladenwächter oder eine LED-Taschenlampe zusammenlöten. An einer benachbarten Station bestand die Möglichkeit, mit einem fremden Amateurfunker in Sprechkontakt zu treten. Weil hierfür bestimmte „Spielregeln“ erforderlich sind, begleitete ein erfahrenes Vereinsmitglied ähnlich wie ein Fahrlehrer die ersten Versuche im Äther.
 
Funkprüfung ist Voraussetzung
Dass zum Funken mehr dazugehört, als sich nur eine mehr oder weniger umfangreiche Technik zuzulegen, wurde beim Rundgang auf Gut Sandbeck deutlich. Ohne entsprechende Ausbildung und erfolgreiche Prüfung ist die Teilnahme am Funkverkehr untersagt. „Die Chancen, die Prüfung zu bestehen, sind aber sehr gut“, sagte Ausbilder Mathias Dahlke. Die Vorbereitung erstreckt sich über ein knappes halbes Jahr. In dieser Zeit treffen sich die angehenden Amateurfunker einmal wöchentlich in Bremen. Auf dem Lehrplan stehen unter anderem Elektrotechnik und gesetzliche Grundlagen. Passables Schulenglisch und etwas Interesse an Physik sollten zudem vorhanden sein. Dann stünde dem „wunderbar spannenden Hobby“ nichts mehr im Weg, so Sasse.
Die Amateurfunker aus Osterholz-Scharmbeck treffen sich jeweils am dritten Mittwoch im Monat ab 20 Uhr im Herrenhaus von Gut Sandbeck. Interessierte, die zum Beispiel eine Funkausbildung absolvieren möchten, können sich an Jens Sasse, Telefon 0172/9018906, wenden.


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