Lena Stehr

Die Unbewohnbarkeit der Region

Bezahlbarer Wohnraum wird immer knapper und der Anteil öffentlich geförderter Wohnungen geht immer weiter zurück.

Bild: Www.freepik.com

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt gilt seit Jahren als „angespannt“, die Mieten steigen ungebremst. Auch in den Landkreisen Osterholz und Rotenburg (Wümme). Der Quadratmeterpreis für die Kaltmieten in Osterholz liegt inzwischen bei 9,02 €/m², im Landkreis Rotenburg (Wümme) laut Miet-Check.de bei 9,09 €/m². (In Deutschlands teuerster Stadt München zahlt man durchschnittlich knapp 19 €/m²).

Für viele Menschen sei es eine große Herausforderung, überhaupt eine bezahlbare Wohnung zu finden, sagt Mizgin Ciftci, der für DIE LINKE im Kreistag von Osterholz sitzt. Es sei Aufgabe der Politik, bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten zu sichern. Vor allem in den sozialen Wohnungsbau müsse investiert werden.

Das sieht auch die Bundesregierung so und hält an ihrem Ziel fest, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, darunter 100.000 Sozialwohnungen. Der Immobilienverband GdW geht allerdings davon aus, dass in diesem Jahr nur rund 200.000 neue Wohnungen gebaut werden können. Bezahlbares Wohnen werde immer schwieriger. Es drohe eine nie dagewesene Krise aufgrund von höheren Zinsen, Inflation, Langfrist-Auswirkungen der Coronapandemie und strengen politische Vorgaben für mehr Klimaschutz.

Das Land Niedersachsen plant, bis 2030 40.000 neue Wohnungen in sozialer Bindung zu errichten und stellt dafür im Rahmen des Wohnraumförderprogramms auch Gelder zur Verfügung. Ziel ist es dabei, neben bezahlbaren Wohnungen für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen speziell auch altersgerechten und barrierefreien Wohnraum zu schaffen. Um die Fördermittel dieses Programms nutzen zu können, müssen die Kommunen Bedarfsnachweise erbringen, etwa in Form eines Wohnraumversorgungskonzeptes.

 

Es fehlt an Investoren

 

Der Landkreis Osterholz hat sich zuletzt 2019 mit dem Thema beschäftigt und den Bedarf an sozialem Wohnraum untersucht. Für die Stadt Osterholz-Scharmbeck schätzt die Kreisverwaltung, dass in Zukunft ein Anteil von rund zehn Prozent Sozialwohnungen nötig sein wird. Kreisweit wird die Quote auf sieben Prozent geschätzt, das entspricht etwa 600 Wohneinheiten, berichtete Stadtplaner Frank Wiesner bereits vor rund einem Jahr auf Nachfrage des Anzeigers. Bezahlbarer Wohnraum sei in Osterholz-Scharmbeck weiterhin knapp, teilt Wiesner aktuell mit. Es gebe häufig Anfragen von Wohnungssuchenden, doch die Stadt könne nur auf die noch in der Zweckbindung stehenden 220 geförderten Wohnungen verweisen. Ab Oktober 2023 würden es 12 Wohnungen weniger sein und ab dem 31.12.2024 würden weitere 31 Altenwohnungen in der Schwalbenstraße entfallen, so Wiesner. Bei der Stadt habe sich bisher noch kein Investor nach den Förderprogrammen der Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen (NBank) bzgl. Wohnprojekte mit sozialgefördertem Wohnraum erkundigt.

 

Landkreis Rotenburg ist Schlusslicht

 

Auf Investoren hofft auch der Landkreis Rotenburg (Wümme), der inzwischen ein Wohnraumversorgungskonzept vorliegen hat. Daraus geht u.a. hervor, dass fast jeder siebte Haushalt im Landkreis auf preisgünstigen Wohnraum angewiesen ist. Der Anteil öffentlich geförderter Wohnungen mache allerdings gerade einmal 0,2 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes aus (171 Wohnungen). Damit sei der Landkreis landesweit der Kreis mit dem – mit Abstand – niedrigsten Anteil geförderter Mietwohnungen am gesamten Wohnungsbestand. Der Durchschnittswert für Niedersachsen liege bei 1,5 Prozent.

In fast allen Kommunen werde der Bestand bereits bis 2030 auf Null zurückgehen, heißt es weiter. Lediglich in der Stadt Rotenburg (Wümme) würden noch 10 Wohnungen bestehen, die dann rd. 11.460 einkommensschwachen Haushalten gegenüberstünden. Besonders benötigt werden nach Aussage der befragten Marktexpertinnen und Gemeindevertreter:innen kleine preisgünstige Wohnungen bis 60 m² Wohnfläche sowie barrierefreie Wohnungen für Senioren und Menschen mit Behinderung.

Die öffentlich geförderten Wohnungen im Landkreis Rotenburg (Wümme) lassen sich unterscheiden in jene, die durch Förderprogramme der NBank gefördert sind und jene, die durch den Landkreis im Rahmen der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Schaffung kleiner bezahlbarer Wohnungen gefördert wurden. Das Programm werde aber relativ wenig in Anspruch genommen, so Landrat Marco Prietz.

 

Standards und Auflagen reduzieren

 

Seiner Meinung nach wäre es am besten, wenn bezahlbarer Wohnraum für Menschen mit geringen Einkommen auch ohne öffentliche Förderung entstehe. Dafür müsste insgesamt sehr viel mehr gebaut werden, und das Bauen müsste wieder günstiger werden. Das sei aktuell aber leider nicht erkennbar. „Deutschland versucht sich an der Quadratur des Kreises: Wohnraum soll schnell, günstig, energisch optimiert und ohne staatliche Zuschüsse entstehen. Das ist Utopie. Eine Steigerung der Anzahl neu errichteter Wohnungen ist nur möglich, wenn die gesetzlichen Standards und Auflagen reduziert werden und Zuschüsse von Land und/oder Bund Anreize zur Errichtung kleinerer preiswerter Wohnungen setzen. Die Kommunen werden dies selbst bei kreativer Ausnutzung ihrer örtlichen Instrumente nicht ersetzen können“, so Prietz.

Die Partei DIE LINKE fordert dagegen politische Konsequenzen. Der Bundestag müsse sich endlich trauen, die Mietpreise zu begrenzen, denn es sei Aufgabe der Politik, bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten zu sichern. „Das Land und die Kommunen müssen in sozialen und öffentlichen Wohnungsbau investieren“, so Ciftci.

www.lk-row.de/portal/seiten/wohnraumfoerderprogramm-des-landkreises-1361-23700.html

 


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