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Wirbel um mögliche Kita-Trägerschaft

Am Huddelberg soll bis 2026 die neue städtische Kita am See entstehen. Im Sozialausschuss entbrannte aber jüngst aufgrund eines CDU-Antrags ein Streit über die Trägerschaft, der später in den sozialen Medien hohe Wellen schlug und für Empörung sorgte.

Die meisten Eltern sind auf Betreuungsplätze für ihre Kinder angewiesen. In Bremervörde gibt es derzeit eine Betreuungslücke.

Die meisten Eltern sind auf Betreuungsplätze für ihre Kinder angewiesen. In Bremervörde gibt es derzeit eine Betreuungslücke.

Bild: AdobeStock

Bremervörde. Die Bremervörder Verwaltung wollte eigentlich bald mit der Ausschreibung für die Einrichtung einer temporären Kita in der ehemaligen Hesedorfer Grundschule beginnen und auch Fachkräfte für deren Betrieb ab 1. Januar 2025 anwerben. Bereits im Mai hatte die CDU-Stadtratsfraktion (die die Mehrheit inne hat) einen Antrag eingereicht, in dem die Verwaltung aufgefordert wurde, die Vergabe des Kita-Betriebes am See an einen freien Träger zu prüfen und dafür ein Interessenbekundungsverfahren durchzuführen.

In der jüngsten Sozialausschuss-Sitzung legte die CDU einen weitergehenden Antrag vor. Am Ende wurde beschlossen, dass der Betrieb der neuen Kita am See und der Übergangskita in Hesedorf ausgeschrieben und an einen freien Träger vergeben werden soll. Von den Verzögerungen, die diese Entscheidung mit sich bringt (der Verwaltungsausschuss muss dazu Mitte August noch sein Ok geben) seien rund 25 Kinder betroffen.

 

Bürgermeister zeigt sich verärgert

 

Bremervördes Bürgermeister verbreitete tags darauf über seinen Bürgermeister-Account auf Facebook und Instagram, dass die CDU beantragte, den Betrieb der Kitas an einen externen Träger zu vergeben. Eine derartige Vorgehensweise widerspreche den seit gut einem Jahr bekannten Planungen der Verwaltung, eine aktuell bestehende Betreuungslücke von rund 25 Plätzen mit bis zu zwei Gruppen in städtischer Trägerschaft zu schließen. Damit solle der personelle und konzeptionelle Grundstock für die neue Kita am See gelegt werden. Das werde jetzt nicht mehr möglich sein. Es sei zu erwarten, dass der Betrieb der Übergangs-Kita sich zeitlich nicht einschätzbar verzögere und ggf. auch gänzlich in Frage gestellt sei.

„Extrem geärgert habe ich mich aber über die Aussage in dem CDU-Antrag, dass externe Träger für vermeintlich bessere Qualität in den Kindertageseinrichtungen stehen. Dem muss ich hier nochmals deutlich entgegentreten: Vielen Dank an alle Kolleginnen und Kollegen, die sich tagtäglich in den städtischen Kindertageseinrichtungen fundiert und qualifiziert dem Wohl der kleinsten Bürgerinnen und Bürger Bremervördes widmen“, so Hannebacher wörtlich.

 

Reaktion der CDU

 

„Aufgrund der jüngsten Berichterstattung über die Sozialausschusssitzung müssen wir einige Punkte klarstellen“, so der Bremervörder CDU-Vorsitzende Dirk-Frederik Stelling in einer Pressemitteilung. Der besagte Antrag würde medial bzw. in den sozialen Medien so dargestellt, als würde die örtliche CDU die Qualität der Arbeit in den städtischen Kitas schlecht reden. „Das hat zurecht zu Empörung und Aufregung geführt. Dieser Darstellung möchten wir klar widersprechen!“, so Stelling.

Man schätze die dortige Arbeit sehr. „Viele von uns“ hätten ihre Kinder in die Verantwortung einer städtischen Kita gegeben. Sie würden die dort geleistete Arbeit sehr schätzen, sich als Eltern dort engagieren. Und niemand stelle die Arbeit der Erzieherinnen in einer städtischen Kita in Frage.

In dem besagten Antrag ginge es ausschließlich um die neue Kita am See. Die CDU stehe zur (gesetzlich geforderten) Trägervielfalt und müsse zur Kenntnis nehmen, dass viele Eltern sich eine Betreuung bei einem freien Träger wünschten, und dies bisher nicht erfüllt werden könne: „Wir wollen die Vielfalt bei den Trägern erweitern und setzen uns für die Vergabe ein, um diesen Elternwunsch zu erfüllen.“ Die Verwaltung lehne dies aus Kostengründen ab. Die CDU-Mehrheitsfraktion im Stadtrat wäre jedoch bereit, etwaige Mehrkosten mitzutragen.

In der Antragsbegründung habe man darauf hingewiesen, dass man bei der Vergabe an einen freien Träger allerdings nicht nur die Kosten im Blick haben dürfe, sondern zudem Qualität des Angebots berücksichtigen müsse. Es sei keine Kritik an der Arbeit der Erzieherinnen, sondern die „von uns formulierte Anforderung an jeden Träger. Wenn Sie sich dadurch angegriffen gefühlt haben, möchten wir dafür ausdrücklich um Entschuldigung bitten!“, so Stelling.

 

Erzieherinnen würden nicht bei der Stadt arbeiten wollen

 

Gleichwohl würde er bzw. seine Partei seit Jahren stetig von Erzieherinnen angesprochen, die ihr Arbeitsverhältnis bei der Stadt kündigen wollten, oder es bereits gekündigt hätten. Auch das dürften politische Vertreter nicht ignorieren. Sie müssten nachfragen, woran das liege. Selbst in den letzten Tagen seit der Berichterstattung hätten sich Erzieherinnen an die CDU gewandt, die dankbar waren, dass das Thema von den Ausschussmitgliedern angesprochen worden sei.

Gerne, so Stelling, würde man in den Dialog treten, um an diesen Herausforderungen zu arbeiten. Denn häufiger Personalwechsel und Notbetreuungen belasteten nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Kinder und deren Eltern. Die Mitteilung schloss mit der Danksagung an alle Kita-Mitarbeitenden der Stadt, unabhängig davon, ob sie bei einem freien Träger angestellt seien, oder bei der Stadt.

 

Erfahrungsbericht betroffener Eltern

 

Der Anzeiger recherchierte. Erzieherinnen mochten allerdings keine Kritik äußern. Letztendlich erklärte sich jedoch eine Frau, die mit ihrem Ehemann in einem Bremervörder Ortsteil lebt, bereit, ihre Erfahrungen zu teilen. Das Ehepaar hat einen 15-jährigen Sohn, der seinerzeit zu aller Zufriedenheit im damaligen Wohnort Zeven in der Kita des DRK einen Platz fand. 2020 bekam das Paar abermals Nachwuchs. Mittlerweile wohnte die Familie in einem Bremervörder Ortsteil mit Kita und benötigte einen Ganztagesplatz – die Krippenzeit hatten die Eltern mit einer privaten Tagesmutter überbrückt.

Es gab ein Schreiben der Stadt Bremervörde, in dem möglichst mehrere Wunsch-Kita-Plätze angekreuzt werden sollten, berichtet die Mutter. Im April 2023 kam die Mitteilung, dass das CJD in Bremervörde im September eröffnen solle. „Dort hat die Stadt uns einen Kita-Platz zugesagt“, so die Mutter. Leider konnte die Einrichtung aber nicht pünktlich eröffnen.

Das Paar bekam dann durch private Kontakte einen Halbtagesplatz in der Kita des Wohnortes. Die Früh- und Spätzeiten wurden von einer Tagesmutter privat überbrückt. „Wir haben um diesen Platz gekämpft, als wir durch private Kontakte davon erfuhren, dass hier ein Platz frei wird“, so die Mutter. Eine der beiden zuständigen Mitarbeiterinnen habe sie zuvor telefonisch „fürchterlich abgebügelt“, als sie diesbezüglich nachfragte. Sie könne gar nicht wissen, ob in ihrem Ortsteil ein Platz frei wäre, zudem stehe es ihr nicht zu, diesbezüglich Wünsche zu äußern. Die Stadt kümmere sich darum. „Es gibt für Eltern scheinbar keine Möglichkeit, zu entscheiden. Die Stadt entscheidet, wo die Kinder hinkommen“, fährt die Mutter fort. Sie sei sehr unzufrieden mit der Art, wie die Stadt Bremervörde die Kitas leiten würde.

 

Kitas in der Stadt

 

Im Stadtgebiet werden von der Stadt selbst als auch von externen Trägern derzeit 12 Kindertageseinrichtungen betrieben. Durch die Kooperationen mit der evangelischen Kirche, der Lebenshilfe, dem Deutschen Roten Kreuz sowie dem CJD werden derzeit sieben Einrichtungen durch freie Träger betrieben. Die Stadt selbst betreibt fünf Kindertagesstätten.


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