Was bedeuten die Landtagswahlen vom letzten Wochenende?
Die CDU hat keine Garantie auf das Kanzleramt - so ließe sich der Beginn des Superwahljahres am letzten Wochenende in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz interpretieren. Die Kommunalwahl wirft einen Schatten voraus auf die Bundestagswahl im September. Anhand der Wahlausgänge, die nicht nur die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz und den grünen Ministierpräsidenten Winfried Kretschmann im Amt bestätigten, zeigte sich zugleich, dass bisherige Koalitionen nicht alternativlos sind. Ob sich die Stimmgewinne für die Grünen und die FDP und die Stimmverluste für die CDU als Bundestrend erweisen werden, wird sich zeigen. Die Forsa-Umfragen vom 25. Februar und dem 17. März zeigen zumindest derzeit an, dass die CDU/CSU an Zustimmung verliert und alle anderen Parteien kleinschrittig Prozente zulegen.
Wie aber bewerten hiesige Kommunalpolitiker:innen den Auftakt des Superwahljahres?
Dirk-Frederik Stelling (CDU)
Dem Bremervörder Christdemokrat zufolge „liegen die Ursachen für die bitteren Wahlniederlagen sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene.“ Auf der einen Seite seien „mit Malu Dreyer und Winfried Kretschmann zwei beliebte Regierungschefs wiedergewählt worden“, während die CDU-Landesverbände keine attraktiven Alternativen hätten bieten können. Ebenso hätten die Maskenaffäre wie die Corona-Politik Anteil an den schlechten Ergebnissen für die Union. „Das kriminelle Verhalten einiger Unions-Abgeordneter hat ein schlechtes Licht auf die gesamte Partei geworfen.“ Die Affäre müsse umfassend aufgeklärt werden. Um das Vertrauen der Wähler:innen zurückzugewinnen, setzt Stelling auf mehr Transparenz und eine effektive Bekämpfung der Pandemie.
Sven Anacker (FDP)
Den Liberalen freut zuvörderst, dass „Parteien an den extremen Rändern massiv verloren haben bzw. gar nicht erst in die Landtage eingezogen sind.“ Seine Hoffnung sei „dass sich dieser Trend auch bei der Bundestagswahl im Herbst fortsetzt.“
Darüber hinaus halte er nicht viel davon, im Vorfeld der Bundestagswahl mit „irgendwelchen Farben wie „Ampel“, „Jamaika“, oder welchen auch immer zu spielen.“ Es komme nach einer Wahl darauf an, welche Themen und Positionen zusammenpassen und welche nicht. „Wenn dann etwas Gutes für unser Land bewirkt werden kann, dann sollten wir in eine Regierung eintreten. Regieren um jeden Preis würde weder bei den Wählerinnen und Wählern nicht gut ankommen“, so Anacker.
Berit Nießen-Hohmeyer (SPD)
Die Wahlergebnis stimme die SPD-Vorsitzende des Ortsverbandes Bremervörde „ausgesprochen positiv für die Bundestagswahl.“ Zudem habe es sichtbar gemacht, wie „wichtig Personalentscheidungen in verantwortlicher Position sind,“ so Nießen-Hohmeyer. Dabei denkt sie auch an Olaf Scholz, mit dessen frühen Aufstellung als Kanzlerkandidaten die SPD in der Krise Verlässlichkeit und die Fähigkeit zu „konstruktiver Zukunftsgestaltung“ zeige. Spontanität sei hingegen kein gutes Verhalten in einer Krise, womit sie auf das schlechte Abschneiden des Koalitionspartners in der Regierung anspielt. Zudem liege es nicht in der Natur der Sozialdemokraten, „sich die Taschen vollzumachen“, wie Nießen-Hohmeyer spitz formuliert.
Jochen Hake (Grüne)
„Dass die Grünen in beiden Landtagswahlen sowohl in führender Regierungsverantwortung als auch als kleiner Koalitionspartner gewonnen haben, zeigt die Bedeutung der grünen Themen“, so der grüne Bürgermeisterkandidat Jochen Hake. Daraus schließt er, dass bei der Bundestagswahl auch trotz Pandemie Umweltschutz und grüne Wirtschaftspolitik eine bedeutende Rolle spielen würden. Denn der ökologische Handlungsdruck nehme zu, und der komme jenen zugute, denen die Wähler:innen diesbezüglich „die meiste Kompetenz zuschreiben.“ Das Beispiel Baden-Württemberg zeige, dass „grüne Politik in weiten Kreisen der politischen Mitte mehrheitsfähig ist.“ Eine taktische Rolle als Juniorpartner für SPD oder CDU „mit ihrem ‚ererbten‘ Anrecht auf die Kanzlerschaft“ entspreche nicht mehr den Problemen in der Umwelt, im Sozialen und in der Erhaltung Europas.