Vom Zwerg zwischen zwei Riesen - Dr. Oliver Corff referierte über die Entwicklung der Mongolei
Dass die Mongolei mehr ist, als der legendäre Dschingis Khan, der um 1190 die Stämme des Steppenlandes einte und so die Grundlage für ein riesiges Reich schuf, überraschte dabei nicht.
Die Mongolei kann auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Ihre maximale Ausdehnung zurzeit der goldenen Horde und des Kublai Khan hat bis heute Spuren im Selbstverständnis der Mongolen hinterlassen. Die Tatsache, dass sich das mongolische Reich einst von Polen bis zu Teilen von Vietnam erstreckte, erzeuge nach Worten des Referenten heute noch Wehmut bei den Mongolen.
Doch das Riesenreich hatte keinen Bestand und zerfiel wieder. 1924 gründete sich die Mongolische Volksrepublik, die sich in den sechziger Jahren stark zum nördlichen Nachbarn, den UdSSR, ausrichtete. Der Staat blieb zwar eigenständig, doch man gestattete sogar die Stationierung russischer Truppen im eigenen Land. Im Gegenzug wurden bis in die achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts Chinesen systematisch ausgewiesen.
„Der Zusammenbruch des Ostblocks Ende der achtziger Jahre hatte auch Auswirkungen auf die Mongolei“, so Oliver Corff. Nach langen, friedlichen Demonstrationen und Hungerstreiks der Bevölkerung, trat die damalige Regierung zurück und machte so Platz für die Gründung der heutigen, modernen Mongolei. „Im Februar 1992 wurde eine demokratische Verfassung verabschiedet“, so Corff.
Gleichzeitig begann sich die Mongolei seit ihrer Neugründung, stark auf ihre buddhistische Identität zu besinnen. „Und trotzdem gilt Dschingis Khan seit den neunziger Jahren als Vater der Nation“ - ein Umstand, der unter der Zeit des Einflusses der UdSSR mehr als verpönt war.
Sicherheitspolitisch befinde sich die Mongolei heute in einer schwierigen Situation zwischen der ehemaligen Supermacht Russland im Norden und der neuen Supermacht China als südlichen Nachbarn.
„Allein die Bevölkerungsdichte von nur rund zwei Menschen pro Quadratkilometer macht es unmöglich, eine große Armee zu unterhalten. Für harte Streitkräfte ist schlicht das Geld nicht da“, sagte Oliver Corff. So stehen in der Mongolei nur rund 10.000 Soldaten unter Waffen. „Die Mongolei muss heute sehen, auch die einfachsten Sachen am Laufen zu halten. Das macht zum Beispiel die Sache für die mongolischen Kameraden, die in Afghanistan im Einsatz sind, nicht gerade leichter“, gab der Referent zu bedenken.
Dennoch gelten die Mongolen heute weltweit als besonders engagierte und verlässliche Partner in allen Peace Keeping Operations der Vereinten Nationen.
Derzeit habe die Mongolei beispielsweise 233 Soldaten in Afghanistan im Einsatz, wo sie unter anderem die Feldlager der Bundeswehr bewachen. „Die Mongolen machen da einen tollen Job“, stellte Corff klar.
Auf der Suche nach ihrer neuen Rolle in der Welt und der Region sei in der mongolischen Politik auch lange zum Thema Neutralität geforscht und diskutiert worden. „Aber Neutralität, wie zum Beispiel bei der Schweiz oder Schweden, funktioniert nur, wenn ich ein verlässliches Umfeld habe. In Ostasien ist das Umfeld aber höchstens einigermaßen verlässlich spannungsgeladen“, machte der Referent die Zwangslage des kleinen Staates deutlich.
Um nicht als Pufferstaat zwischen Russland und China ihr Dasein zu fristen, habe sich die Mongolei auf eine Politik der drei Nachbarn ausgerichtet. Das beinhaltet eine starke Zusammenarbeit mit Staaten, wie Deutschland, Japan, Süd-Korea und den USA.
„Die Mongolei hat als funktionierende Demokratie bis heute alle innenpolitischen Probleme immer friedlich lösen können“, gab Oliver Corff zu bedenken. Und die innenpolitischen Probleme sind nicht klein: Neben der wirtschaftlichen Abhängigkeit vom südlichen Nachbarn China kämpft der kleine Staat vor allem mit großen Umweltbelastungen. So habe die mongolische Hauptstadt Ulan Bator eine der höchsten Luftbelastungen mit Schafstoffen überhaupt, ausgelöst vor allem auch durch den gigantischen Bauboom, der das Zentrum der Mongolei „in den letzten 30 Jahren eine fulminante Entwicklung“ habe erleben lassen.
„Es gibt in der Mongolei enorme Aufgaben für die Regierung nach außen wie nach innen. Trotzdem ist es erstaunlich, wie gut die Mongolei international dasteht. Man kann dem Land für die Zukunft nur alles Gute wünschen“, resümierte Oliver Corff abschließend.