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Lena Stehr

Verordnung zum Homeoffice tritt kommende Woche in Kraft

Landkreis. Wie setzen große regionale Unternehmen wie die FAUN Umwelttechnik KG oder die Schröder KG die neue Homeoffice-Verordnung um?
 

„Wenn keine zwingenden betrieblichen Gründe dagegensprechen, müssen Arbeitgeber ihren Beschäftigten Homeoffice anbieten“, sagte Arbeitsminister Hubertus Heil jüngst bei der Vorstellung der neuen Verordnung für mehr Homeoffice, die voraussichtlich am kommenden Mittwoch in Kraft treten und zunächst bis zum 15. März gelten soll. Beschäftigte sind aber nicht verpflichtet, ein Homeofficeangebot anzunehmen oder umzusetzen.
 
Verschärfter Arbeitsschutz
 
Zudem wird auch der Arbeitsschutz verschärft. Werden Räume im Betrieb von mehreren Personen gleichzeitig genutzt, müssen pro Person zehn Quadratmeter Platz zur Verfügung stehen. Sind keine technischen oder organisatorischen Schutzmaßnahmen möglich, müssen Arbeitgebende für die Bereitstellung medizinischer Masken sorgen. In Betrieben ab zehn Mitarbeiter:innen sollen laut Verordnung feste Arbeitsgruppen gebildet werden, um Kontakte zu anderen Kolleg:innen auf ein Minimum zu reduzieren.
 
Mehr Fahrzeuge und mehr Kosten
 
Bei der Diedrich Schröder GmbH & Co. KG in Bremervörde werden sowohl die Arbeitsschutzmaßnahmen als auch die Homeoffice-Verordnung bereits umgesetzt, erklärt Geschäftsführer Dr. Michael Schröder auf ANZEIGER-Nachfrage.
So stelle man den insgesamt knapp 200 gewerblichen Mitarbeiter:innen, die auf den Baustellen im Einsatz seien, FFP2-Masken zur Verfügung und habe unter anderem die Anzahl der Fahrzeuge erhöht, mit denen die Beschäftigten zu ihren Einsatzorten fahren.
Statt vier oder fünf Personen sitzen jetzt nur noch zwei zusammen im Auto, so Schröder. Allein diese Umstellung bedeute für die Firma Mehrkosten in Höhe von rund 48.000 Euro.
Den gut 40 Beschäftigten im Innendienst habe man schon am Anfang der Pandemie Homeofficeangebote gemacht und zudem einen Schichtbetrieb eingeführt sowie Besprechungsräume zu Büros umfunktioniert, um Abstände gewährleisten zu können.
Auch viele Bauleiter:innen könnten vieles von Zuhause erledigen, sagt Schröder. Allerdings bleibe doch einiges auf der Strecke, wenn man Dinge nicht direkt besprechen könne. Er stelle fest, dass die Eskalationsspirale deutlich schneller nach oben gehe, wenn Dinge schriftlich anstatt persönlich auf der Baustelle geklärt würden.
 
Verzögerungen im Arbeitsablauf
 
Ähnlich sieht es auch der Technische Geschäftsführer (COO) der FAUN Umwelttechnik & Co. KG in Osterholz-Scharmbeck, Thorsten Baumeister. Es sei häufig schwierig, wenn Mitarbeiter:innen nicht vor Ort seien, weil es dadurch zu Verzögerungen im Arbeitsablauf kommen könne.
In dem Unternehmen arbeiten rund 550 Mitarbeiter:innen im Produktionsbereich, Homeoffice sei an dieser Stelle ohnehin gar nicht möglich.
Um den Arbeitsschutz an der Stelle zu gewährleisten, seien die Abläufe so umorganisiert worden, dass sich die unterschiedlichen Schichten nicht mehr begegnen. Die Teamleiter:innen achten zudem darauf, dass Abstände am Arbeitsplatz und in den Sozialräumen eingehalten werden, und es gelte natürlich eine Maskenpflicht, so Baumeister.
 
Corona-Fälle eingrenzen
 
So hätten sich auch positive Corona-Fälle, die es im Unternehmen gegeben habe, gut eingrenzen lassen. „Für uns ist neben dem Schutz unserer Mitarbeiter natürlich auch wichtig, dass die Arbeitsfähigkeit sichergestellt ist“, sagt Baumeister.
Das gelte auch für den administrativen Bereich, in dem rund 150 Personen beschäftigt seien. Hier seien Gruppen gebildet worden, die im Wechsel Zuhause und im Büro arbeiten. „Aber nicht alle Beschäftigten arbeiten auch gerne von Zuhause“, sagt Baumeister. Viele würden lieber im Büro sein, um den direkten Kontakt zu den Kolleg:innen nicht zu verlieren.
 
Mischform aus Büro- und Heimarbeit
 
Zu diesem Ergebnis kommt auch die Umfrage der Unternehmensberatung EY Real Estate. Die Hälfte der 1.000 Befragten wünscht sich demnach eine Mischform aus Büro- und Heimarbeit. Nur 14 Prozent würden gerne komplett mit der Arbeit in die eigenen vier Wände ziehen, knapp ein Drittel möchte das nie oder nur in Ausnahmefällen.
Als Vorteil des Arbeitens im Betrieb nannten die Befragten unter anderem den schnellen Zugriff auf alle Unterlagen, eine stabile Internetverbindung sowie die klare Trennung von Privat- und Berufsleben.
Gerade letzter Punkt mag erklären helfen, warum am Anfang der Pandemie 27 Prozent der Beschäftigten ins Homeoffice gingen, im November aber nur noch 14 Prozent, wie eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung Anfang Dezember letzten Jahres darlegte. Während die Maßnahmen vor allem die Menschen zu Hause isolieren, kommen sie bei der Arbeit noch mal raus.
Aber: Ein Prozent der Beschäftigen mehr im Homeoffice, könne die Infektionsrate um 8 Prozent senken, wie Harald Fadinger, Professor für VWL und Business Economics an der Universität Mannheim, im Gespräch mit ZDFheute über eine dazu durchgeführte Studie in der letzten Woche erklärte.
 
Homeoffice oder mobiles Arbeiten
 
Übrigens verwenden die meisten den Begriff Homeoffice falsch. So gibt es einen Unterschied zwischen dem „echten“ Homeoffice, das eigentlich korrekt „Telearbeit“ heißt, und dem, was in Corona-Zeiten umgangssprachlich als Homeoffice bezeichnet wird: dem mobilen Arbeiten.
Telearbeit ist eine dauerhafte Einrichtung, bei der die Arbeitsstättenverordnung gilt. Die Firma muss ihren Telearbeitern somit Zuhause einen vollwertigen Arbeitsplatz einrichten, inklusive Bürostuhl etc.
Das mobile Arbeiten in Corona-Zeiten ist dagegen nur auf die Dauer der Pandemie angelegt, also temporär. Die Arbeitgeber:innen haben damit deutlich weniger Verantwortung für die Ausstattung ihrer Beschäftigten in den eigenen vier Wänden, denn Unternehmen können nicht die Haftung für die Sicherheit eines privaten Heimcomputers, eines Stuhls in einem Café oder eines Tisches in einer Ferienwohnung auf den Kanaren übernehmen.
Grundsätzlich müssen Arbeitgeber:innen aber eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz vornehmen. Sie müssen also insbesondere Arbeitsmittel, Arbeitsplatz und vor allem auch die Arbeitszeit auf potenzielle Gefährdungen für ihre Angestellten untersuchen. Flexibles Arbeiten heißt demnach nicht, dass man rund um die Uhr im Einsatz sein muss. Angestellten stehen regelmäßige Pausen zu, und nach maximal zehn Stunden ist Feierabend.
 


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