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Schwierige Zeiten für Landwirte

Bremervörde/Zeven (eb). In diesem Jahr fand die Mitgliederversammlung des Landvolk Kreisverbandes Bremervörde und Zeven unter den aktuellen Coronabedingungen im Selsinger Hof statt.

Sehr zum Bedauern des Vorstandes musste in diesem Jahr auf die Einladung der Ehrenmitglieder verzichtet werden, da man jedem Mitglied die Möglichkeit zur Teilnahme an der Versammlung ermöglichen wollte und ansonsten die Personenzahl zu hoch gewesen wäre.
Der Landvolkvorsitzende Andreas Heins begrüßte daher die rund 100 Gäste im Saal und blickte auf das Jahr zurück. Zu Beginn konnte er sogleich die gute Nachricht verkünden, dass die Fusion der beiden Verbände Bremervörde und Zeven voraussichtlich noch diesen Monat rückwirkend zum 1. Januar 2020 vollzogen werden könne.
In ihrem Geschäftsbericht ging Geschäftsführerin Dr. Diane Wischner-Pingel auf die vielen Themen ein, die das Landvolk und ihre Mitglieder zurzeit beschäftigen. Themen waren neben den Roten Gebieten und dem Regionalen Raumordnungsprogramm, Suedlink, die Stromtrasse Stade-Landesbergen sowie das Modellprojekt Gnarrenburger Moor. Bezüglich der Wolfsproblematik stellte Wischner-Pingel fest, dass es deutlich ruhiger zuging als noch 2018. „Womöglich liegt es aber auch daran, dass sich ein Gewöhnungseffekt eingestellt hat.“ Sie appellierte an die Mitglieder, jede Wolfsichtung zu melden und verwies noch mal darauf, dass die Präventionsmaßnahmen zu 100 Prozent gefördert würden.
Fest etabliert im Bremervörder Bereich ist der Bauer e.V., der regelmäßig Veranstaltungen für Schulklassen, Kindergärten oder Interessengruppen auf den teilnehmenden Bauernhöfen organisiert. Insgesamt kamen so schon 3.100 Besucher auf die Höfe. Ende 2019 wurde das Zevener Pardon dazu Landwirt e.V. ins Leben gerufen. Der noch junge Verein wurde gleich zu Beginn durch das Corona-Virus ausgebremst, dennoch konnte man mit dem Kartoffeltag und dem Treckergottesdienst auf zwei sehr erfolgreiche Veranstaltungen zurückblicken.
Der Jahresabschluss beider Verbände weist ein Minus von je rund 35.000 Euro auf. Dennoch wolle man in diesen schwierigen Zeiten auf die Erhöhung von Mitgliedsbeiträgen verzichten und sich diese Option fürs kommende Jahr offen lassen.
Nicht nur aufgrund von Corona befinde sich die Landwirtschaft in schwierigen Zeiten, stellte der Kreisverbandvorsitzende Heinz Korte fest. Die Politik stelle der Branche immer neue Hausaufgaben wie mit der neuen Düngeverordnung, dann noch das schlechte Bild der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit und jetzt käme auch noch die afrikanische Schweinepest dazu. „Wir beide steigen in einer Zeit aus in der Landwirtschaft nicht gut dasteht“, bedauerte Korte, der gemeinsam mit Andreas Heins zum 1. Januar 2021 seinen Vorsitz abgeben wird.
Und auch mit dem Präsidenten des Bauerverbandes Joachim Rukwied sei man in Niedersachsen nicht zufrieden. „Unser Präsident hat es sehr schwer, die Interessen aller Bauern in Deutschland zu vertreten. Da würde man sich manchmal etwas mehr Empathie wünschen.“ Da Rukwied aber der einzige Kandidat für die kommende Wahl zum Vorsitzenden ist, gebe es keine Alternative. Dennoch habe der Landesverband Niedersachsen seiner Wiederwahl die Unterstützung entzogen und den Antrag gestellt, dass nicht nur Landesvorsitzende zum Präsidenten des Bauerverbandes gewählt werden dürfen.
Allein schon durch die personellen Querelen sei der Bauerverband in einer unruhigen Zeit, was den Umweltverbänden wie NABU in die Hände spiele. Dem NABU sei es im vergangenen Jahr gelungen, 60.000 neue Mitglieder anzuwerben. „Damit stehen ihnen Gelder zur Verfügung, die sie in ihre Umweltprojekte stecken können, während der Bauernverband seine Mühe und Not hat, sich überhaupt zu finanzieren.“ Deswegen sei es wichtig, dass das Landvolk sich nicht weiter aufspaltet, sondern als eine starke Stimme, die Interessen der Landwirtschaft auf lokaler, Landes- und Bundesebene vertrete.
Die Grußworte des Landkreises überbrachte Sottrums Bürgermeister Hans-Jürgen Krahn in seiner Funktion als stellvertretender Landrat. „Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass uns mal ein Virus in die Knie zwingt“, stellte Krahn fest. Corona überschatte derzeit alles und er wünsche sich die alte normale Normalität zurück. „Aber die Corona-Krise hat auch gezeigt, wir brauchen eine starke Landwirtschaft für die Versorgung unserer Bevölkerung.“ Durch die Grenzschließungen zu Beginn des Jahres wurde die heimische Landwirtschaft systemrelevant und so manch ein Stadtmensch erinnerte sich plötzlich an die großen Landflächen. Dennoch sei Landwirtschaft leider nach wie vor nicht „Mainstream“, dabei würden die Landwirte zahlreiche Maßnahmen für den Umwelt- und Artenschutz ergreifen. „Niemand würde seinen Boden freiwillig schlecht behandeln“, stellte Krahn klar. Mit dem Niedersächsischen Weg würde die Landwirtschaft nun zielgerichtet ihren Weg voranschreiten.
Als Gast in diesem Jahr stellte sich der Vorsitzende des Kreisverbandes Rotenburg-Verden, Jörn Ehlers, vor, der in diesem Jahr seine Kandidatur für den Landesvorsitz bekannt gab.
Offen sprach Ehlers seine Frustration an, dass es jungen Vereinen wie dem LSV gelinge, seine Mitglieder zu aktivieren, während im Landvolk gute Ideen oftmals nicht umgesetzt werden können, weil nicht alle sich engagieren würden. „Es wird für uns nicht einfacher, wenn wir geteilt sind, insbesondere bei den Problemen, die wir haben“, ermahnte er die Mitglieder.
Für Unruhe unter den Landwirten sorgte in jüngster Zeit bei Demonstrationen, dass alte Bauernflaggen von der Politik in die rechte Ecke gedrängt wurden. „Ich selbst stand auch schon unter der schwarzen Flagge und habe Mahnwache gehalten. Und im ostfriesischen Verband haben sie die Flagge sogar im Schaukasten ihres Verbandshauses ausgestellt. Dennoch muss man sich überlegen, wenn diese Farben eine solche Wirkung auf die Öffentlichkeit haben, darauf vielleicht in Zukunft lieber zu verzichten“, riet Ehlers den Mitgliedern.
Mit Sorge blickte er darauf, dass die Politik der Landwirtschaft immer größere Herausforderungen bezüglich des Tier- und Naturschutzes stelle, während die europäischen Nachbarländer mit diesen Auflagen nicht zu kämpfen hätten. „Dadurch wird die Schere in Europa immer größer und die deutschen Landwirte können mit den Preisen in den Nachbarländern nicht mehr mithalten.“ Hier müsste es dringend einen Ausgleich für die Landwirte geben, forderte Ehlers von der Politik.
Verabschieden wollte sich der Kandidat für den Vorsitz des Landesverbandes aber mit guten Nachrichten. So hätte eine Umfrage im Auftrag der Initiative „Echt Grün“ ergeben, dass die Landwirtschaft in Niedersachsen als wichtigster Wirtschaftsfaktor angesehen werde, sogar noch vor der Industrie- und der Automobilbranche. Rund 60 Prozent der Befragten fanden sogar, dass die Landwirtschaft von der Politik stärker unterstützt werden muss und 86 Prozent gaben an, dass die Landwirtschaft hochwertige Lebensmittel herstellt. Und sogar 64 Prozent waren der Meinung, dass die niedersächsische Landwirtschaft umweltbewusst und nachhaltig arbeitet. „Wir sehen also: Die Bevölkerung hat begriffen, dass wir nicht das Problem sind, sondern einen wichtigen Teil zur Lösung beitragen können.“


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