O du fröhliche?
Die Anzeiger-Redaktion hat beim Sozialverband, der IHK, einer Superintendentin und beim SOS-Kinderdorf Worpswede gefragt, wie es mit der Weihnachtsstimmung aussieht.
Finanzielle Sorgen bestimmen den Alltag
Die vielen Krisen und Probleme seien nicht spurlos an den Mitgliedern des Sozialverbands VdK Niedersachsen-Bremen vorbeigegangen, berichtet Sprecher Sören Mundt. Vor allem finanzielle Sorgen und Nöte bestimmten den Alltag vieler Menschen. „Allerdings erleben wir und unsere Ehrenamtler vor Ort auch eine gewisse Solidarität und Zusammenhalt unter unseren Mitgliedern“, so Mundt.
Der VdK möchte in der Vorweihnachtszeit nachdrücklich auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen, älteren Menschen, sozial Benachteiligten und anderen vulnerablen Gruppen aufmerksam machen. Es sei wichtig, als Gesellschaft solidarisch zu bleiben und diejenigen zu unterstützen, die Hilfe benötigen.
„Wenn wir uns einen Weihnachtswunsch aussuchen dürften, wäre es die Schaffung einer Gesellschaft, in der Inklusion und Barrierefreiheit gelebt werden. Eine Gesellschaft, in der keine Gruppe ausgegrenzt wird. Ein Ort, an dem Chancengleichheit, Zugänglichkeit und Respekt für jeden Menschen selbstverständlich sind“, sagt Sören Mundt.
Wirtschaftliche Dynamik nimmt ab
Von Pessimismus und Unsicherheiten geprägt seien die Erwartungen für die Zukunft innerhalb der Mitgliedsunternehmen der IHK. „Die wirtschaftliche Dynamik im Elbe-Weser-Raum nimmt von Quartal zu Quartal ab“, sagt Christoph von Speßhardt, Hauptgeschäftsführer der IHK Stade. Die Unternehmen würden weniger Aufträge erhalten, Investitionen, Exporte und Konsum blieben schwach. Die Betriebe seien vielfältigen Belastungsproben ausgesetzt, von A wie Arbeitskräftemangel über E wie Energiepreise bis hin zu Z wie zuverlässige Wirtschaftspolitik.
Speßhardt möchte deshalb auf die IHK-Imagekampagne „Heimat shoppen“ für den lokalen Einzelhandel hinweisen. „Mit unseren Kaufentscheidungen können wir den lokalen Einzelhandel, Kultur und Gastronomie stärken und so unsere Zentren – das Herz und die Seele unserer Kommunen - erhalten“, sagt Speßhardt. Er wünsche allen im Elbe-Weser-Raum zudem Zusammenhalt, viel Zuversicht und weniger Bürokratie.
Sehnsucht nach Vertrautem
Jutta Rühlemann, Superintendentin im Ev.-luth. Kirchenkreis Osterholz-Scharmbeck, spüre bei den Menschen in den Kirchengemeinden eine große Sehnsucht nach Vertrautem und nach Vergewisserung. Die Traditionen des Advent würden da helfen. In den Gemeinden werde zudem fleißig geprobt und geübt: Krippenspiele, Chorgesänge, Aktionen. „Alle freuen sich auf die vielen Menschen, die am Heiligen Abend in unsere Kirchen kommen“, so Rühlemann. Die Sehnsucht sei da, dass bei allen Katastrophen ein Licht in der Finsternis erscheinen wird. Diese Botschaft setze Kräfte frei und lasse die Menschen Weihnachten als Fest der Hoffnung feiern. Ohne zu vergessen, dass viele Menschen nicht feiern können.
Ihr persönlicher Weihnachtswunsch: Zur Besinnung zu kommen, in einer Zeit, die nervenaufreibend ist, wo Katastrophenmeldungen die Menschen umtreiben, in der Nerven blank liegen und Ungeduld und Unzufriedenheit wachsen. „Alle mal runterkommen und die Sinne schärfen für das, was uns an Weihnachten gezeigt wird: Gott in einem hilflosen Kind. Was es braucht: Ein Dach über dem Kopf, Menschen, die für es sorgen, Essen und Trinken. Den Blick auf das wirklich Wichtige richten“, so Rühlemann.
Weihnachtsstimmung im Kinderdorf
Die rund 100 Kinder und Jugendlichen des SOS-Kinderdorfs Worpswede richten ihren Blick auf das Positive: das anstehende Weihnachtsfest und der Zauber von Weihnachten sei auch bereits deutlich zu spüren, sagt Einrichtungsleiter Joachim Schuch. Das merke man direkt, wenn man auf das Gelände kommt, denn mitten auf dem Dorfplatz steht ein großer geschmückter Tannenbaum, der von Gärtner Bernd immer mit viel Herzblut ausgewählt und aufgestellt werde.
Die Kinder und Jugendlichen selbst verbringen die Vorweihnachtszeit mit basteln, backen oder Filme schauen. Höhepunkt für alle ist dann die große Weihnachtsfeier mit Waffeln, Kinderpunsch und Tanzeinlage. „Die Kinder sind voller Vorfreude, viele trotz der schweren Erlebnisse, die sie in jungen Jahren schon hatten“, sagt Schuch.
Was die Kinder und Jugendlichen sich wünschen unterscheide sich kaum von den Wünschen anderer Kinder. So seien Kuscheltiere, Lego-Sets oder Gutscheine mit dabei. Schuchs persönlicher Wunsch ist da schon etwas tiefgründiger. „Ich wünsche mir für unsere und für alle Kinder vor allem, dass ihr Recht auf Schutz jederzeit gewahrt und die Gesellschaft laut wird, wenn diese Rechte eingerissen werden.“