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Ralf G. Poppe

Eltern und Schulrat schlagen Alarm

„Desolate Unterrichtsversorgung“ an Grundschulen war Thema im Bremervörder Stadtrat.

Eltern und Elternratsvorsitzende kamen zur Stadtratssitzung in Bremervörde, um auf die Missstände an den Grundschulen hinzuweisen.

Eltern und Elternratsvorsitzende kamen zur Stadtratssitzung in Bremervörde, um auf die Missstände an den Grundschulen hinzuweisen.

Bremervörde. Die „desolate Unterrichtsversorgung an den Grundschulen in Bremervörde“ muss korrigiert werden, fordern Eltern und Grundschulrat der Grundschule in Bremervörde-Engeo. Wenige Tage vor der Stadtratssitzung seien die Eltern der Grundschüler:innen darüber informiert worden, dass im kommenden Schuljahr für die 13 Grundschulklassen lediglich zehn Lehrkräfte zur Verfügung stünden. Aus diesem Grund würden jeweils eine zweite, dritte und vierte Klasse nach dem derzeitigen Stand der Dinge keine/n „Klassenlehrer/in“ erhalten können.

 

„Brandbrief“ ans Kultusministerium

 

Von der Landesschulbehörde angekündigte Abordnungen von Lehrkräften der angrenzenden Haupt- und Realschulen seien keine geeignete Lösung, gab Ratsfrau Kristin Harms (CDU) zu bedenken. Bildung sei zwar Ländersache, dies jedoch kein Grund, untätig zu bleiben. So bat sie Bürgermeister Hannebacher, ein „Brandbrief“-Schreiben aufzusetzen, aus dem deutlich hervorginge, dass die Stadt nicht länger bereit sei, aktuelle Missstände zu dulden.

Maren Meinke (Fraktion Die Grünen / FDP) stimmte dem zu und verwies obendrein darauf, dass es an den Schulen bereits lichterloh brenne. Wer kinderfreundlich sein sowie Familien mit berufstätigen Eltern haben wolle, müsse investieren, betonte die hauptberuflich als Lehrerin tätige Ratsfrau in Richtung der niedersächsischen Landesregierung. Auch Lars Lust (SPD), ebenfalls Lehrer, stimmte den ausgeführten Aussagen zu. Er hoffe, dass der Antrag in Lüneburg und Hannover erhört werden wird.

 

Energische Elternvertreterinnen

 

Anschließend wurde die Sitzung kurzzeitig unterbrochen, damit die zahlreich anwesenden Eltern und der Grundschulelternrat sich selbst zur Thematik äußern konnten – was Gästen im Verlaufe einer Sitzung ansonsten nicht gestattet ist. „In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, warum wird nichts für unsere Kinder, die `unsere Zukunft ´darstellen, getan?“, zitierte Eltern-Vertreterin Jennifer Busch aus einem Schreiben des Elternrats, dessen Elternratsvorsitzende Martina Apicella ebenfalls anwesend war. Zur Unterstützung verweise das Kultusministerium auf sogenannte „Feuerwehr“-Lehrkräfte, die einen Bachelorabschluss hätten und befristet von August bis Juni eingestellt würden – die jedoch während der Sommerferien arbeitslos seien. „Aber welcher Bachelorabsolvent gibt eine `gut´ bezahlte, vermutlich unbefristete Tätigkeit auf, um befristet in den Schuldienst zu gehen?“, so Busch weiter. An den Berufsbildenden Schulen gäbe es den Quereinstieg mit dem Bachelor in den niedersächsischen Schuldienst. Warum gelte das nicht für den Grundschulbereich? Laut Aussage des Kultusministeriums würde diesbezüglich gerade eine Möglichkeit mit den Hochschulen entwickelt, die jedoch frühestens 2024/25 umgesetzt werden könne. Bis dahin würden weitere Lehrkräfte fehlen.

Ob sich die Situation so schnell verbessern ließe, sei fragwürdig. In Bremervörde gäbe es jedoch mindestens zwei bis drei erfahrene Bachelorabsolventen aus dem pädagogischen Bereich, die gern den Quereinstieg in das Lehramt an der Grundschule absolvieren würden. Und, so Busch weiter, die sofort zur Verfügung stünden: „Aber das ist vom Regionalen Landesamt für Schule und Bildung nicht gewünscht.“ Zur Unterstützung hätten die Eltern der Grundschulkinder pädagogische Fachkräfte (Erzieher, Sozialpädagogische Assistenten) akquiriert, für die leider lediglich geringe finanzielle Mittel zur Verfügung stünden. Daher wurden ihnen nur Arbeitsverträge mit fünf bis dreizehn Stunden angeboten. „Dies ist für qualifizierte Fachkräfte zum größten Teil nicht interessant.“

 

Gemeinsam laut werden

 

Petra von Reith, Mutter eines Zweitklässler-Kindes, äußerte den Wunsch, dass Rat und Verwaltung zusammenhalten mögen, um gemeinsam zum Wohle der Grundschulen in Niedersachsen „laut“ zu werden. Mit einem Appell zur Unterstützung an Bürgermeister Michael Hannebacher schloss sie ihre Ansprache.

Hannebacher dankte Eltern und Ratsmitgliedern für ihr Engagement. Das zahlreiche Erscheinen der Eltern verdeutliche die Dringlichkeit der Situation, die nicht nur bedenklich, sondern außerordentlich besorgniserregend sei. Als Adressaten für den unisono von ihm erbetenen „Brandbrief“ sehe er die Landesregierung sowie das Kultusministerium in Hannover. Auf telefonische Nachfrage zeigte sich Martina Apicella Tage später mit den Reaktionen aus Politik und Verwaltung zufrieden. Der Elternrat hätte es innerhalb weniger Tage geschafft, eine große Aufmerksamkeit auf die mangelhafte Unterrichtsversorgung zu lenken.


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