Die Schnelllebigkeit von Mode
Es ist der 24. April 2013. In Savar in Bangladesch befinden sich tausende Menschen in einem fünfstöckigen Gebäude um zu Arbeiten. Ihr Job? Sie produzieren Kleidung für große Unternehmen. Zunächst scheint es für die Arbeiter:innen ein Tag wie jeder andere zu sein. Das Kind am Nachbartisch näht ein T-Shirt, die Luft ist schlecht und die Menschen husten von den ganzen Chemikalien. Plötzlich kracht es laut und das Gebäude fällt schneller in sich zusammen, als das sich die Menschen retten können, auch wegen der nicht vorhandenen Fluchtwege. An diesem Tag wurden mehr als 1.100 Menschen unter den Trümmern der Fabrik verschüttet und verloren ihr Leben, mehr als 2.400 wurden schwer verletzt. Aufgrund von Rissen im Gebäude verbot die Polizei bereits am Vortag den Zutritt zu der Fabrik, trotzdem befanden sich knapp 5.000 Menschen zum Zeitpunkt des Einsturzes im Inneren, um Billigmode zu produzieren. Die Überlebenden standen vor dem wirtschaftlichen Ruin. Näher:innen sind häufig die Alleinverdiener:innen.
Probleme mit Fast Fashion
Bei Fast Fashion handelt es sich um möglichst billig und schnell hergestellte Kleidung. Für die Modeunternehmen bedeutet das einen enormen wirtschaftlichen Vorteil. Das Problem: Die Näher:innen leiden unter den Arbeitsbedingungen. Die meisten Unternehmen setzen auf billige Arbeitskräfte. Sie werden häufig ausgebeutet und nicht fair bezahlt . Auch das Thema Sicherheit scheint keine große Rolle zu spielen: Die Arbeiter:innen sind Chemikalien ausgesetzt, die in die Atemwege gelangen können. Kinderarbeit ist an der Tagesordnung. Wegen ihrer kleinen Hände eignen sich Kinder für Präzisionsarbeit. Zudem können sie weit unter dem Mindestlohn bezahlt werden. Durch die Kinderarbeit leiden viele unter Bildungsmangel, da sie keine Zeit haben, in die Schule zu gehen. Das führt später dazu, dass auch sie als Erwachsene in die Armutsfalle geraten und ihre Kinder ebenfalls arbeiten müssen - ein Teufelskreis. Da es in den Fabriken nur wenige Kontrollen gibt und die Lieferketten komplex sind, kommen die Firmen oft leicht davon.
Umweltschäden
Nicht nur die Näher:innen leiden unter der Fast Fashion-Industrie, auch die Umwelt und andere Bürger:innen. Die eingesetzten Chemikalien werden häufig in Flüssen entsorgt. Menschen sind auf das Wasser zum Trinken oder zur Bewässerung von Feldern angewiesen. Das verunreinigte Wasser zieht Krebserkrankungen und andere Leiden mit sich. Durch die Textilindustrie werden jährlich 1,2 Billionen Tonnen CO2 freigesetzt - mehr als durch den internationalen Flugverkehr. Somit kommen zehn Prozent der weltweiten Emissionen aus der Modebranche. Ein großer Teil der Kleidung wird in Indien und China hergestellt. Länder, die auf Kohlekraft setzen.
Die Emissionen hängen jedoch von Material und Herstellung ab. Ein T-Shirt aus Polyester beispielsweise ist synthetisch und damit hoch umweltschädlich. Es setzt etwa 5,5 Kilogramm CO2 frei. Ein Baumwollshirt liegt bei ungefähr 2 Kilogramm, doch die Baumwolle wird extra angepflanzt und benötigt eine künstliche Bewässerung, die zu Versalzung und Erosion im Boden führt.
Veränderung nach dem Einsturz
Der Einsturz des Fabrikgebäudes in Savar löste eine weltweite Debatte über die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie aus. Die Menschen machten sich mehr Gedanken darüber, wo und wie ihre Kleidung produziert wird. Die großen Firmen, die in der Fabrik ihre Kleidung produzieren ließen, gerieten zunehmend unter Druck. Deshalb zahlten sie in einen Hilfsfonds ein, der von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) koordiniert wurde. Es kamen mehr als 30 Millionen US-Dollar zusammen, die an etwa 2.800 Betroffene gingen.
Auch die arbeitsrechtlichen Standards sollten von nun an besser überwacht werden. Zumindest in Bangladesch selbst haben sich die Arbeitsbedingungen etwas verbessert. Besitzer:innen von Textilfabriken wurden dazu verpflichtet, Sicherheits- und Gesundheitsstandards einzuführen. Ein Abkommen über Brandschutz und Gebäudesicherheit wurde im Mai 2013 von 200 Textilunternehmen unterzeichnet. Zusätzlich hat die ILO über 200 Inspekteurinnen ausgebildet, die die neuen Sicherheitsstandards überprüfen sollen. Auch Schulungen zur Gesundheit am Arbeitsplatz wurden angeboten. Der Mindestlohn wurde leicht angehoben, auf umgerechnet 60 Euro im Monat, was vergleichsweise noch immer niedrig ist.
Ein Problem, aufgrund dessen sich die Initiativen nicht international durchgesetzt haben, sind steigende Kosten. Wenn mehr Geld in verbesserte Arbeitsbedingungen und höhere Löhne gesteckt werden, wird dementsprechend auch das Endprodukt teurer. Verbraucher:innen sind davon nicht begeistert.
Was kann ich tun?
Dadurch, dass die Fast Fashion-Industrie weltweit agiert und beinahe jedes große Unternehmen dort seine Finger im Spiel hat, scheint es für Verbraucher:innen auf den ersten Blick kaum möglich, kein Teil des Ganzen zu sein. Doch jede:r kann etwas tun und auf sogenannte Slow Fashion setzen. Das bedeutet nicht nur, dass man auf nachhaltig hergestellte Mode achtet, sondern lernt, seine vorhandene Kleidung wertzuschätzen und den Kaufkonsum einschränkt. Das geht zum Beispiel, indem man langlebige Kleidung kauft, nicht jeden Trend mitnimmt oder Sachen, die nicht länger benötigt werden, tauscht oder spendet.
Mit einem besseren Bewusstsein für diese möglicherweise unwichtig erscheinenden Dinge kann man die Welt schon ein kleines Stückchen fairer machen.
Quellen: Public Eye, bpb, CareElite, Endlich Grün