Das Leid des Krieges

pvio 57

Die Kinder-und Jugendautorin Kirsten Boie war in der IGS zu Gast und hat aus ihrem Roman „Heul doch nicht, du lebst ja noch“ vorgelesen.

Kirsten Boie bei ihrer Lesung an der Integrierten Gesamtschule Osterholz.

Kirsten Boie bei ihrer Lesung an der Integrierten Gesamtschule Osterholz.

Bild: Pvio

Osterholz-Scharmbeck. „Wenn er sterben muss, will er sich nicht auch nicht verachten müssen“, denkt Jakob. Jakob ist ein jüdischer Junge, der sich kurz nach dem Zweiten Weltkrieg noch weiterhin versteckt hält. Er hat Hunger - der Grund, warum er übers Sterben nachdenkt. Jakob ist eine Figur aus dem Buch „Heul doch nicht, du lebst ja noch“ von Kirsten Boie, die in der letzten Woche in der IGS zu Gast war, um dort aus ihrem Buch vorzulesen. Zugehört haben ihr Schüler:innen aus den Stufen 5 bis 7. Am sogenannten Chaostag - an dem die Abschlussklasse an der Schule für ordentlich Unterhaltung sorgt.

Es mag bestimmt einigen Schüler:innen der Kontrast zu den Figuren in Boies Roman aufgefallen sein: Dass hier, in Osterholz-Scharmbeck im Jahr 2023, Chaos Spaß und Freude und dort, im zerstörten Hamburg im Juni 1945, das Chaos den Jugendlichen Angst und Verzweiflung bereitet.

Doch die Gründe für die Angst und Verzweiflung variieren unter den Figuren in Boies Roman. Während der sich in Trümmern versteckende Jakob Angst vorm Verhungern hat, verzweifelt Traute in Anbetracht der Enge in ihrem Zuhause. Bei ihrer Familie leben viele Flüchtlinge aus den Ostgebieten. Und Hermann, der ehemalige HJ-Führer, der zum Volkssturm wollte, dessen Mutter ihn aber nicht ließ und dessen Nazi-Vater seine Beine im Krieg verloren hat, muss mit der Niederlage der Nazis und dem zum Pflegefall gewordenen Vater klarkommen.

Das Buch besticht durch diese verschiedenen Perspektiven: Es fordert dadurch auch von den Lesenden, eine Haltung einzunehmen.

 

Nahbare Autorin

 

Die Gründe dafür, dass Kirsten Boie eine erfolgreiche Kinder-und Jugendbuchautorin ist, merkt man auch schnell in der IGS, während die Autorin vorliest. Ihre Sprache trifft den richtigen Ton, der die zuhörenden jungen Menschen von Beginn an fesselt.

Ihre Figuren sind lebendig, mit viel Empathie gezeichnet. Niemand stört, kein „Psst“ von Lehrer:innen ist nötig. Alle hören zu und sind interessiert.

Nach dem Vorlesen dürfen die Schüler:innen Fragen stellen. Dabei zeigt sich Boie als nahbare Autorin, die mit Humor persönliche Einblicke in ihr Leben als Lehrerin und Schriftstellerin gibt. Aber auch darin, wie sie, die 1950 in Hamburg geboren wurde, noch auf Trümmerfeldern gespielt habe und mit den Geschichten aus dem Krieg aufgewachsen sei.

Geschrieben habe sie das Buch, um Einsichten in das Leid festzuhalten, das ein Krieg verursacht; um die innere Haltung gegen ihn und die Menschenfeindlichkeit, die ihm vorausgeht, bei jungen Menschen zu stärken.