Appeasement statt Konsequenz gegenüber dem Iran

Debora Eller 136
Vor zwei Jahren entzündeten sich im Iran die Frauen Leben Freiheit Proteste, mit denen sich auch die Bundesregierung solidarisierte. Doch feministischer Außenpolitik zum Trotz, betreibt Deutschland weiter fatale Iran-Politik, kommentiert Debora Eller.

Bild: Pvio

Vor zwei Jahren, am 16. September 2022 starb Jina Mahsa Amini in Teheran, nach dem sie von der iranischen Sittenpolizei festgenommen und wahrscheinlich getötet wurde. Infolgedessen kam es zu landesweiten Protesten gegen das Islamische Regime im Iran, bei denen mehrere hundert Menschen getötet und tausende verhaftet wurden. Die Protestierenden kämpfen vor allem für Frauenrechte. Angesichts der 2021 im Koalitionsvertrag festgelegten feministischen Außenpolitik der Bundesregierung wäre eine entsprechende deutsche Iranpolitik zu erwarten.

In einem Leitlinienpapier des Auswärtigen Amtes lobt Annalena Baerbock noch den Mut der Protestierenden im Iran. Eine feministische Außenpolitik bedeute für die Bundesregierung primär eine erhöhte Teilhabe und Repräsentation von Frauen, wovon man sich einen Vorteil für sicherheitspolitische Verhandlungen verspricht (hier folgt man wohl dem Stereotyp der friedensorientierten Frau).

Mehrfach entlarvt sich das Papier jedoch unfreiwillig selbst, wenn es „Prinzipienfestigkeit und Pragmatismus“ beteuert. Inwiefern sich tatsächliche feministische Bestrebungen, also die Befreiung der Frau, mit der deutschen Appeasement-Politik gegenüber dem Iran vereinbaren lassen, ist zweifelhaft. Aktuell werden außen- und sicherheitspolitische Interessen in der Iranpolitik gegeneinander ausgespielt.

Verfechter:innen der Appeasement-Politik behaupten, dass eine offene Unterstützung des Widerstandes im Iran und entsprechende Sanktionen eine erfolgreiche Verhandlung über ein Atomabkommen verhindere. Kritiker:innen weisen darauf hin, dass fortdauernde Verhandlungen und Treffen zwischen Deutschland und dem Iran dem Islamischen Regime hingegen noch Legitimation verschafften, einer Isolation des Iran im Weg stünden und so das Regime stützten.

Der angekündigte „Pragmatismus“ der feministischen Außenpolitik bezieht sich dabei vor allem auf die Menschenrechtsfrage, bedenkt man den nur zaghaften Einsatz für deutsch-iranische politische Gefangene im Iran und die indirekte Terrorunterstützung durch finanzielle Ressourcen, ist doch Deutschland der wichtigste EU-Handelspartner des Iran.

Dabei scheitert die Iranpolitik nicht nur an ihrem halbherzigen Umgang in Menschenrechtsfragen, sondern auch in Sicherheitsfragen: Der Iran ist dem Bau von Atomwaffen näher denn je. Es wäre höchste Zeit, sich zu fragen, ob diplomatische Verhandlungen über Menschenrechtsverletzungen mit religiösen Fundamentalisten aussichtsreich seien können. Denn abgesehen von der Misogynie und dem Anti-Modernismus des Islamischen Regimes ist es ihr fanatischer Vernichtungsantisemitismus, der jeglicher Appeasement-Politik entgegenstehen sollte.

Die Strategie der Bundesregierung geht nicht auf. Während sie wichtige Sanktionshandlungen, wie etwa die Terrorlistung der Islamischen Revolutionsgarde oder eine Erhöhung des ökonomischen Drucks, unterlässt, um das Regime nicht zu verschrecken, kann dieses ohne wirksame Interventionen westlicher Staaten die eigene Bevölkerung tyrannisieren und Terrorhandlungen gegenüber Israel unterstützen und planen.

Abseits ihrer Rhetorik ist die aktuelle Iranpolitik wenig feministisch, dafür aber vor allem eines: fahrlässig.