Gesetz lässt Köpfe rauchen

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Kiffen ist seit dem 1. April legal. Doch sowohl bei Konsumentinnen und Konsumenten als auch bei Behörden sind noch viele Fragen offen.

Bild: Frank Harms

Seit dem 1. April ist das neue Cannabis-Gesetz (CanG) in Kraft, das den privaten Anbau durch Erwachsene zum Eigenkonsum sowie den gemeinschaftlichen, nicht-gewerblichen Anbau von Cannabis in Vereinen legalisiert. Während es für Apotheken nun einfacher wird, Cannabis als Medizin abzugeben, ist der legale „Spaß“-Konsum doch recht kompliziert.

 

Vereine brauchen Betriebserlaubnis

 

Wer nämlich glaubt, jede/r könne nun ganz einfach Cannabis kaufen und überall einen Joint rauchen, der irrt. Zunächst einmal treten die Regelungen, die die Anbauvereine (Cannabis Social Clubs) betreffen, erst zum 1. Juli in Kraft. Erst ab dann kann eine Betriebserlaubnis als Verein oder Genossenschaft beantragt werden - bei welcher Behörde das passieren soll, ist noch nicht klar.

Momentan gibt es zwei eingetragene Cannabis Social Clubs in der Region, den Cannabis Social Club Nordheide e.V. in Buchholz (Landkreis Harburg) und den Cannabis Social Club WERDERHIGH e.V. aus Bremen.

Der Deutsche Hanfverband (DHV) weist darauf hin, dass mindestens sieben geschäftsfähige Gründungsmitglieder nötig sind, die auf einer Gründungsversammlung einen Vorstand wählen und eine Vereinssatzung beschließen. Anschließend muss der Verein beim zuständigen Amtsgericht registriert werden.

Wer einen Anbauverein gründen möchte, sollte nun eine Art Businessplan erstellen und nach einem geeigneten Ort für Anbau und Abgabe der Ernte an Mitglieder suchen. Ist dann der Antrag gestellt, hat die Behörde drei Monate Zeit, diesen zu prüfen.

 

Strenge Auflagen für die Abgabe

 

Anbauvereine dürfen höchstens 500 Mitglieder haben, die alle beim Anbau mithelfen und volljährig sein sowie ihren Wohnsitz in Deutschland haben müssen. Die Abgabe von Hanfblüten und Haschisch ist erlaubt, es dürfen aber keine fertigen Joints oder so genannte Edibles (zum Beispiel Hasch-Kekse) verkauft werden. Der Verkauf an Mitglieder mit einem Preis pro Gramm ist unzulässig, stattdessen gibt es feste Bezugsmengen in unterschiedlichen Beitragskategorien. Maximal dürfen 50 Gramm pro Mitglied pro Monat abgegeben werden, maximal 25 Gramm am Tag. Wer zwischen 18 und 21 Jahre alt ist, bekommt nur 30 Gramm pro Monat mit höchstens 10 Prozent THC-Gehalt. Stecklinge und Samen zum Eigenanbau dürfen auch an Nicht-Mitglieder verkauft werden.

Der Konsum von Cannabis im Verein, in angrenzenden Räumlichkeiten und in Sichtweite vom Eingang (max. 100 Meter) ist nicht erlaubt. Zudem muss grundsätzlich beim Kiffen in der Öffentlichkeit ein Abstand von 100 Metern zu Schulen, Kitas und Spielplätzen eingehalten werden. Das Kiffen in Gegenwart von Kindern ist grundsätzlich verboten und auch in Fußgängerzonen darf zwischen 7 und 20 Uhr kein Cannabis konsumiert werden. In Raucherkneipen können die Inhaber:innen entscheiden. Ob an Bahnhöfen in Raucherbereichen auch gekifft werden darf, wird derzeit von der Bahn geprüft.

 

Zuständigkeiten sind noch nicht geklärt

 

Es gilt also einiges zu beachten, wenn man künftig legal kiffen möchte und Konsumentinnen und Konsumenten könnten leicht gegen Regeln verstoßen. Doch wer überprüft die Einhaltung der vielen Regeln? Das wissen selbst „die Behörden“ nicht. „Alles, was wir bisher wissen, wissen wir nur aus der Presse“, sagt zum Beispiel Rotenburgs Landrat Marco Prietz. Es sei völlig unklar, wie Niedersachsen das Bundesgesetz umsetze. Welche Ebene (Land, Landkreis oder Kommune) dann welche Aufgabe bekomme, wisse niemand.

Auch die Polizei muss sich auf die neue Situation noch einstellen. „Wir müssen innerhalb der Polizei erst einmal einen roten Faden zu diesem Thema finden“, sagt Heiner van der Werp, Pressesprecher der Polizeiinspektion Rotenburg. Einige der Vorschriften, etwa die Abstandsregeln zu bestimmen öffentlichen Einrichtungen, stellten die Beamten durchaus vor Herausforderungen. „Das werden wir natürlich nicht mit dem Lineal machen“, sagt van der Werp. „Ich möchte auch gerade nicht in der Rolle der Kollegen stecken, die das bewerten müssen. Ich denke, das Ganze ist erstmal als Anlaufphase zu sehen.“

 

Im Straßenverkehr gilt die alte Rechtslage

 

„Alle sind noch ein Stück weit verunsichert“, sagt der Polizeihauptkommissar. Das dürfte sowohl für die Polizei, als auch für Konsumenten gelten. Für einen neuen THC-Grenzwert im Straßenverkehr gibt es zwar einen Vorschlag. Beschlossen ist aber noch nichts - bisher ist die Rechtslage also unverändert. Wie laufende Verfahren gehandhabt werden, wenn der neue Grenzwert kommt, weiß noch niemand. Unklar ist auch, ob neue Schnelltests für Verkehrskontrollen gebraucht werden. Aktuell wird bei Kontrollen zunächst ein Urintest verwendet, der lediglich ein positives oder negatives Ergebnis zeigt. Über die Konzentration des Wirkstoffs THC gibt er keinen Aufschluss - diese muss im Falle eines positiven Ergebnisses erst noch mit einem Bluttest ermittelt werden. In Thüringen hat Innenminister Georg Maier (SPD) bereits angekündigt, Tests für die Polizei beschaffen zu wollen, die den THC-Wert im Blut über den Speichel bestimmen sollen.