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Joerg Monsees

Irrtümer bei Vorsorgedokumenten Defizite in der Vorsorge könne große Schwierigkeiten bedeuten

(PREVAGO). Statt der Ehefrau wird ein unbekannter gesetzlicher Betreuer als Vormund für ihren an Demenz erkrankten Mann bestellt. Kinder verwaisen und kommen statt zu vorhandenen Paten oder der Familie ins Heim. Vorsorgedokumente greifen nicht mehr, weil sie veraltet sind. Warum diese Situationen entstehen und wie man sie verhindern kann, erklärt die Rechtsanwältin Dr. Christina Bongartz und räumt mit den vier größten Irrtümern zum Thema Vorsorgedokumente auf.
Irrtum Nummer 1: Wenn mein Ehepartner geschäftsunfähig / entscheidungsunfähig wird, werde ich automatisch als Vormund eingesetzt.
Die meisten Menschen gehen davon aus, dass ihre Angehörigen bzw. Ehepartner sie im Falle einer Geschäftsunfähigkeit oder Entscheidungsunfähigkeit automatisch vertreten dürfen. Doch wer aufgrund von Unfall, Krankheit oder Alter in eine solche Situation gerät, sollte unbedingt mit einer Vorsorgevollmacht vorgesorgt haben. Liegt diese nicht vor, so entscheidet das Betreuungsgericht darüber, wer sich um die privaten Angelegenheiten, insbesondere auch um die Vermögensangelegenheiten, des Betroffenen kümmern soll. Dies kann ein naher Angehöriger wie der Ehepartner sein – es kann aber auch ein fremder Dritter zum so genannten gesetzlichen Betreuer bestellt werden. Wurde nicht mit einer Vorsorgevollmacht zur rechten Zeit vorgesorgt, haben die Angehörigen nunmehr keinen Einfluss mehr auf die Entscheidungen des gesetzlichen Betreuers.
Um auf Nummer-Sicher zu gehen, empfiehlt es sich, rechtzeitig eine Vorsorgevollmacht mit integrierter Betreuungsverfügung anzulegen. Hiermit kann die Bestellung eines gesetzlichen Betreuers verhindert oder der vom Gericht zu bestellende Betreuer bereits festgelegt werden.
Irrtum Nummer 2: Wenn beide Elternteile minderjähriger Kinder sterben, werden die Paten bzw. das nächststehende Familienmitglied automatisch zum Vormund.
Als Vater oder Mutter möchte man stets nur das Beste für die eigenen Kinder. Doch was passiert, wenn den Eltern etwas zustößt und minderjähriger Nachwuchs zurückgelassen wird? Hier ist es von hoher Wichtigkeit, dass eine Sorgerechtsverfügung eingerichtet wurde, um den zurückgelassenen Kindern weiteres Leid ersparen zu können.
Denn fehlt eine Sorgerechtsverfügung, entscheiden Familiengericht und Jugendamt darüber, wo die noch nicht volljährigen Kinder am besten untergebracht sind und wer die Vormundschaft übernimmt. Zuvor werden das Jugendamt und in der Regel auch Verwandte der Kinder angehört. Zwingend ist dies allerdings nicht. Ebenfalls ist das Familiengericht keineswegs verpflichtet, die Großmutter, einen Paten, eine Tante oder einen Onkel der Kinder als Vormund auszuwählen. Vielmehr trifft der Richter in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt eine eigene Ermessensentscheidung. Der Richter muss eine Person auswählen, die ihm nach den persönlichen Verhältnissen und der Vermögenslage sowie nach den sonstigen Umständen als Vormund geeignet erscheint. Hält der Richter hingegen keine Person für geeignet, kann er einen Vereinsvormund oder das Jugendamt zum Vormund bestellen. Die minderjährigen Kinder werden dann bei einer Pflegefamilie oder in einem Heim untergebracht. Großeltern, Paten, Onkel, Tante haben keine Handhabe.
Glücklicherweise haben Eltern das Recht im Vorfeld darüber zu entscheiden, wer sich im Falle eines Falles nach ihrem Ableben um die Kinder kümmern soll. Nach dem Tod der Eltern ist das Familiengericht an diese Entscheidung gebunden. Es wird zwar trotzdem eine Vormundschaft angeordnet, jedoch wurde die Entscheidung mit einer rechtsgültigen Sorgerechtsverfügung bereits von den verstorbenen Eltern getroffen.
Irrtum Nummer 3: Wenn eine Patientenverfügung vorliegt, handeln die Ärzte immer nach den darin formulierten Wünschen.
Die Vorstellung, dass mit einer Patientenverfügung vorgesorgt wurde und trotzdem nicht nach den Wünschen des Betroffenen gehandelt werden kann, ist beängstigend. Dass es dazu kommt, hängt oft mit nicht rechtssicheren Vordrucken aus dem Internet, fehlender Prüfung auf Vollständigkeit und versäumter Registrierung im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer zusammen.
Die Patientenverfügung ist nur rechtsverbindlich, wenn sie konkrete Behandlungsentscheidungen beinhaltet. Die schriftliche Äußerung, „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wünschen, ist als Richtlinie sinnvoll, entfaltet für sich alleine aber noch keine Bindungswirkung. Erforderlich ist eine Konkretisierung wie zum Beispiel die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder Behandlungssituationen. So können eine künstliche Ernährung, künstliche Beatmung, Versuche der Wiederbelebung, künstliche Flüssigkeitszufuhr etc. explizit und bindend untersagt werden.
Irrtum Nummer 4: Ich habe vor Jahren alle notwendigen Vorsorgedokumente angelegt und bin nun rundum abgesichert.
Vorsorge ist gut. Doch, wenn niemand davon weiß, hilft das nur wenig. Daher sollten die errichteten Vorsorgedokumente immer im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden. Dies ist zwar kostenpflichtig, lohnt sich aber. Im Falle eines Falles wird routinemäßig beim Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer abgefragt, ob eine Patientenverfügung, eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung vorliegt. Außerdem wird abgefragt, wer der benannte Bevollmächtigte ist. Darüber hinaus kann dokumentiert werden, wo die Vorsorgedokumente im Original hinterlegt sind.
Denn auch der Aufbewahrungsort für die Originale der Vorsorgedokumente sollte wohl überlegt sein. Im Safe, in der untersten Schublade des Schreibtischs, in einem eigens dafür erstellten Ordner? Aufgrund der Sensibilität der Daten sollten die Vorsorgedokumente auf keinen Fall offen herumliegen. Auch eine vorzeitige Übergabe an die benannte bevollmächtigte Person ist trotz Vertrauensbasis nicht unbedingt empfehlenswert, da es den Widerruf oder spätere Änderungen erschwert. Am besten sollten die Originale der erstellten Vorsorgedokumente bei einer offiziellen Stelle hinterlegt werden, ein Service den auch PREAVAGO anbietet. Wenn der Notfall eintritt und selbiger mit ärztlichem Attest belegt ist, werden die originalen Vorsorgedokumente an den Bevollmächtigten herausgegeben.
Nicht zuletzt sollten die Vorsorgedokumente regelmäßig kontrolliert werden. Denn jeder kennt es: Nach einigen Jahren weiß man gar nicht mehr so genau, was dort eigentlich drin steht. Daher sollten die Unterlagen in regelmäßigen Abständen vom Verfasser auf Aktualität und Richtigkeit geprüft werden. Habe ich eine neue Anschrift? Ist mein Bevollmächtigter verzogen? Besteht weiterhin die Vertrauensbasis zu meinem Bevollmächtigten oder ist dieser gar verstorben? Möchte ich im Notfall doch lieber künstlich ernährt werden?
Auch eine juristische Prüfung kann von Zeit zu Zeit sinnvoll sein, denn besonders auf dem Rechtgebiet der juristischen Vorsorge finden immer wieder grundlegende Gesetzesänderungen und neue Rechtsprechungen statt, denen die angelegten Vorsorgedokumente entsprechen sollten.


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