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Neues aus dem Arbeitsrecht - Diese Urteile und Regelungen müssen 2020 beachtet werden

Erhöhung gesetzlicher Mindestlohn
Seit dem 01.01.2020 hat sich der gesetzliche Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz von 9,19 Euro auf 9,35 Euro erhöht. Insbesondere geringfügig Beschäftigte bzw. deren Arbeitgeber sollten diese Änderung beachten. Denn: Wird die bisherige Zahl der Arbeitsstunden beibehalten, könnte dies durch die Erhöhung des Stundensatzes schlimmstenfalls dazu führen, dass die 450,- Euro-Grenze überschritten wird. Folge wäre dann ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis mit den daraus resultierenden Konsequenzen.
Kein automatischer Verfall des Resturlaubs am Jahresende
Im deutschen Recht galt bislang der Grundsatz, dass der dem Arbeitnehmer zustehende Urlaub eines Kalenderjahres bis zum 31.12. des jeweiligen Jahres genommen werden musste, um nicht zu verfallen. Der Urlaub wurde nur dann in das neue Jahr übertragen, wenn es hierfür dringende Gründe gab oder wenn in einem Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung eine ausdrückliche Regelung zur Übertragung des Resturlaubs auf das Folgejahr getroffen wurde; auch für den Krankheitsfall gab es Ausnahmen.
Das Bundesarbeitsgericht hat den Grundsatz, dass der Urlaub nach dem 31.12. des jeweiligen Jahres verfällt und nur in Ausnahmefällen ins Folgejahr übertragbar ist, jetzt jedoch für den gesetzlichen Mindesturlaub durch eine Entscheidung aus dem vergangenen Jahr aufgeweicht. Es entschied, dass Urlaubsansprüche nur dann verfallen können, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen. Auch muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer klar und rechtzeitig darauf hingewiesen haben, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres erlischt (Urteil vom 19.02.2019, Az.: 9 AZR 541/15).
Arbeitgeber, die sich auf einen Verfall von Urlaubsansprüchen berufen wollen, müssen dem Arbeitgeber zukünftig nachweisen, dass sie diese Voraussetzungen erfüllt haben. Arbeitnehmer sollten ihre Ansprüche der letzten Jahre daher genau prüfen und verfallen geglaubte Urlaubsansprüche ggf. nachträglich geltend machen.
Ausschlussfristen – Schriftform darf nicht mehr gefordert werden
In vielen Arbeitsverträgen finden sich sogenannte Ausschlussfristen. Diese sehen vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden müssen – anderenfalls verfallen sie. Die Anforderungen daran, wann eine arbeitsvertragliche Klausel zu Ausschlussfristen wirksam ist, wurden in den letzten Jahren zugunsten der Arbeitnehmer verschärft. So dürfen die Klauseln nicht mehr vorsehen, dass Ansprüche schriftlich geltend gemacht werden müssen. Auch dürfen sich Ausschlussfristen nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz beziehen – dieser ist ausdrücklich von der Regelung auszunehmen.
Werden diese Umstände nicht berücksichtigt, ist die Klausel insgesamt unwirksam. Die betroffenen Arbeitnehmer müssen die Frist dann nicht mehr beachten und können ihre Ansprüche noch bis zum Eintritt der Verjährung geltend machen. Für Arbeitgeber gilt diese Folge jedoch nur eingeschränkt: Haben sie – wie im Regelfall – den Arbeitsvertrag gestellt, können sie sich nicht auf die Unwirksamkeit der von ihnen verwendeten Klausel im Arbeitsvertrag berufen, sondern sind einseitig an die Frist gebunden.
Pflicht zur Arbeitszeiterfassung – Bessere Chancen bei Überstundenprozessen?
Derzeit gibt es in Deutschland in den meisten Branchen noch keine gesetzliche Verpflichtung für Arbeitgeber, die Arbeits- und Pausenzeiten ihrer Arbeitnehmer aufzuzeichnen und zu dokumentieren. Ausnahmen sind bislang im Wesentlichen nur für Berufskraftfahrer geregelt. Deren Arbeitgeber sind seit Langem gesetzlich dazu verpflichtet, die Arbeitszeit der Kraftfahrer aufzuzeichnen und die Aufzeichnungen für mindestens zwei Jahre aufzubewahren.
Dies soll sich nach dem Willen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) jetzt ändern. Er entschied im vergangenen Jahr, dass sämtliche EU-Mitgliedsstaaten die Arbeitgeber künftig branchenunabhängig dazu verpflichten müssen, die Arbeits- und Pausenzeiten ihrer Arbeitnehmer aufzuzeichnen (Urteil vom 14.05.2019, Az.: C-55/18). Der deutsche Gesetzgeber muss die Anforderungen des EuGH jetzt umsetzen.
Wie genau die Regelungen aussehen werden, ist noch nicht absehbar. In jedem Fall aber hätten weitgehende Pflichten zur Arbeitszeiterfassung für viele Arbeitsverhältnisse enorme Auswirkungen. Während es für die Arbeitgeber im Wesentlichen zu erhöhtem bürokratischem Aufwand kommen wird, könnten die Änderungen zumindest für Arbeitnehmer auch Vorteile haben. So dürfte es zukünftig erheblich leichter werden, die oft umstrittenen Überstunden nachzuweisen und daraus resultierende Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.
Roland Müller-Plesse
Rechtsanwalt
Lilienthal


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