Seitenlogo
Patrick Viol

Sparkasse verabreicht Worpsweder Kunsthalle „Finanzspritze“

Worpswede. Der Kunststiftung Friedrich Netzel in Worpswede geht es nicht gut. Die Sparkasse hat zur Unterstützung drei Exponate von Otto Modersohn und Heinrich Vogeler gekauft.
„Blick auf Fischerhude“ „Frau im Kahn“ und  „Winter an der Wümme“ - so heißen die Werke, die die Sparkasse Rotenburg Osterholz von der Friedrich Netzel Stiftung erwarb.  Foto: pvio

„Blick auf Fischerhude“ „Frau im Kahn“ und „Winter an der Wümme“ - so heißen die Werke, die die Sparkasse Rotenburg Osterholz von der Friedrich Netzel Stiftung erwarb. Foto: pvio

Sogenannte Finanzspritzen sind meist völlig glanzlose Transaktionen. Nicht mehr als ein paar Zahlen, die von einem Konto auf ein anderes übergehen, um z. B. angeschlagene Institutionen finanziell aufzupäppeln, sodass sie nicht in der Versenkung verschwinden. In Worpswede aber haben selbst jene Geldkanülen - wie die meisten Dinge in der Künstler*innenkolonie - mehr Glanz und Esprit.
Worum geht es? Das letzte Jahr war kein gutes für die Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel und die von ihr betriebene Worpsweder Kunsthalle. Zunächst musste sich die langjährige Leiterin Susanne Böhme-Netzel aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen. Und schließlich gab die Stiftung bekannt, dass sie mit finanziellen Problemen zu kämpfen habe.
Um den Betrieb der Kunsthalle für die Zukunft zu sichern habe man mit dem Landkreis nach Lösungen gesucht und in der Sparkasse Rotenburg Osterholz den Retter in der Not gefunden.
Die Sparkasse, die vor 40 Jahren anfing, Kunstwerke zu sammeln und mittlerweile eine beachtliche Kunstsammlung mit 400 Exponaten vorweisen kann, entschloss sich, drei Werke der Netzel Stiftung zu kaufen. Dadurch kommt der Stiftung ein sechsstelliger Betrag als Hilfe zugute.
 
Erhalt regionaler Kulturgüter
 
Die „Finanzspritze“ ist daher eine „Vermögensumschichtung der Sparkasse“, so Vorstandsvorsitzender Ulrich Messerschmidt - eine Umschichtung von Geld in Kunstwerke als „langfristige Geldanlage“. Der Kauf der Werke sei für die Netzel-Stiftung hilfreich und für die Sparkasse „wirtschaftlich sinnvoll“, so Messerschmidt weiter. Aber die Bank verfolge nicht nur ein ökonomisches Ziel mit dem Erwerb der Exponate, sondern ebenso ein kulturelles: „Zum einen unterstützen wir eine regionale Stiftung, im Weiteren erhalten wir bedeutende Kunstwerke für die Region. Beim Kauf steht der Fördergedanke im Fokus unseres Handelns“, betont Messerschmidt.
Das Besondere an diesem Kauf: Nur der Eigentumstitel der „Ware“ wandert zur Bank. Die Werke selbst bleiben der Stiftung als Dauerleihgabe und damit der Öffentlichkeit erhalten. „Eine wirklich gute Vereinbarung“, wie Stiftungsgeschäftsführerin Sonja Toeppe den Deal zwischen dem Geldinstitut und der Kunsthalle abschließen bewertet. Ausgehandelt haben ihn Dr. Ulf Martens, der die Interessen der Sparkasse vertritt, und Jurist Dr. Hans Ganten, der Kuratoriumsvorsitzende der Netzel Stiftung.
 
Werke der ersten Generation
 
Die Stiftung kategorisiert ihre Exponate in drei Kategorien: in Unverkäufliche, in unter Umständen verkäufliche und frei verkäufliche. Bei den verkauften Exponaten handelt es sich um Werke der zweiten Kategorie, die aufgrund der finanziellen Notlage verkauft werden konnten. Veräußert wurden die Gemälde „Blick auf Fischerhude“ von 1914, „Winter an der Wümme“ von 1937 von Otto Modersohn und „Frau im Kahn“ von Heinrich Vogeler von 1905.
Sollte die Sparkasse eines der Werke verkaufen wollen, hat die Stiftung, in deren Besitz sich die bedeutendste Überblicksammlung der Kunstgeschichte Worpswedes befindet, das Vorkaufsrecht.


UNTERNEHMEN DER REGION