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Interview mit Rechtsanwalt Thomas Münster zu Entlastungen für Mieter*innen

Landkreis Osterholz/Rotenburg. In der Corona-Krise will die Bundesregierung Mieter*innen entlasten, die ihre Wohnung vorübergehend nicht bezahlen können und sie vor einer Kündigung schützen. Was zu beachten ist, wenn man sich auf dieses neue Gesetz berufen möchte, hat der ANZEIGER den Rechtsanwalt Thomas Münster gefragt. Münster ist Fachanwalt für Miet- und Wohneigentumsrecht in Schwanewede.
Thomas Münster ist Fachanwalt für Miet- und Wohneigentumsrecht in Schwanewede. Im Interview erklärt er, was Mieter*innen zu beachten haben, wenn sie wegen der Corona-Krise in Zahlungsschwierigkeiten geraten.  Foto: eb

Thomas Münster ist Fachanwalt für Miet- und Wohneigentumsrecht in Schwanewede. Im Interview erklärt er, was Mieter*innen zu beachten haben, wenn sie wegen der Corona-Krise in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Foto: eb

Bild: Patrick Viol

ANZEIGER: Herr Münster, die Bundesregierung plant ein Gesetz zur Entlastung von Mieter*innen in der Corona-Krise. Laut Entwurf soll das Kündigungsrecht für Vermieter*innen vorübergehend eingeschränkt werden; normalerweise dürfen sie einem/r Mieter*in kündigen, wenn er oder sie zwei Monate in Folge die Miete nicht zahlt. Darf ich jetzt einfach aufhören, meine Wohnung zu bezahlen?
 
Münster: Nein. Der Mieter bleibt zur Zahlung der Miete verpflichtet. Das Gesetz bestimmt nur, dass der Vermieter wegen Mietschulden für den Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020, die auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen, bis zum 30. Juni 2022 nicht kündigen darf. Ist der Mieter oder die Mieterin aus anderen Gründen zahlungsunwillig oder zahlungsunfähig, bleibt eine Kündigung wegen Zahlungsverzug möglich.
 
ANZEIGER: Wie gehe ich am besten vor, wenn mein Einkommen wegen der Krise wegbricht und ich die Mietzahlungen vorübergehend aussetzen möchte? Muss ich nachweisen, dass ich die Miete tatsächlich nicht bezahlen kann?
 
Münster: Der Mieter muss dem Vermieter glaubhaft darlegen, dass er oder sie die Miete wegen der Auswirkungen der Corona-Krise nicht zahlen kann. Das kann zum Beispiel durch eine eigene Versicherung an Eides statt, eine Arbeitgeberbescheinigung über Verdienstausfall, einen Nachweis über Gewährung staatlicher Nothilfen oder bei gewerblichen Mietern durch Hinweis auf die behördliche Betriebsuntersagung geschehen.
 
ANZEIGER: Was passiert mit meinen Mietschulden, wenn die Krise vorbei ist? Wann muss ich die Miete nachzahlen? Gibt es Verzugszinsen?
 
Münster: Die Miete muss spätestens bis zum 30. Juni 2022 nachgezahlt werden. Da Mieter zur Zahlung der Miete verpflichtet bleiben, geraten sie bei Nichtzahlung in Zahlungsverzug und haben Verzugszinsen zu entrichten.
ANZEIGER: Kann ich mich auch auf dieses Gesetz berufen, wenn ich schon vor der Krise im Rückstand war?
 
Münster: Nein. Das Gesetz gilt für auf Auswirkungen der Corona-Krise beruhende Mietschulden für den Zeitraum von April bis Ende Juni 2020. Vorherige Mietrückstände oder spätere Mietrückstände berechtigen unverändert zur Kündigung.
ANZEIGER: Ausbleibende Zahlungen sind nicht der einzige Kündigungsgrund, auf den Vermieter*innen sich berufen können. Unter welchen Umständen kann das Mietverhältnis auch während der Krise gekündigt werden?
 
Münster: Alle sonstigen Kündigungsgründe bleiben bestehen. Grobe Pflichtverletzungen wie eine massive andauernde Störung des Hausfriedens oder ein schwerwiegendes Fehlverhalten wie ein körperlicher Angriff auf den Vermieter rechtfertigen eine Kündigung, ebenso ein bestehender Eigenbedarf.
 
ANZEIGER: Ab wann darf mein/e Vermieter*in mir wegen Zahlungsrückständen wieder kündigen?
 
Münster: Ab dem 30. Juni 2022. Das gilt für Mietschulden aus dem Zeitraum von April bis Ende Juni 2020. Mieter haben also zwei Jahre Zeit, um diese Mietschulden auszugleichen. Eine Verlängerung dieser Frist ist durch Rechtsverordnung der Bundesregierung möglich.
 
ANZEIGER: Zur Perspektive der Vermieter*innen: Auch nach der Krise werden viele Menschen Probleme haben, ihre Mietschulden zu begleichen. Welche Möglichkeiten haben Vermieter*innen, an ihr Geld zu kommen?
 
Münster: Das ist individuell zu entscheiden. Wir leben gerade in schwierigen Zeiten und sollten solidarisch miteinander umgehen. Sinnvoll erscheint mir eine Ratenzahlungsvereinbarung. Ansonsten bleibt der Weg über Klage und Zwangsvollstreckung. Denn klar ist, der Vermieter hat einen Anspruch auf Zahlung seiner Miete.
Der Mieter muss dem Vermieter glaubhaft darlegen, dass er die Miete wegen der Auswirkungen der Corona-Krise nicht zahlen kann.


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