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Gastkommentar: Windkraftausbau bitte naturverträglich 

Dr. Jutta Kemmer von der BiOs  kommentiert, dass Niedersachsen 2,2% seiner Fläche für Windkraft ausweisen und die bisherige Fläche damit verdoppeln soll.

Darf nicht dem Ausbau der Windkraft zum Opfer fallen: Der Rotmilan (cooler Adler).

Darf nicht dem Ausbau der Windkraft zum Opfer fallen: Der Rotmilan (cooler Adler).

Es ist gut und längst überfällig, dass die Energiewende jetzt ambitioniert vorangetrieben wird. Eine verbindliche Vorgabe für alle Regionen, Flächen für den Ausbau von Windenergie zu sichern, ist nur zu begrüßen und soll die Belastungen gerecht verteilen. Allerdings sollte die Ausweisung dieser „Vorranggebiete für Windkraft „ naturverträglich erfolgen. Bei Umwelt- und Artenschutz werden in den Gesetzen und Verordnungen jedoch große Abstriche gemacht.

Z. B. werden Landschaftsschutzgebiete und Wälder für die Windkraft geöffnet, in ausgewiesenen Vorranggebieten sollen Umweltverträglichkeits- und Artenschutzprüfungen im Genehmigungsverfahren für die Anlagen entfallen. Hier soll auf vorhandene Daten zurückgegriffen werden. Diese Daten sind aber sehr lückenhaft und zum Teil veraltet.

Weil der Ausbau von Windkraft nun als „überragendes öffentliches Interesse“ eingestuft wird, werden häufig Ausnahmegenehmigungen erteilt werden müssen. Folge ist, dass selbst Tötungen von streng geschützten Arten wie dem Seeadler oder dem Rotmilan öfter in Kauf genommen werden.

Wenn Umweltuntersuchungen anders als bisher nicht mehr auf der Ebene der konkreten Verfahren durchgeführt werden sollen, dann fordern die Naturschutzverbände, dass zumindest für die übergelagerte Planungsebene des Raumordnungsprogramms ausreichende verbindliche umweltrechtliche Standards geschaffen werden. Ebenso müssen die Datengrundlagen für Behörden dringend verbessert werden. Neben der Bereitstellung von Flächen für Windkraft sollten gleichfalls Flächen für den Biodiversitätserhalt und die Umsetzung von Artenhilfsprogrammen gesichert werden.

Nicht zuletzt stellt das Tempo, in dem die Sicherung geeigneter Gebiete durch Ausweisung von Vorranggebieten in den Regionalen Raumordnungsprogrammen erfolgen soll, auch die Landkreise vor enorme Herausforderungen. Denn dies ist keine alleinige Planung und Entscheidung der Verwaltung unter sachlicher Abwägung aller Belange, sondern wird letztendlich im Kreistag durch politische Mehrheitsbildung beschlossen. Wie die Belange des Naturschutzes von der Politik vor Ort gewichtet werden, ist völlig offen. Insbesondere für Landkreise wie Rotenburg, die ihre Flächen für Windkraft vervielfachen müssen, sind große Konflikte absehbar.

Sofern es bis 2026 nicht gelingt das Flächenziel, den sogenannten „Flächenbeitragswerts“ zu erreichen, können überall im Außenbereich Windenergieanlagen beantragt werden.

 

 

Dr. Jutta Kemmer ist Biologin und leitet die Koordinationsstelle Naturschutzfachliche Verbandsarbeit, Flora/Vegetation der BiOs.

Gastkommentare sind keine redaktionellen Beiträge, sondern stellen Meinungen der namentlich genannten Verfasser:innen dar.


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