Seitenlogo
Janine Girth

Hinter der Trauer wartet etwas Katharina Ziegler stellte ihr Buch „Loch im Leben“ vor

Katharina Ziegler möchte mit ihrem Buch „Loch im Leben - 11 Chancen, nach Tod und Trauer wieder Tritt im Leben zu fassen“ Trauernden auf dem Weg (zurück) ins lebenswerte Leben helfen.  Foto: ek

Katharina Ziegler möchte mit ihrem Buch „Loch im Leben - 11 Chancen, nach Tod und Trauer wieder Tritt im Leben zu fassen“ Trauernden auf dem Weg (zurück) ins lebenswerte Leben helfen. Foto: ek

Worpswede (ek). Nicht nur der Bestatter Frank Lemke war baff, so viele Zuhörer im Bestattungshaus Franzke in Worpswede zu sehen, die das Buch „Loch im Leben - 11 Chancen, nach Tod und Trauer wieder Tritt im Leben zu fassen“ kennenlernen wollten. Auch die Autorin, Trauerbegleiterin Katharina Ziegler, war freudig überrascht. „Viele von Ihnen kenne ich“, sagte sie.
Vor gut sechs Jahren entschied sich die Pastorin, als selbstständige Trauerrednerin Trauernde zu begleiten, „jeglicher Weltanschauung, auf deren Weg, was sie erleben, was sie durchmachen. Es ist ein sensibles Feld, das Aufmerksamkeit und Einfühlsamkeit braucht. Man muss sich darauf einlassen können.“ Es bestehe in der Gesellschaft eine große Unsicherheit, wie man mit trauernden Menschen umgehen soll. „Damit berühren wir ein Tabu. Als Trauerbegleiterin möchte ich den Trauernden einen Weg ins lebenswerte Leben zeigen.“ Dabei würden einige Schritte allen Trauernden helfen, dass so der Tipp einer Freundin beherzigt worden war, die ihr riet, das doch mal aufzuschreiben.
Loch im Leben
„Im Sommer 2017 kam die erste Auflage des Buches ‚Loch im Leben‘ heraus, die schnell vergriffen war. Die neue Auflage habe ich genutzt, berührende Illustrationen der Grafik-Designerin Brigitte Dippens zu zeigen.“ Das Buch ist nun für 19,90 Euro auf dem Markt und unter anderem beim Anzeiger in Osterholz-Scharmbeck und in Bremervörde zu kaufen.
Trauer ist normal
„Trauer ist etwas Normales“, sagte Katharina Ziegler. „Ein Gefühl aus dem ganzen Gefühlsspektrum, das zu uns gehört. Doch bei allem Funktionieren, Leistung und stundenlangem disziplinierten Sitzen schieben wir unsere Gefühle zur Seite und verlernen, auf der Gefühlskarte zu spielen. Sie sind da, aber wir wissen nicht, damit umzugehen.“ Und dann kämen die brachliegenden Gefühle beim Verlust eines geliebten Menschen. „Auch wenn die Trauer nicht gewollt ist - die Trauer zeigt, dass du lebst.“ Nichts sei in dieser Zeit so eindringlich, die Trauer durchdringe alles. „Sie kann mächtig sein, es gibt kein Entrinnen.“ Ein Umweg könne die Dankbarkeit sein, das Bewahren schöner Erlebnisse. „Das darf sein, als ein Schatz deines Lebens. Und du darfst leben, lebendig sein, dich freuen, dich wohlfühlen, neue Vertrautheit empfinden. Du hast die Erlaubnis, ein Mensch zu sein und zu bleiben, weiterzuleben und für dich zu sorgen.“
Mit der Trauer arbeiten
Wer Trauerarbeit leiste und sich mit der Trauer auseinandersetze, der könne befreit daraus hervorgehen. „Hinter der Trauer wartet etwas, wofür es sich zu leben lohnt.“ Der erste Schritt sei, mit der Trauer zu arbeiten und nicht dagegen, sie anzunehmen. „Wer seinen Gefühlsreichtum leben kann und seine Trauer als Freundin erlebt, kann ihre heilende Wirkung erfahren.“ Der achtsame Umgang mit sich selbst helfe beim Weitermachen trotz Trauer. „Hätte man besser aufpassen sollen, eine bessere Pflege finden sollen, mehr helfen sollen - es sind so viele Fragen. Doch werde dir bewusst: dein liebster Mensch ist fort. Sage dir‚ ich habe mein Bestes gegeben. Nun ist es gut.‘ Das ist der schwierigste Satz, aber der erste Schritt, um Frieden mit der Situation zu finden. Es wird dir immer noch nicht gut gehen, aber dieser Satz zeigt dir, der Kampf um das Leben deines Menschen ist nun zu Ende. Der Sterbende selbst hat eingewilligt, hat ja gesagt. ‚Nimm mich mit‘. Nun kannst auch du dein Ja sprechen. Dein liebster Mensch hat alles losgelassen am Ende, den Kampf aufgegeben. Das darfst du nun auch. Dein Kampf hat keine Wirkung mehr und du brauchst die Energie, um weiterzuleben - für dich und dein Leben. Dein geliebter Mensch würde nichts anderes für dich wollen, als dass du deine Reservekanister wieder auftanken kannst.“
Ja zum Leben sagen
Nun sei es wichtig, dass die Bedürfnisse des Trauernden im Vordergrund stehen. „Wenn dich eine Person nervt, zieh Grenzen. Trau dich, nein zu sagen. Alles hat Zeit bis später. Jetzt bist du dran.“ Es gebe diese bestimmten Menschen, die wie Engel ungefragt ins Trauerleben treten, „wie eine abfedernde Schicht zur Außenwelt nehmen sie dir die Arbeit ab. Sie sind einfach da. Und du darfst das annehmen. Du befindest dich in einer Ausnahmesituation.“ In den ersten Wochen, nachdem der Tod das Loch ins Leben gerissen hat, falle förmlich die Entscheidung, weiterleben zu wollen. „Ja zum Leben zu sagen ist mehr als ein Ja zum Überleben. Die Trauer wird einen festen Platz in deinem Leben beanspruchen, trotzdem ist ein Ja zum Leben möglich.“
Ein Zuhörer wollte so gern wissen, was der gegen diese Antriebslosigkeit nach dem Tod seiner Tochter machen könne. „Alles ist so sinnlos.“ Und Loslassen kam für eine Mutter, die ebenfalls den Verlust ihrer Tochter betrauert, überhaupt nicht in Frage. Die Frage, wie es ihr gehe nach dem Tod ihres Partners, sei ihr einfach zu viel, gab eine andere Zuhörerin an. Schmerz ist so schlecht vorstellbar, wenn man ihn selbst gerade nicht aushalten muss. Doch die eigene Trauer versperrt einem manchmal die Sicht auf die Trauer der anderen, deren Leben auch ein Loch, wenn auch anderen Ausmaßes, aufweist nach dem Tod „seines“ so wichtigen Menschen. Und es schmerzt die anderen, einen Menschen so leiden zu sehen. Der Umgang mit Trauer und Trauernden ist vielfältig. „Ich habe gemerkt, wie unsicher meine Umwelt war, als meine Verlobte gestorben war. Da habe ich den direkten Kontakt gesucht und habe es so vielen Menschen sehr leicht gemacht, mit mir danach umzugehen. Sie wussten einfach nicht, wie sie mir gegenüber auftreten sollten“, erzählte ein Mann aus der Zuhörerschaft. Wie man nach dem Todesfall weitermacht, was helfen kann aus dieser ausweglos scheinenden Situation, das möchte dieses Buch aufzeigen.


UNTERNEHMEN DER REGION