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Janine Girth

Das Interesse war groß - Viele Bürger kamen zur Fragestunde ins Rathaus

Wolfgang Wedelich, Ortsvorsteher in Waakhausen, Bürgermeister Stefan Schwenke und die beiden Dezernenten Dominik Vinbruck und Werner Schauer (von links) bei der Fragestunde zum Thema Schießstand.  Foto: ui

Wolfgang Wedelich, Ortsvorsteher in Waakhausen, Bürgermeister Stefan Schwenke und die beiden Dezernenten Dominik Vinbruck und Werner Schauer (von links) bei der Fragestunde zum Thema Schießstand. Foto: ui

Worpswede. Recht emotional kann die Fragestunde zum Thema Schießstand Waakhausen bezeichnet werden. Zu dieser Veranstaltung hatten Bürgermeister Stefan Schwenke und der Ortsvorsteher von Waakhausen, Wolfgang Wedelich, eingeladen. Vom Landkreis Osterholz waren die zuständigen Dezernenten Werner Schauer (Finanzen, Personal und Organisation) sowie Dominik Vinbruck (Ordnung, Bauen und Umwelt) zu Gast. Beide stellten sich den Fragen der Besucher in der Ratsdiele. Fest stand am Ende: Es wird nicht die letzte Debatte mit den Bürgern gewesen sein.
Bislang liege kein Antrag zum Bau des riesigen Erdwalls vor, der 350 Meter lang, 100 Meter breit und 22 Meter hoch werden und gegen Lärm aus dem Schießbetrieb schützen soll (wir berichteten). Dominik Vinbruck sagte, bei dem Lärmschutzwall handele es sich um ein sehr umfangreiches Bauwerk, bei dem viele Dinge geprüft werden müssten. Ein öffentliches Verfahren sei nicht zwingend, der Betreiber des Schießstandes könne dies aber beantragen, um es transparent zu machen. Ein Zuhörer, der sich mit Dreyer vorstellte, hatte für ein nicht öffentliches Verfahren jedoch kein Verständnis und sprach von „einem Persilschein für den Betreiber“.
„Wir brauchen eine aktive Jägerschaft und gut ausgebildete, junge Jäger“, sagte Dominik Vinbruck. „Wir als Landkreis möchten diesen Schießstand.“ Man werde darauf achten, dass die Lärmwerte eingehalten werden.
Werner Schauer gab die jüngsten Messwerte bekannt, die in verschiedenen Brunnen vorgenommen wurden. So wurden beispielsweise in einem gesetzten Brunnen drei Mikrogramm Blei pro Liter (µg/l) gemessen, in einem anderen weniger als ein µg/l. Das sei unterhalb des Grenzwertes für Trinkwasser. Hier liege der Grenzwert bei zehn µg/l. Auch die Messung des Oberflächenwassers ergab eine niedrige Belastung. Was die Sedimentmessung betreffe, gebe es noch Handlungsbedarf, so Werner Schauer. Hier seien zwei hohe Werte gemessen worden, aber es seien keine Auffälligkeiten zu erkennen gewesen.
Blei ist Umweltbelastung
Dr. Hans-Gerhard Kulp vom BUND gab zu bedenken, dass auf dem Grundstück verteilt über 250 Tonnen Blei liegen, was ein sehr hohes Umweltrisiko bedeute. „Blei löst sich auch im Trinkwasser und dann ist es mobil.“ Das Blei müsse raus aus dem System. Er sprach von einem Sanierungsfall. Seiner Meinung nach gebe es in der Folie, die eine Versickerung von Schadstoffen in das Grundwasser verhindern soll, mehrere Austritte, sie sei undicht. Eine andere Sache seien die Biotope, das heißt Nasswiesen, die seit Beginn des Schießbetriebes niemals saniert worden seien. Dr. Kulp wollte wissen, wie hoch die Bleikonzentration in den Biotopen sei, die man als solche gar nicht mehr bezeichnen könne. „Eigentlich müssten wir an einem Strang ziehen“, sagte Dr. Kulp. „Es müsste doch im Interesse der Jägerschaft sein, dass es nicht zu Schäden durch Schießbetrieb kommt.“
Dem stimmte Werner Schauer zu. Der Landkreis sei natürlich daran interessiert, dass die ökologischen Dinge in Ordnung seien. Auch könne er zustimmen, dass es nirgendwo eine so eine hohe Bleibelastung wie auf dem Schießstand gebe. Diese Fläche müsste geräumt werden. Was die Folie angeht, so handele es sich um zertifizierte Kunststoffdichtbahnen, die „auf Hunderten von Deponien liegen“.
Zu den Biotopen sagte Dominik Vinbruck: „Wenn der Wall kommt, können wir davon ausgehen, dass wir keine dramatischen Werte haben werden.“
An diesem Abend wurde deutlich, dass es mehrere Gutachten gibt, deren Messergebnisse weiter auseinander nicht liegen könnten. Die Werte würden zwischen 23 bis 92 µg/l Blei liegen, stellte ein Besucher fest.
Räumung sei schwierig
Auch Dr. Viefhues konnte eine dramatische Erhöhung von Blei auf dem Gelände erkennen. Wegen des Pflanzenwachstums sei eine Räumung schwierig. Wie soll die Räumung erfolgen? Werner Schauer war sich sicher, dass man das in einem guten Miteinander hinbekommen würde. Der neue Betreiber habe viel Motivation und Wille. „Ich gehe davon aus, dass es gelingen wird.“
Dass Blei ein gefährlicher Abfall sei, darin waren sich alle einige. Es wurde gefragt, ob der Betreiber ein Rückhaltebecken habe, das das Blei zurückhalten soll. Dieses gibt es nicht. Weiter ging es um krebserregende Stoffe in den Plastikscheiben (unter anderem Arsen), auf die geschossen werde, und um gefährliche Dämpfe. Werner Schauer sagte, man habe bei einer Messung einen unwahrscheinlich hohen Wert an Arsen festgestellt, aber da habe man falsch gemessen. Seine Botschaft: „Das werde natürlich mit untersucht.“
Die Unsicherheit bleibt
Viele Fragen gab es noch zu beantworten, es ging sogar um verlorenes Vertrauen in Behörden, was Dominik Vinbruck sehr bedauerte. „Es herrscht große Unsicherheit, auf welche Aussagen wir uns verlassen können“, bemerkte Jochen Semken, UWG-Mitglied im Gemeinderat. Wegen des Streits um Messverfahren habe seine Partei den Landkreis auch aufgefordert, eine unabhängige Gefährdungsanalyse zu beauftragen. „Der Landkreis muss doch ein Interesse daran haben - auch im Sinne der Jägerschaft -, das Vertrauen wiederherzustellen.“
Herr Dreyer wusste, dass es in Niedersachsen doppelt so viele Jäger gebe als in Bayern. „Wozu brauchen wir die Jägerschaft in diesem Umfang?“, wollte er wissen. Und auch, woher sich die Gemeinnützigkeit des Betreibers ableite. Auch kam von einem anderen Besucher die Frage auf, warum die Jäger nicht mit Stahlschrot schießen würden.
Es war ein langer Abend, aber es wurde immer noch nicht alles gesagt, alle Unstimmigkeiten ausgeräumt. „Es war nicht die letzte Veranstaltung“, versprach Stefan Schwenke.


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