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Patrick Viol

Kommentar: Der flexible Charakter des Kanzlers

Dass Olaf Scholz Mahmud Abbas nach seiner Relativierung des Holocaust die Hand reicht, passt für Patrick Viol ins Bild vom Kanzler.
In der Krise offenbart sich der Charakter, die Substanz hinter all den Phrasen. Bild: H. Geistreiter/wiki commons

In der Krise offenbart sich der Charakter, die Substanz hinter all den Phrasen. Bild: H. Geistreiter/wiki commons

Olaf Scholz zog mit großen Begriffen in den Wahlkampf: Einstehen wollte er für soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, für Respekt, einen konsequenten Kampf gegen Hass und Hetze und für Fortschritt. Die Bilanz bisher ist erschütternd. Aus sozialer Gerechtigkeit wurde „konzertierte Aktion“, ein ideologisches Verblendungsmanöver, deren Wir-sitzen-alle-im-selben-Boot-Rhetorik verdecken soll, dass man die, die im eigenen Jet fliegen und im Porsche fahren, in Ruhe und die, die ersaufen, sich selbst überlässt. Daran ändern auch die Kleckerbeträge nichts, die man letzteren zuwirft. Ändern wird sich auch nichts an der fatalen Entwicklung des Klimawandels, denn die Ziele des Klimaschutzes sind längst begraben worden. Und anstatt Fortschritt anbrechen, hat sich der Kanzler entschieden, Christian Lindner von der Leine zu lassen, um Armut nicht politisch bekämpfen zu müssen, sondern - Stichwort „Gratismentalität“ - zum Gegenstand gesellschaftlicher Verachtung zu machen.
Klar, nun kann man sagen: Mit der miesen Situation, in der wir uns befinden, hat ja keiner rechnen können. Nun, zum einen: Doch, hat man. In der SPD - wie in allen anderen Parteien auch - bildet man sich doch sonst so viel darauf ein, aus der Geschichte gelernt zu haben. Und die zeigt an unzähligen Beispielen: Wenn Regierungen autoritär mit ihrer eigenen Bevölkerung verfahren, verfolgen sie nicht selten aggressive Ziele nach außen.
Zum anderen: In der Krise offenbart sich der Charakter, die Substanz hinter all den Phrasen. Und die Substanz hinter Scholz Sprechblasenjargon und Gemeinschaftsfloskeln scheint weniger standhaft als - ganz der Unternehmer seiner selbst - flexibel zu sein. Sie sorgt dafür, dass Scholz nicht versucht, die schwierige Situation, in der wir stecken, nach den Werten, die er vertritt, zu verändern, sondern sich ihr anzupassen und die Werte hintan zu stellen.
Dass er - und damit komme ich zum letzten Punkt meiner Bilanzierung - trotz seiner Reden, dass wir Hass und Hetze aktiv etwas entgegensetzen müssen, Palästinenser Präsident Mahmud Abbas nach seiner antisemitischen Relativierung des Holocausts während seiner Rede im Kanzleramt diese Woche, die Hand reicht, ist also - leider -nur folgerichtig. Wem die Sprache auf formelhafte Allgemeinplätze eingeschrumpft ist, der verstummt, wenn es darum ginge, konkrete Kritik zu äußern.
Und nun? Wenn Scholz zumindest den Kampf gegen Hass und Hetze nicht gänzlich der Lächerlichkeit preisgeben will, sollte er es nicht bei einer Entschuldigung auf Twitter belassen.
Scholz hätte sich dafür einzusetzen, dass die jährlichen 600 Millionen Euro EU-Gelder an die Palästinensische Autonomiebehörde, dessen Präsident behauptet, Israel habe seit 1947 „50 Holocausts“ an den Palästinensern verübt, der glaubt, Zionismus und Nationalsozialismus seien wesensverwandt und das „soziale Verhalten“ der Juden trüge die Verantwortung für den Holocaust, zumindest zum Gegenstand einer ernsthaften Kürzungsauseinandersetzung werden. Denn mit den Geldern werden auch die Renten der Angehörigen der als Märtyrer verehrten Selbstmordattentäter und antisemitische Schulbücher - schließlich also Antisemitismus finanziert.


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