Seitenlogo
pvio

Jagen oder nicht jagen?

Niedersachsen (pvio). Der Wolf ist nach wie vor ein Streitthema zwischen Landwirt:innen und Tierschützer:innen. Nun hat die Landesregierung eine umstrittene Novelle vorgelegt, wonach der Wolf ins niedersächsische Jagdgesetz aufgenommen werden soll.

Die niedersächsische Landesregierung plant, den Wolf und den Goldschakal ins niedersächsische Jagdgesetz aufzunehmen. Die Fraktionen von FDP sowie SPD und CDU haben entsprechende Änderungsanträge eingereicht, die in dieser Woche im zuständigen Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz beraten worden sind.
Richtig findet das der Schiffdorfer CDU Politiker und Schulleiter des Gymnasiums Lilienthal Dr. Denis Ugurcu. Vor dem Hintergrund mehrerer Nutztierrisse in seiner Heimatgemeinde Schiffdorf aber auch in Beverstedt erklärt er: „Ich unterstreiche meine Forderung die Wolfspopulation zu reduzieren, indem man zielgerichtet Problemwölfe abschießt. Eine Romantisierung und Verharmlosung des Wolfes hilft weder der Bevölkerung noch der Landwirtschaft.“ Es gehe Ugurcu nicht um ganze Wolfsrudel, sondern darum, „die Gefahr von zukünftigen Rissen zu reduzieren, indem man zielgerichtet den Problemwolf abschießt. Das zielgerichtete Abschießen des Wolfes darf kein Tabu sein, wenn mildere Mittel nicht geeignet sind.“
Der CDU Politiker wolle damit zum einen die Bevölkerung und zum anderen die Landwirtschaft schützen. Auch die fordert, die zielgerichtete Tötung von Problemwölfen.
 
Aktives Wolfsmanagement
 
Folglich begrüßt auch das Niedersächsische Landvolk die Novelle der niedersächsischen Landesregierung. Den Änderungsantrag der Fraktionen von SPD und CDU begreife das Landvolk „als einen weiteren wichtigen Schritt hin zu einem zukünftigen aktiven Wolfsmanagement“, so Landvolk-Vizepräsident Jörn Ehlers. „Im Zusammenspiel mit der bereits geltenden Niedersächsischen Wolfsverordnung ist zu hoffen, dass Abschüsse bei vorliegenden artenschutzrechtlichen Ausnahmen zukünftig zügig und zielgerichtet gelingen können“, führt der Landvolk-Vizepräsident aus.
Angesichts der Dynamik einer stetig wachsenden Wolfspopulation und der Konflikte mit der Weidewirtschaft setzt sich das Landvolk zusammen mit anderen Tierhalter- und Zuchtverbänden und anderen Vereinigungen aus dem ländlichen Raum im „Aktionsbündnis aktives Wolfsmanagement“ für einen Rechtsrahmen ein, der eine Bestandsregulierung mit jagdlichen Mitteln ermöglichen soll.
 
Jagdgesetzerweiterung nicht zielführend
 
Kritik an den Plänen kommt vom BUND. Er fordert langfristige Lösungen, die die Existenz der Weidetierhaltung und der Wölfe sichern. „Eine Aufnahme des Wolfes in das Niedersächsische Jagdgesetz lehnt der BUND entschieden ab“, sagt Axel Ebeler, stellvertretender BUND-Landesvorsitzender. „Der Wolf ist eine nach europäischem Recht streng geschützte Art. Es ist bereits heute auf Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes möglich, problematische Individuen mit Ausnahmegenehmigungen zu entnehmen. Eine Erweiterung des Jagdgesetzes ist daher weder notwendig noch zielführend.“ Mit einer Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht entstehe der falsche Eindruck, dass mehr Wölfe abgeschossen werden dürften. Da die Art aber weiterhin einer ganzjährigen Schonzeit unterliegt, müsse wie bisher im Einzelfall eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erteilt werden. Gleiches gelte für den Goldschakal. „Deutschland ist verpflichtet, einen günstigen Erhaltungszustand dieser Art durch geeignete Maßnahmen zu sichern.
 
Schwammiger Begriff
 
Der BUND äußert zudem Kritik am geplanten Gutachten von Umweltminister Olaf Lies zum Erhaltungszustand des Wolfes in Niedersachsen. Der günstige Erhaltungszustand sei ein unbestimmter Rechtsbegriff aus der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Er gilt für Lebensraumtypen und Arten zur Bewertung innerhalb einer biogeografischen Zone eines Staates und wird im Rahmen der Berichtspflicht der Nationalstaaten an die Europäische Union festgelegt. „Es gibt keinen günstigen Erhaltungszustand eines einzelnen Bundeslandes“, betont Ebeler. „Der Versuch, allein für das Land Niedersachsen einen günstigen Erhaltungszustand des Wolfes zu definieren, um damit eine künstliche Obergrenze für den Bestand hierzulande festzulegen, ist unsinnig. Vorstöße dieser Art helfen weder dem Artenschutz noch den Weidetierhaltenden. Wir brauchen nicht mehr Wolfsabschüsse, sondern eine vollständige, unbürokratische Finanzierung von Herdenschutzmaßnahmen durch das Land, um Weidetiere dauerhaft zu schützen.“
 
Schäden durch Wölfe
 
In Niedersachsen streifen nachgewiesen aktuell 39 Rudel mit schätzungsweise 400 Wölfen durch Wald und Felder. Bundesweit sind für 2020 128 Rudel, 38 Paaren und 9 Einzeltieren dokumentiert, was einer Gesamtpopulation von etwa 1.500 Wölfen entspricht.
Die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf hat im Jahr 2020 ca. 4000 durch Wölfe getötete Nutztiere registriert, von denen ca. 90 Prozent Schafe waren. Bei einem bundesweiten Schafsbestand von 1,5 Millionen Tieren ergibt sich eine Schadensquote von 0,24.
Die Beratungsstelle weist zudem daraufhin, dass die Schäden an Nutztieren vor allem durch sich neu ansiedelnde Wölfe erfolgen und nach ein bis zwei Jahren zurückgehen, sofern die Tierhalter:innen gelernt haben, mit dem Wolf durch entsprechende Schutzmaßnahmen umzugehen.


UNTERNEHMEN DER REGION