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eb/jm

Beratungsstellen fordern Aufklärung von Brandanschlägen

Landkreis (eb). Die niedersächsischen Beratungsstellen für Betroffene von rechter und rassistischer Gewalt, die mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus und der Flüchtlingsrat Niedersachsen fordern die systematische Aufklärung der Brandanschläge in der Region gegen migrantisch geprägte Orte.

„Die Ermittlungen müssen in den Kontext von rechter Gewalt gestellt und als Serien betrachtet werden. Politik, Ermittlungsbehörden und Zivilgesellschaft müssen Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte endlich konsequent schützen“, schreiben die Beratungsstellen in einer Pressemitteilung.
Hintergrund sind die seit November 2018 mutmaßlich von Rechtsextremist*innen verübten Brandanschläge auf Restaurants, Bars sowie auf eine Wohnung von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte in Bremervörde, Vegesack, Ganderkesee, Syke, Beverstedt und Gnarrenburg. Für Betroffene haben diese Anschläge schwerwiegende Folgen, aufgebaute Existenzen werden zerstört. „Alles ist kaputt“, sagt der Gastwirt des Restaurants “Hexenkeller” aus Gnarrenburg. Ihr Traum und ihre Perspektive seien in Flammen aufgegangen. Die Arbeit von Jahren in einer Stunde vernichtet, so der Betreiber.
„Darüber hinaus schüren diese Anschläge ein Klima der Angst und sollen Migrant*innen, Geflüchtete und Personen, denen ein Migrationshintergrund zugesprochen wird, einschüchtern“, sagt Marc Weber von der Betroffenenberatung Niedersachsen. “Eine konsequente und solidarische Unterstützung für alle von rassistischer Gewalt betroffenen Personen ist unbedingt notwendig. Die Stimmen der Betroffenen müssen bei der Aufarbeitung der Anschläge einbezogen werden. Das bedeutet auch, rechte Hintergründe bei Ermittlungen ernst zu nehmen und somit Betroffenen von rassistischer Gewalt zu zeigen, dass Bedrohungen und Gewalt gegen Migrant*innen nicht bagatellisiert werden”, so Weber weiter.
 
Aktive und gewaltbereite Szene in der Region
 
Besonders die hinterlassenen Symbole an den Tatorten wiesen auf rechte Tatmotivation hin. Zudem weist die Mobile Beratung Niedersachsen gegen Rechtsextremismus für Demokratie darauf hin, dass es im Bremer Umland seit Jahren eine aktive extrem rechte Szene gebe, die sich aus verschiedenen Strukturen zusammensetzt. Es könne hier von einer Mischszene gesprochen werden, die besonders durch Personen und Strukturen aus dem Bereich rechter Hooligan-Gruppierungen, dem Rechtsrock-Milieu, sogenannten Bruderschaften und Kameradschaften geprägt sei. Die Gefährdung von Menschen durch diese rechten Strukturen müsse endlich ernst genommen werden, zumal verschiedene Akteur*innen hieraus bereits mehrfach durch Gewalttätigkeit aufgefallen seien. „Solche Strukturen können zudem als eine Art Ermöglichungsnetzwerk für rechte Gewalt dienen“, erklärt Weber weiter.
 
Rechte Motive werden nicht konsequent verfolgt
 
Bisher gingen die Ermittlungsbehörden nicht konsequent von rechten Motiven und einer rechtsextremen Anschlagsserie aus. So nähmen die Ermittler*innen bei dem Brandanschlag in Syke keinen rechten Hintergrund an, obwohl sowohl Hakenkreuze, als auch die Parole “Ausländer raus” in unmittelbarer Nähe des Anschlags zu finden waren. „Solche Annahmen sind überhaupt nicht nachvollziehbar“, sagt Annika Hesselmann vom Flüchtlingsrat Niedersachsen.
“Politik und Ermittlungsbehörden müssen rechter Gewalt endlich entschieden entgegentreten und konsequent gegen rechte Strukturen in Niedersachsen vorgehen. Sie müssen rechte Gewalt als solche benennen. Betroffene werden dann geschützt, wenn rechte Netzwerke zerschlagen und Straftaten konsequent verfolgt werden, Mittel für zivilgesellschaftliches Engagement bereitstehen und rechte Gewalt nicht totgeschwiegen, sondern gesellschaftlich zentral verhandelt wird“, fordert Hesselmann.Lokal- und Landespolitik sollten sich mit der Zivilgesellschaft vor Ort austauschen und versuchen, diese in ihrem Engagement gegen Rechtsextremismus zu unterstützen, wünscht sie sich weiter.
Jan Krieger von der mobilen Beratung Niedersachsen stimmt zu: “Für eine erfolgreiche Bekämpfung rechter Strukturen im Gemeinwesen gilt es, zivilgesellschaftlich Engagierte, die sich gegen Rechtsextremismus und Rassismus sowie für eine demokratische und solidarische Gesellschaft einsetzen, zu unterstützen. Sie sind auch diejenigen, die Betroffene vor Ort durch Solidaritätsbekundungen bestärken und auf lokale Probleme aufmerksam machen. Ihnen sollte zugehört werden, wenn sie auf Entwicklungen hinweisen, die einer demokratischen Gesellschaft, in der alle Menschen gleichberechtigt leben, entgegenstehen.”


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