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Mareike Kerouche

„Goldenen Zwanziger“ wiederholen - Präsident des Steuerzahlerbundes beim Neujahrsempfang der IHK

Stade (IHK). Darin waren sie sich einig: „Wer Veränderungen will, muss entschlossen anpacken“, forderte IHK-Präsident Matthias Kohlmann in seiner Rede zum IHK-Neujahrsempfang. Und Reiner Holznagel, Präsident des Steuerzahlerbundes Deutschland, unterstrich diesen Satz quasi mit seinem gesamten Vortrag. Rund 850 Gäste aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Kultur und Medien waren in das Stadeum nach Stade gekommen, um gemeinsam mit der IHK ins neue Jahr zu starten und einen Blick in die Zukunft zu werfen.

Eine Chance, die „Goldenen Zwanziger im neuen Jahrhundert zu wiederholen“ sah Reiner Holznagel - und den Staat in der Pflicht. An drei Stellschrauben müsse dafür gedreht werden: den Einnahmen, dem Steuersystem und den Ausgaben. „Die Steueruhr in Berlin zeigt erstmals, dass die Staatsschulden sich verringern“, lobte der Präsident des Steuerzahlerbundes. Doch die Kuh sei noch nicht vom Eis und eine weitere Schuldentilgung aus Zinseinsparungen dringend geboten. „Das sind wir unseren Kindern und Kindeskindern schuldig“, so Holznagel.
Gleichzeitig forderte er grundlegende Steuerreformen. Der überfälligen Abschaffung des Solidaritätszuschlags käme dabei eher eine symbolische Bedeutung zu. Dagegen müsse dringend an einer fairen Einkommensbesteuerung gearbeitet werden. Der Verlauf des Tarifs im Mittelschichtsbau sei ungerecht: „2017 haben 4,1 Millionen Menschen den Spitzensteuersatz gezahlt - von denen die meisten gar nicht wissen, dass sie Spitzenverdiener sind, weil bei ihnen nichts ankommt“, kritisierte Holznagel. Das aber hemme die Leistungsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft. Der Steuerzahlerbund fordere darum eine Spitzenbesteuerung erst ab 90.000 Euro Bruttojahreseinkommen. Auch sei es erforderlich, an einer Reform der Unternehmens- und der Körperschaftssteuer zu arbeiten. „Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft sind die mittelständischen und kleinen Unternehmen. Hier muss eine deutliche Entlastung stattfinden“, so der Steuerexperte. Kein Verständnis hat Holznagel für Doppelbelastungen: Bei einer Erbschaftssteuer sei eine zusätzliche Vermögenssteuer überflüssig.
Trotz aller notwendigen Sparmaßnahmen müsse der Staat gleichzeitig investieren. Gerade im Bereich Digitalisierung und Breitbandausbau gelte es, „richtig zu klotzen“, um im internationalen Wettbewerb nicht abgehängt zu werden. Vom Gießkannenprinzip und dem Versuch, alles gleichzeitig schaffen zu wollen, hielt er indessen wenig: „Es gilt, knallhart Prioritäten zu setzen.“
Von der Notwendigkeit, Absichtserklärungen endlich in konkrete Handlungen münden zu lassen, handelte auch die Rede des IHK-Präsidenten. Unter anderem schaute er dabei auf die Energiewende und den Klimawandel. Mit dem Wasserstoffnetzwerk in Nordostniedersachsen und der Windenergie habe die Region die einmalige Chance, „ein Aushängeschild der Energiewende“ zu werden. „Das erste Mal hat der Norden einen wirtschaftlichen Standortvorteil, um den uns der Süden beneidet“, betonte Matthias Kohlmann.
Damit dieser Vorteil nicht verspielt werde, seien aber schnellere Genehmigungsverfahren und weniger bürokratischer Aufwand beim Bau von Windparks nötig. „Denn wir brauchen den Windstrom, weil wir nur mit ihm wirklich saubere Energie erzeugen können, weil wir nur mit ihm ‚grünen Wasserstoff‘ herstellen können und eine echte Energiewende hinbekommen werden.“ Gleichzeitig sei es wichtig, beim Thema Klimawandel Maß und Mitte zu halten. „Es ist unsere Pflicht, unseren Wohlstand zu wahren und unsere Wirtschaft zu stärken. Nur dann haben wir auch die Möglichkeit, uns für Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu engagieren“, so Kohlmann.
In Bezug auf das Risiko des Fachkräftemangels mahnte der IHK-Präsident konsequentes Handeln an: „Die klugen Köpfe dürfen uns nicht ausgehen. Und das haben wir, als Unternehmen, die ausbilden, selbst zu beeinflussen.“ In diesem Zusammenhang lobte er die Aufwertung der Berufsabschlüsse in der dualen Ausbildung durch die Einführung der Bezeichnungen Bachelor und Master Professional.
Dem Einzelhandel sicherte er zu, dass die IHK ein starker Partner dabei sei, der Herausforderung Onlinehandel konstruktiv zu begegnen. Durch das Internet lasse sich die Freude an einem Einkaufsbummel in einer attraktiven Innenstadt nicht ersetzen. Hier müsse angesetzt werden: „Mit dem von der IHK schon lange geforderten und nun endlich beschlossenen BID-Gesetz gibt das Land dem Handel ein kraftvolles Instrument an die Hand, erfolgreich und innovativ arbeiten zu können.“
Für die beschriebenen Herausforderungen seien fitte Spieler nötig, die sich auf dem Feld der Veränderungen auskennen. „In diesem Jahr wählen wir eine neue Vollversammlung, die Stimme der Wirtschaft in unserer Region“, so Kohlmann, „wir brauchen Menschen wie Sie, die sich für ihre Region, ihren Wirtschaftsraum und die Gesellschaft engagieren“, betonte der IHK-Präsident, und appellierte an Unternehmer: „Kandidieren Sie und werden so aktiv ein Gestalter des Wandels.“


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