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Ulrich Evers

Global Player des 21. Jahrhunderts

Bremervörde. Wer wird in der Welt des 21. Jahrhunderts im großen globalen Spiel das Sagen haben? Darum ging es im jüngsten Vortrag, zu dem die Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) in Kooperation mit der VHS Zeven ins EWE-Kundencenter geladen hatte.
"Die Europäer spielen keine Rolle mehr mehr in der Welt." - So skizziert der österreichische Politikwissenschaftler Nikolaus Scholik die zukünftige Geopolitik.

"Die Europäer spielen keine Rolle mehr mehr in der Welt." - So skizziert der österreichische Politikwissenschaftler Nikolaus Scholik die zukünftige Geopolitik.

Als Referenten konnte GSP-Sektionsleiter Werner Hinrichs den österreichischen Politikwissenschaftler Dr. Nikolaus Scholik begrüßen. Er referierte zum Thema „Geopolitik 2020 - Die Schlüsselregion INDO-Pazifik und globale Dominanz im 21. Jahrhundert.“
 
Globale Machtpolitik
 
Dabei stellte Scholik gleich zu Beginn seines Vortrags klar, dass er hier nicht über „Fridays for future“ sprechen würde, sondern über „Realpolitik“. In einfachen Zahlen stellte er die Rahmenbedingungen für die Dominanzbestrebungen der derzeitigen Großmächte dar: „70 Prozent des Planeten sind von Wasser bedeckt. 80 Prozent aller Menschen leben in Küstenregionen und 90 Prozent des Welthandels werden über die See abgewickelt.“ Die See, so Nikolaus Scholik weiter, spiele in der globalen Machtpolitik die entscheidende Rolle.
Und wie auch immer man es sehen wolle: Letztendlich gehe es den Global Playern immer nur darum, staatliche Machtinteressen zu wahren oder auszubauen. „Die internationale Machtpolitik ist kein Wunschkonzert. Im Ringen um die globale Dominanz geht es nur darum, wer die Regeln aufstellt, nach der es in der Welt läuft. Das war schon immer so.“
 
Europa wird bedeutungslos
 
Europa stellte er dabei ein Armutszeugnis aus, denn unser Kontinent wird in diesem Spiel bis zum Ende des Jahrhunderts zur Bedeutungslosigkeit verkommen. „Die EU hat keine Konzepte, keine Mittel und keine Aktionsbereitschaft“, konstatierte Scholik unumwunden. „Ich bin glühender Europäer. Es schmerzt mich, mit anzusehen, wie Europa untergeht.“
 
USA und China als Global Player
 
Die größten Global Player sind indes nach wie vor die Vereinigten Staaten und die Volksrepublik China, gefolgt von Russland. „Die USA sind absolut entschlossen, ihre Führungsrolle beizubehalten. Nur aus nationalem Interesse“, so Scholik. Und in den nächsten zehn Jahren sieht er auch kein Land, das den USA diese Rolle ernsthaft streitig machen könnte.
Da der Löwenanteil des internationalen Wirtschaftsverkehrs über See abgewickelt wird, wird sich der indopazifische Raum, also der indische und der pazifische Ozean, in Zukunft weiter zum Brennpunkt politischer Großmachtinteressen entwickeln. Allein aus diesem Grund sei „China gezwungen, eine Seemacht aufzubauen“, während die USA längst an den neuralgischen Punkten der Welt, wie im ostasiatischen, im arabischen und im Mittelmeerraum dauerhaft Flotteneinheiten vorhalte.
Gegenüber China und Russland haben die USA vor allem den geostrategischen Vorteil, nur zwei Nachbarstaaten ohne nennenswertes militärisches Potenzial zu besitzen. China und Russland hingegen haben immer wieder mit moslemischer Einflussnahme und anderen Problemen in ihren Grenzregionen zu tun.
 
Nationale Interessen
 
Um seine nationalen Interessen weltweit untermauern zu können, haben die USA mit über 700 Milliarden Euro das weltweit größte Militärbudget. Der Unterhalt von Überseebasen und modernem Militär ist eine kostspielige Sache. Auch China modernisiert seine Streitkräfte mit enormen Mitteln. „Wenn ich in der Champions League spielen will, kann ich nicht mit einer Amateurmannschaft auflaufen“, stellte Nikolaus Scholik mit einem Seitenhieb auf das uneinige Europa klar: „Europa spielt keine Rolle, weil Europa keine politische Einheit ist. Europa hat sein Militär zur Bedeutungslosigkeit heruntergewirtschaftet.“
China, so Scholik weiter, sei ein sehr ernsthafter Herausforderer, wenn es um die globale Vorherrschaft gehe, doch noch spreche die militärische Macht ganz für die USA. Als weiteren potenziellen Spieler im Politschach des 21. Jahrhunderts sieht er Indien.
Für Europa prognostizierte der Politikwissenschaftler allein schon aufgrund der demografischen Weltentwicklung die völlige Bedeutungslosigkeit in der Welt. Bis zum Jahr 2100 werden die Europäer nur noch vier Prozent der Weltbevölkerung ausmachen. „Wir müssen uns verabschieden von der Hoffnung, wir könnten den anderen sagen, wie es funktioniert in der Welt.“
 
Probleme durch Wachstum in Afrika
 
Riesige Probleme werde Europa vor allem durch das enorme Bevölkerungswachstum in Afrika und damit verbundene Migrationsströme bekommen. Zwar pumpe Europa seit Jahrzehnten riesige Geldsummen in den afrikanischen Kontinenten, doch versickere das sinnlos im Sumpf aus Korruption und Fehlplanung, ohne die gesellschaftliche Entwicklung und Lebensqualität in Afrika spürbar voranzubringen.
Eines dürfte der Vortrag von Dr. Nikolaus Scholik dem anwesenden Publikum klar gemacht haben. Im Machtpoker um die globale Vorherrschaft werden wir weitere Rüstungsspiralen und atomare Drohgebärden erleben, ohne dass Europa dabei noch irgendeine Rolle spielen wird.


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