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Wolfsberater tritt zurück „Mir geht die Überzeugung verloren“

Landkreis Cuxhaven (eb). Hermann Kück zieht Konsequenzen aus der Zunahme der Wolfspopulation und dem Umgang damit durch die Politik. Zudem nehme die Aggression in der Argumentation Andersdenkender zu.

Seit 2012 engagierte sich Hermann Kück im Landkreis Cuxhaven als ehrenamtlicher Wolfsberater. Wir drucken seine Stellungnahme zu seinem Rücktritt in Auszügen ab:
„War es anfänglich noch eine Sensation, ein erstes Wolfsrudel im Cuxland zu dokumentieren, und vor allem die Ängste der Bevölkerung zu analysieren und mit intensiver Aufklärung in Schulen und Kindergärten das Thema Wolf zu versachlichen, veränderte es sich schneller als erwartet.
 
Mit der illegalen Tötung lief es aus dem Ruder
 
Mit der illegalen Tötung der Wolfsfähe lief die Entwicklung aus dem Ruder, der Rüde mit sieben hungrigen Welpen wurde zum aggressiven Nutztierreißer mit zum Teil dramatischen Bildern und wir Wolfsberater hatten einen Fulltime-Job bei Rissaufnahmen, Presseerklärungen und bei der Öffentlichkeitsarbeit.
Ich habe vielen Kindern und Eltern die Ängste vorm Wolf genommen, aber meine Ängste nehmen zu. Aus der Erfahrung der ersten Jahre als Wolfsberater, der gute Nerven braucht, ruhiger Zuhörer sein sollte und fachkompetenter Jäger und Naturschützer in Personalunion sein muss und sich den zunehmenden Aufgaben gestellt hat, wächst auch mit der Zunahme der Wölfe im Cuxland, belegt durch Sichtungen, Bildern, Wildtierrissen und Nutztierübergriffen die Sorge, dass sich die Eskalation des 1. Cuxlandrudels wiederholen könnte.
Der ungewöhnliche Zulauf von Wölfen ins Cuxland hat sicher auch mit den enormen Schalenwildbeständen bei Damwild, Reh und Sauen zu tuen, zeigt aber auch die Anpassungsfähigkeit der Wölfe in unserer dicht besiedelten Kulturlandschaft.
Die Nahbegegnungen mit Wölfen nehmen zu, auch die Übergriffe in Dorfnähe, zwei Pony-Übergriffe mit dramatischen Bildern haben meine Gelassenheit beeinflusst, und auch die Bereitschaft, Kindern die Verharmlosung der Wölfe als pädagogisch sinnvoll zu erklären, wie ich es all die Jahre mit Überzeugung getan habe.
 
Telefon stand nicht mehr still
 
Ich nehme verstärkt die Sorgen der Bürger wahr, die viele Fragen haben. Mein Telefon steht kaum still, nicht alle kann ich mehr mit Überzeugung beraten.
Schafhalter, denen ich nach Verlusten zu wolfsabweisenden Zäunen verholfen habe, haben jetzt Strom führende Zäune, vom NLWKN gefördert, und trotzdem werden sie überwunden, auch am neuen Schutzzaun am Deich der Weser.
Bei den Jägern, deren Wildbestände schmelzen - aktuell ca ein Dutzend Wölfe auf der revierübergreifenden Drückjagd um den Bülter See am 20.11.2021 - im Treiben. Und dazu noch die Trägheit der Bürokratie, auch im NLWKN.
 
Es braucht Antworten aus der Politik
 
Mir gehen die Argumente und die Überzeugung verloren, das Thema Wolf braucht neue Antworten aus der Politik, aus dem Jagdrecht und realitätsnahe Analysen und Umsetzungen, statt Besänftigungen und Statistiken.
Und zwar mit konkreten Zahlen und konkreten Lösungen im Dialog mit Nutztierhaltern, Jägern und praxisorientierten Naturschützern und ohne die Landschaft komplett zu verdrahten, und den Lebensraum für andere heimische Arten zu verlieren.
Da ich befürchte, dass auch das wieder ausgesessen wird, ist es Zeit, mich den schöneren Dingen im Herbst meiner Tage weiter verstärkt zuzuwenden. Zum Beispiel meinen Enkelkindern, meiner Fischotterforschung, der Arbeit mit Kindern in der Schulwald AG, und meiner praktischen Naturschutzprojekte mit Freunden, im Forum Natur Lunekring, dem ich seit 45 Jahren vorstehe.
Es waren spannende Jahre, aber die Aggressionen in der Argumentation Andersdenkender nimmt zu. Zeit, um Abschied zu nehmen als Wolfsberater im Cuxland. Ich danke allen meinen Unterstützern.“


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